Schlachthof befürwortet eigene Kameras
Termin für Wiedereröffnung unklar – RP: Kein Zusammenhang von Kontrolle und TV-Beitrag
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BIBERACH - Nach den Vorwürfen wegen Verstößen gegen den Tierschutz ist der Schlachthof Biberach seit Mittwoch vorläufig geschlossen (SZ berichtete). Wann mit einer Wiedereröffnung zu rechnen ist, konnte der Betreiber auf SZ-Anfrage am Freitag nicht sagen. Offen zeigt sich der Schlachthof hingegen für einen Vorschlag den Agrarminister Peter Hauk (CDU) am Donnerstag ins Spiel gebracht hatte.
Schlachthofbetreiber sollen künftig die Möglichkeit haben, in ihren Betrieben freiwillig Videokameras zu installieren und die Aufnahmen den Behörden zur Verfügung zu stellen, sagte Hauk. Das neue Konzept des Biberacher Schlachthofs sehe eine Kamerainstallation zur Überwachung der relevanten und sensiblen Arbeitsbereiche vor, sagte ein Sprecher des Betriebs auf Anfrage der SZ am Freitag.
„Wir auditieren den gesamten Betrieb gerade auf Abläufe, Organisation und technische Ausstattung hin. Mögliche Veränderungen werden so schnell wie möglich umgesetzt“, teilte der Schlachthof schriftlich mit. Zudem spiele eine wichtige Rolle, welche Mitarbeiter welche Aufgaben haben, und wie sie diese erfüllten. „Dort, wo es hier zu Veränderungen kommen muss, werden wir sie vornehmen. Wir haben aber auch eine Fürsorgepflicht für alle Mitarbeiter, die wir wahrnehmen“, so der Sprecher. Man arbeite intensiv an möglichen Lösungen, einen Zeitpunkt für eine Wiedereröffnung konnte er nicht nennen.
„Bevor ich in dieser Woche die Bilder aus Biberach gesehen habe, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Menschen so mit Tieren umgehen“, so Minister Hauk am Donnerstag. Auch viele Leser auf schwäbische.de und in den sozialen Netzwerken sind entsetzt, wie es zu den mutmaßlichen Verstößen gegen den Tierschutz kommen konnte, die die Videoaufnahmen des Vereins „Soko Tierschutz“belegen sollen.
Dabei wird immer wieder auch die Frage gestellt, ob und warum das keinem Vertreter des Veterinäramts aufgefallen ist, die an den Schlachttagen im Schlachthof zugegen sein müssen. Neben der Schlachttier- und der Fleischuntersuchung haben diese nämlich auch darauf zu achten, dass der Tierschutz eingehalten wird. Geregelt ist dies in der EU-Verordnung 2017/625. Die Landesbeauftragte für Tierschutz BW im Ministerium für Ländlichen Raum, Dr. Julia Stubenbord, hat dies in einer Stellungnahme zu den „Aufgaben des amtlichen Tierarztes im Tierschutz auf dem
Schlachthof“am 29. Juni 2020 verdeutlicht: „Während der Schlachttierund Fleischuntersuchung ist auf Tierschutzmängel zu achten, etwa bezüglich Sauberkeit der Tiere, Hinweise auf tierschutzrelevante Haltung im Herkunftsbetrieb, Mängel beim Transport, korrekter Sitz der Elektroden bei Elektrobetäubung anhand der Strommarken am Schlachtkörper, Position des Bolzen-Einschusslochs, Beschaffenheit des Einschussloches am enthäuteten Schädel.“
Einen Fragenkatalog, inwieweit Veterinäramtspersonal an den Schlachttagen wie vorgeschrieben anwesend war und Misstände festgestellt und dokumentiert hat, den die SZ am Donnerstag an das Landratsamt Biberach geschickt hat, wurde wie folgt beantwortet: „Wir haben eine lückenlose Aufklärung angekündigt. Die dazu notwendigen Schritte haben wir eingeleitet; insbesondere haben wir auch Strafanzeige gestellt. Die Ermittlungen dauern an. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden wir sie bekannt geben.“
Auch vom Regierungspräsidium (RP) Tübingen, das die Fachaufsicht für das Biberacher Veterinäramt inne hat, gab in diesem Punkt am Donnerstag keine konkrete Auskunft. Nur soviel: Der Schlachthof sei durch das Veterinäramt wiederholt kontrolliert worden. Festgestellte Mängel seien vom Veterinäramt Biberach dem Betreiber kommuniziert worden. Dem Regierungspräsidium Tübingen sei die Beseitigung bzw. Bewertung mitgeteilt worden.
Sowohl RP als auch Landratsamt dementieren Vermutungen, dass die Kontrolle des Schlachthofs, die beide Behörden gemeinsam am Montag vornahmen, im Zusammenhang mit den am Dienstag im Fernsehen veröffentlichten Videoaufnahmen aus dem Schlachthof Biberach stand. „Die Kontrolle fand unangekündigt beim Schlachthof Biberach statt“, teilt eine Sprecherin des RP auf Anfrage mit. „Weder dem Veterinäramt noch dem Regierungspräsidium Tübingen war vorher bekannt, dass es Videomaterial aus dem Schlachthof gibt.“Zum Ende der Kontrolle habe der Geschäftsführer des Schlachthofs verlauten lassen, dass es wohl Videomaterial gebe, da er am Freitag von einem Journalisten kontaktiert worden sei.
Und aus dem Biberacher Landratsamt heißt es dazu: „Uns ist das Videomaterial in Teilen erst seit vergangenen Dienstagspätnachmittag bekannt. Die Kontrolle am Montag und die dann aufgetauchten Bilder am Dienstagspätnachmittag haben dazu geführt, dass wir unmittelbar am Mittwoch in Abstimmung mit dem Ministerium die vorläufige Schließung ausgesprochen haben.“