Ein Hauch von Neue Mitte in Neu-Ulm
Freie Wähler und Grüne wollen an Adventssamstagen eine „Shared Space“-Zone nach Ulmer Vorbild einrichten
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NEU-ULM - Wie kann die Neu-Ulmer Innenstadt belebt und gleichzeitig Einzelhändlern und Gastronomen geholfen werden? Die FWG-Fraktion und mehrere Grünen-Stadträte haben einen Vorschlag, den sie in einem Antrag an Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) formuliert haben. Das Stichwort lautet „Shared Space“, auf Deutsch etwa „Geteilter (Straßen-)Raum“.
Die Verwaltung möge prüfen, ob an den Adventssamstagen in der Augsburger Straße von der Kreuzung Maximilianstraße bis zur Herdbrücke und der Ludwigsstraße eine „Shared-Space“-Zone eingerichtet werden kann, beantragen die FWGFraktion sowie die Grünen-Stadträte Ernst Burmann, Ludwig Ott, Gabriele Salzmann und Walter Zerb.
In diesem Jahr seien die Menschen durch die Corona-Pandemie einer veränderten Lebenssituation unterworfen, schreiben die Stadträte. Die Industrie, das Handwerk, der Einzelhandel und die Gastronomie seien durch die Lockdowns zum Teil wirtschaftlich stark beeinträchtigt. „Da die Corona-Pandemie über die Wintermonate weiter das öffentliche Leben aller Voraussicht nach einschränken wird, halten wir eine Shared Space-Zone im Bereich der Ludwigstraße und Augsburger Straße für sehr gut, damit sich Menschen an den Adventssamstagen in diesem Bereich entspannt bewegen können“, erläutern die Antragsteller. Der Einzelhandel und die Gastronomie könnten dort an Verkaufsständen den Menschen Coffee to Go oder Eat to Go anbieten, also Getränke und Speisen zum Mitnehmen. So könne den Bürgern im Dezember ein „neues Innenstadtgefühl“vermittelt werden, bei dem alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt seien.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) nennt „Shared Space“eine „Planungsphilosophie, mit der sich vielfältige Nutzungsansprüche an den Straßenraum besser vereinen lassen“. Die Idee wurde in den Niederlanden entwickelt und zielt auf eine Verkehrsberuhigung durch eine geänderte Verkehrsraumgestaltung ab. Dabei sollen alle Verkehrsteilnehmer,
ob Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger, gleichberechtigt sein. Auch in etlichen deutschen Städten gab und gibt es Versuche mit „Shared Space“oder „Begegnungszonen“, etwa in Berlin, Stuttgart, Duisburg und Frankfurt.
In Ulm wurde seit dem Umbau der Neuen Straße zur Neuen Mitte der Bereich zwischen Hans-und-Sophie-Scholl-Platz und Rathaus immer wieder mal als „Shared Space“bezeichnet.
Das ist allerdings eine inoffizielle Bezeichnung, die weder in der Straßenverkehrsordnung vorkommt noch durch Schilder ausgewiesen wird. Allerdings gilt dort Tempo 20 und das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, da an der Stelle auf eine Ampel verzichtet wurde. Nach Auskunft der Stadtverwaltung funktioniert das Miteinander der Verkehrsteilnehmer reibungslos. Einen echten „Shared Space“oder eine Gemeinschaftsstraße gebe es in der Münsterstadt allerdings nicht. Allenfalls einen „Shared Space light“, etwa in der Herrenkellergasse.
„Es funktioniert super und belebt sofort das Innenstadtleben“, sagte der Neu-Ulmer FWG-Fraktionsvorsitzende Roland Prießnitz über das Konzept des gemeinschaftlich genutzten Straßenraums. Einen ähnlichen Effekt erhofft er sich nun auch in der Großen Kreisstadt. „Wir wollen einen Impuls setzen, damit wir in Neu-Ulm wieder Leben reinkriegen. Und dann muss man mal sehen, wie das angenommen wird.“Die Reaktionen aus dem Einzelhandel auf den Vorschlag seien bislang sehr positiv. Natürlich müssten Autofahrer an den Adventssamstagen dann langsamer fahren. Prießnitz könnte sich vorstellen, die Geschwindigkeit ab dem Augsburger-Tor-Platz auf 20 Stundenkilometer zu verringern.
Insgesamt soll die Begegnungszone nach dem Willen der Stadträte möglichst ohne großen Aufwand provisorisch eingerichtet werden. Die Reaktionen der Bürger auf den Testlauf könnten ihrer Ansicht nach in das Konzept für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (Isek) Neu-Ulm 2030 einfließen und für die Planung der Innenstadt verwendet werden.