„Von gleich zwei Schutzengeln umgeben“
Verunglückter Traktorfahrer Hans-Günther Mohn ist wieder zuhause – Den Fuß nicht mehr zum Bremspedal gebracht – Enkel wohlauf
● HEROLDSTATT - „Ich hatte mindestens zwei Schutzengel. Einen für mich und einen für meinen Enkel Nils.“Das unterstreicht Hans-Günther Mohn aus Heroldstatt, der am späteren Samstagnachmittag auf der Heimfahrt mit seinem Traktor einen schlimmen Unfall erlitt. Im Gewann Meisenloh im Norden Ennabeurens war Mohn mit seinem Schlepper ins Rutschen geraten, der dann eine Böschung am Wegesrand hinabstürzte, sich überschlug und den 80-jährigen Fahrer einklemmte. Sein Enkelkind konnte sich durch einen beherzten Sprung vom Traktor retten. „Sonst wäre wahrscheinlich Schlimmes passiert. Das will ich mir gar nicht ausmalen und mir vorstellen. Wir hatten Riesenglück im Unglück“, erklärt Hans-Günther Mohn.
Seinem Enkel Nils sei so gut wie nichts passiert, er selbst leide an Prellungen vor allem im Rückenbereich sowie an Schnittverletzungen und Abschürfungen an den Händen und Füßen, berichtet der Heroldstatter, der bereits am Sonntagnachmittag wieder das Bundeswehrkrankenhaus in Ulm verlassen durfte. Dort sei er intensiv untersucht worden, auch was die inneren Organe angeht.
Er sei immer bei Bewusstsein gewesen und habe das Unglück vom Samstag einigermaßen gut überstanden und verdaut. „Das Wichtigste und Erfreulichste für mich war, dass meinem Enkel nichts geschehen ist, dass er den Unfall gut überstand und schon wieder fröhlich und munter ist“, betont Hans-Günther Mohn. Das Enkelkind wolle am liebsten schon wieder in den Wald, um Holz zu machen oder zu holen, lässt er augenzwinkernd wissen. Ganz wichtig habe er es mit dem „Schaffen“, das tue Nils meist lieber als spielen.
„Hätten wir nur einen anderen Weg genommen“, meint Hans-Günther Mohn im Nachhinein und macht sich sogar Vorwürfe. Man könne hinterher immer nachgrübeln und von „wäre und hätte“sprechen, sagt seine Frau Ute Mohn, die überglücklich ist, dass ihr Mann wieder einigermaßen gesund zu Hause auf dem Sofa sitzen kann und Enkel Nils schon wieder gut gelaunt zur Heroldstatter Grundschule gehen kann, wo er die erste Klasse besucht. An den Unfallhergang erinnert sich der 80-Jährige sehr gut und weiß, dass er angesichts der Umstände geistesgegenwärtig und richtig reagiert habe.
Hans-Günther Mohn war am Samstagnachmittag mit seinem sechsjährigen Enkel im Wald im „Seißer Lehr“, um von dort Holz aus einem Reisschlag zu holen. Ursprünglich wollte auch der vierjährige Enkelsohn Finn mit, doch der musste bei der Oma zuhause in der Ulmer Straße bleiben. Auf der Rückfahrt mit dem mit Holz beladenen Anhänger kam den beiden Männern die Idee, doch mal einen anderen Weg zurück nach Ennabeuren zu nehmen und sie entschieden sich für den asphaltierten Weg vom Batzental hoch zum Gewann Meisenloh, vorbei an einem schattigen Waldstück.
Und da bekam der aus dem Jahr 1960 stammende Deutz-Traktor mit seinen 28 PS so seine Probleme, auch aufgrund des schmutzigen, schmierigen und nassen Weges, wie Mohn darlegt: „Es wären gerade noch fünf Meter gewesen, und ich wäre die etwa 18-prozentige Steigung oben gewesen. Fast hätten wir es geschafft.“
„Die Räder drehten wie auf Glatteis durch, sie verloren Halt“, erzählt der Heroldstatter und ahnte schon Schlimmes und ein Abgleiten zur Seite. Das Gespann rollte daraufhin rückwärts. Da habe er sofort seinem Enkel befohlen, schnell auf die andere Seite des Traktors zu steigen, weg von der Böschung. „Mir ahnte schon ein rückwärtiges Abgleiten, was dann der Fall war“, so Mohn. Doch nun kam zum sich anbahnenden Unglück ein weiteres hinzu, denn der Gang sprang raus, das Differenzialgetriebe setzte aus. Er versuchte, auf die Fußbremse zu treten, um den rückwärts gleitenden Schlepper zu stoppen, und da verfing sich seine Hose in dem U-förmigen Griff für das Mähwerk, aus dem er die Hose nicht mehr herausbrachte. „Da schrie ich ganz laut und fast schon flehend meinem Enkel zu, vom Traktor zu springen“, beschreibt Mohn den entscheidenden Moment. Er sollte weit weg vom Schlepper springen, so die Aufforderung. Mutig sei der Bub dann runter gesprungen, ein weiter Sprung, der ihn wahrscheinlich vor schwerwiegenden Verletzungen bewahrt hat.
In der Folge versuchte der 80-Jährige die Handbremse zu ziehen, an der er sich auch festhielt, als der Traktor samt Anhänger die Böschung seitlich nach hinten kippte. „Hätte ich mich an der Handbremse und an einer Halterung nicht festgehalten, so wäre ich unter den Schlepper geraten“, ist sich Mohn sicher. Dieser Umstand habe ihn wohl vor schwereren Verletzungen
bewahrt. Gut sei gewesen, dass sich der Messerbalken fest in die Wiese gerammt habe und so der Traktor sich kein weiteres Mal überschlagen konnte. Vom Anhänger sei die Deichsel weggebrochen, der ebenfalls umkippte.
Enkel Nils sei dann sofort zum Traktor gekommen, um nach dem ansprechbaren Opa zu schauen. Nils rannte dann so schnell er konnte zu einem nahe gelegenen Acker, wo ein Landwirt aus Sontheim mit seiner Mutter beim Steinelesen war. Sie alarmierten Polizei, Feuerwehr und Notarzt und leisteten sofort Hilfe. Der Landwirt tauschte sich mit dem eingeklemmten Hans-Günther Mohn aus und befreite ihn behutsam, nachdem der Verunglückte ihm wissen ließ, dass seine Wirbelsäule soweit in Ordnung sein dürfte. Um ihn retten zu können, musste der Landwirt zunächst ein Hosenbein des Verunglückten zerreißen, das immer noch fest im
Griff für das Mähwerk steckte.
Dann trafen Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte mit dem Notarzt am Unglücksort ein. Sanitäter und Notarzt wie auch einige Feuerwehrmänner kümmerten sich sofort um den verletzten und am Böschungsrand sitzenden Hans-Günther Mohn, der voll ansprechbar war. Neben der Feuerwehr war ebenfalls ein Rettungshubschrauber herbei gerufen worden, den man zum Glück nicht mehr brauchte.
Die Wehrleute hatten noch eine andere Aufgabe: Sie suchten den kleinen Nils, der verschwunden war. Sie fuhren die Feldwege auf und ab und erfuhren später, dass sich der Junge auf den fast drei Kilometer langen Weg über die Steinstetter Straße zur Ulmer Straße gemacht hat, um Mutter und Oma zu benachrichtigen.
Ehefrau Ute Mohn hatte die Einsatzkräfte gehört und sich große Sorgen gemacht, auch schon zuvor: „Ich habe mich schon gefragt, wo die Zwei bleiben. Ich war sehr beunruhigt.“Erleichtert sei die dann gewesen, als der kleine Nils wohl erhalten ankam und berichten konnte, dass dem Opa wohl nichts Schlimmeres passiert sei und er gerettet und ansprechbar sei. Dies meldeten dann auch die Wehrmänner André Holzke und Matthias Widmann, sehr zur Erleichterung der Oma, Mutter und des Bruders Finn. „Wir lagen uns in den Armen und weinten vor Freude“, so Ute Mohn.
Ob der 60 Jahre alte Deutz-Traktor repariert werden kann oder verschrottet werden muss, das sei noch offen. Jetzt gelte es, erst einmal durchzuschnaufen, sich von den Blessuren zu erholen und abzuwarten, meinen Ute und Hans-Günther Mohn. Der Enkel indes dränge auf eine schnelle Reparatur, gelte es doch weiteres Holz aus dem Reisschlag zu holen. Arzttermine zu Nachuntersuchungen stehen in den nächsten Tagen an, sagt der 80-Jährige, der in den vergangenen Tagen bereits viele Genesungswünsche von Verwandten, Nachbarn, Freunden und Vereinskameraden erhielt. Und auch schon ein ARD-Fernsehteam war in Heroldstatt, um einen Beitrag für die Sendung Brisant zu drehen.
„Ich ließ ein Stoß- und Dankgebet los und bin so dankbar, dass alles gut ausging“, sagt der Verunglückte zurückblickend und erzählt, dass er schon mehrmals Schutzengel in seinem Leben hatte. Er erinnert sich auch daran, dass sein erster Traktor, ein Fahr-Schlepper mit zwölf PS, einen Unfall erlitt, kurz nachdem er ihn vor rund 60 Jahren an einen Landwirt aus Heroldstatt verkauft hatte. Damals seien auch Schutzengel da gewesen, als der Landwirt mit Kindern an Bord eine Straße überqueren wollte und von einem Lastwagen voll erfasst wurde. Wie durch ein Wunder sei damals die Familie unversehrt geblieben, der Schlepper aber in fünf oder sechs Teile zerlegt worden.
„Wir hatten Riesenglück im Unglück.“Hans-Günther Mohn aus Heroldstatt zu seinem Unfall mit dem Traktor