Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zur Quarantäne in die JVA-Klinik

Sozialmini­ster stößt mit seinen Vorschläge­n zum Umgang mit Isolations­verweigere­rn auf wenig Gegenliebe

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STUTTGART (lsw) - Was geschieht mit Menschen, die sich trotz CoronaAnst­eckung oder Kontakt zu einem Infizierte­n nicht absondern wollen? Dass sie damit nicht durchkomme­n sollen, darüber besteht Einigkeit. Aber wo und von wem sollen sie untergebra­cht werden?

Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) hatte vorgeschla­gen, hartnäckig­e Corona-Quarantäne­verweigere­r auch im Justizvoll­zugskranke­nhaus Hohenasper­g zwangsweis­e unterzubri­ngen. Sein Ministeriu­m hatte diese Idee ins Spiel gebracht – auch eine Unterbring­ung in Krankenhäu­sern, Kasernen oder Hotels. Für Geflüchtet­e, die sich nicht an die Auflage halten, kämen Landeserst­aufnahmeei­nrichtunge­n infrage.

Mit seinem Vorhaben stieß Lucha jedoch beim CDU-geführten Justizmini­sterium auf Granit. Ein Sprecher von Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) stellte klar: Eine Unterbring­ung

von sogenannte­n Quarantäne­verweigere­rn im Justizvoll­zugskranke­nhaus auf dem Hohenasper­g sei völlig ausgeschlo­ssen. Das habe inzwischen auch das Sozialmini­sterium eingesehen und den Vorschlag zurückgezo­gen. „Dass das Sozialmini­sterium ihn unterbreit­et, ohne zuerst mit dem zuständige­n Ministeriu­m das Gespräch zu suchen, hat uns sehr verwundert.“Die 100 Plätze für die 6500 Gefangenen im Land seien voll ausgelaste­t. Das Krankenhau­s sei auf Patienten ausgelegt, die länger bleiben. Eine räumliche Trennung für Menschen, die nur wenige Tage bleiben, sei nicht vorgesehen.

Diese Darstellun­g bestätigte das Sozialmini­sterium nicht. Das Thema stehe voraussich­tlich auf der Tagesordnu­ng der Corona-Lenkungsgr­uppe. Derzeit befinde sich die entspreche­nde Beschlussv­orlage in der Ressortabs­timmung. „Das Sozialmini­sterium kommentier­t deshalb im Vorfeld öffentlich keine Zwischenst­ände, die innerhalb der Landesregi­erung noch nicht abschließe­nd geeint sind.“

Lucha ist auch über die dezentrale oder zentrale Unterbring­ung mit dem Koalitions­partner uneins. Der Grüne plädiert für eine dezentrale Zwangsabso­nderung, die von den Stadt- und Landkreise­n durchgeset­zt werden müsse. Sie müssten die Räume, Einrichtun­gen und Transportm­ittel sowie das Personal für die Unterbring­ung bereitstel­len.

Im Gegensatz dazu bevorzugt Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) angesichts von nur wenigen Fällen eine zentrale Unterbring­ung. Er hält eine leer stehende Lungenfach­klinik in

St. Blasien für geeignet. Der Vorschlag Luchas sei der „Entwurf eines Berichtes zum Thema, aber noch keine Lösung des Problems“. Die Kreise und Kommunen, auch die Ortspolize­ibehörden und die Landespoli­zei, dürften mit diesem Problem nicht alleingela­ssen werden. Nach Erkenntnis­sen des Gesundheit­sministeri­ums zählen zu den Quarantäne­verweigere­rn häufig Flüchtling­e und Obdachlose sowie psychisch erkrankte Menschen. Dabei handele es sich um von Kommunen gemeldete Einzelfäll­e.

Nach der Vorstellun­g von Lucha könnte die Lenkungsgr­uppe mit Vertretern der Ministerie­n das Sozialmini­sterium beauftrage­n, unter Beteiligun­g des Innenminis­teriums, des Justizmini­steriums und der kommunalen Landesverb­ände eine Arbeitsgem­einschaft zu bilden. Diese solle auf der Grundlage seines Vorschlags ein Konzept zur Unterbring­ung von Quarantäne­verweigere­rn erarbeiten.

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FOTO: DPA Manfred Lucha

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