Debatte um Unterstützung der „Seebrücke“
Gemeinderat Erbach lehnt Antrag der Grünen auf offizielle Unterstützung der Organisation ab
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ERBACH - Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hat an den Erbacher Gemeinderat den Antrag gestellt, die Initiative „Seebrücke – schafft sichere Häfen“zu unterstützen, zudem Menschen aus Flüchtlingslagern an den EU-Außengrenzen aufzunehmen und an die Bundesregierung zu appellieren, Fluchtursachen stärker zu bekämpfen. Dies löste eine Debatte über die Zuständigkeit des Gemeinderates aus. Der Grünen-Antrag wurde mit 20:4 Stimmen abgelehnt und damit ausdrücklich das bisherige Aufnahmeverfahren für geflüchtete Menschen in der Stadt Erbach nach dem geltenden Flüchtlingsaufnahmegesetz und dem Verteilungsschlüssel des Landratsamtes bestätigt.
In der Beschlussvorlage heißt es, dass die Stadt Erbach in den vergangenen Jahren bereits 285 geflüchteten Menschen Schutz und eine neue Heimat gegeben hat. Derzeit sind 26 Flüchtlinge in einer Anschlussunterbringung in städtischen Unterkünften untergebracht, 180 Personen haben privaten Wohnraum gefunden. Die Stadt Erbach habe sogar 22 geflüchtete Menschen zusätzlich zur bestehenden Quote aufgenommen. Die Verwaltung verweist auf die Integrationsleistung, den hohen finanziellen Aufwand und auch auf das soziale Engagement vieler ehrenamtlicher Helfer. In Zukunft sei mit weiteren Flüchtlingen zu rechnen, die aufgrund des Verteilungsschlüssels aufgenommen werden müssen.
„Die Stadt wird dieser gesetzlichen und humanitären Verpflichtung selbstverständlich nachkommen. Eine Aufnahme von Flüchtlingen über das bisherige Maß ist kaum leistbar“, heißt es in der Begründung mit dem Hinweis, dass die Stadt bereits jetzt an ihre Grenzen stoße, allen Flüchtlingen Wohnraum bieten zu können. „Auch eine nur symbolisch gemeinte Solidaritätserklärung würde die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Kommune in der Praxis überschreiten und letztlich die Glaubwürdigkeit kommunalen Handelns in Frage stellen.“
Erinnert wird in der Beschlussvorlage an die bisher über alle Parteigrenzen hinweg gezeigte vorbildliche Kultur des Willkommens, die gemeinsam mit ehrenamtlichen Initiativen gelungen sei, zum Beispiel dem Helferkreis, den Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und städtischen Vereinen, um den Geflüchteten eine friedliche und menschenwürdige Bleibe zu bieten und die Integration zu begleiten. Durch diesen Willkommenskonsens, heißt es weiter, müssten auch künftige Herausforderungen
bei der Integration in den Ausbildungs-, Wohnungs- und Arbeitsmarkt und bei weiteren Zuweisungen durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises geleistet werden. Die Verwaltung schlug vor, eine Erklärung im Rahmen des Wirkungskreises der Stadt und der Zuständigkeit des Gemeinderates abzugeben. Dies lehnte die Grünen-Fraktion ab.
Es entstand eine Debatte über den Grünen-Antrag. Bürgermeister Achim Gaus erklärte, „wir können keine Beschlüsse gegen bestehende Gesetze fassen“. Es stehe den Grünen frei, die zuständigen Stellen anzusprechen. „Wenn jemand etwas von Land und Bund will, dann muss er sich an Land und Bund wenden“, so Gaus.
Susanne Wucher (Grüne) sprach von einem Zeichen, das sie setzen wollen, und dass mehr Menschen im Asylbewerberheim untergebracht werden sollen.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, August Weber, äußerte sich deutlich: Das Anliegen der Grünen sei moralisch und menschlich nachvollziehbar, jedoch solle im Gemeinderat über Anliegen der Erbacher nachgedacht und nicht über den Mittelmeerraum verhandelt werden. Weber erinnerte, dass in Erbach eine starke Willkommenskultur gezeigt und ein Asylbewerberheim gebaut wurde. Er kritisierte, dass es den Grünen um Symbolpolitik, Instrumentalisierung und eine Moraldebatte gehe. Weber beklagte, dass jeder, der den Grünen-Antrag ablehne, sich als moralisch abgewertet vorkommen könnte. Er wurde deutlicher: „Ich verbringe nicht hier meine Freizeit als Ratsmitglied für Erbacher Angelegenheiten, um mir so etwas gefallen zu lassen.“Seit 30 Jahren vertritt August Weber die Erbacher Bürger im Gemeinderat.
Thomas Hartmann (CDU) sagte, dass es Unterstützer der „Seebrücke“gibt, die im Verfassungsschutzbericht auftauchen und Bündnis 90/Die Grünen sich von diesen Extremisten distanzieren müsse. Stefan Schneider (CDU) mahnte, es müsse verhindert werden, dass „bezahlbarer Wohnraum fehlt und die Wähler das durch einen Rechtsruck vergelten“.
Reinhard Härle (FWV) erinnerte, dass die Stadt Erbach die Quote erfüllt, gar übererfüllte, „das hat extrem viel Geld gekostet, das muss man auch mal sagen“. Das Asylbewerberheim stehe derzeit leer, beklagte August Weber. Das störe ihn. „Wir bezahlen zwei Drittel.“Es werde aber nach dem Jahreswechsel, kündigte Bürgermeister Gaus an, mit einer Neubelegung des Hauses gerechnet.