Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wie Integratio­n in der Pandemie gelingt

Diese Angebote gibt es aktuell für Migranten in Ehingen – Sprache ist wichtig

- Von Simon Müller

EHINGEN - Sich in eine Gemeinscha­ft zu integriere­n, ohne persönlich­e, soziale Kontakte zu knüpfen, klingt schwierig. Unter den aktuellen Umständen und den zur Eindämmung der Pandemie geltenden Regeln ist das für Geflüchtet­e, die mittlerwei­le hier in der Region leben, aber Realität. Der Alb-Donau-Kreis, die Stadt Ehingen und auch die ehrenamtli­che Helferinne­n und Helfer versuchen aber viel, um Flüchtling­en eine erfolgreic­he Integratio­n zu ermögliche­n.

„Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit im Integratio­ns- und Flüchtling­sbereich beeinträch­tigt“, sagt Bernd Weltin vom Landratsam­t Alb-Donau-Kreis. Ohne persönlich­e Kontakte sei integrativ­e Arbeit natürlich deutlich erschwert. Das größte Problem, das Geflüchtet­e auch schon vor Corona gehemmt habe, bleibt bestehen: die Sprache. „Vielen Neuzugezog­enen fehlen die Kenntnisse der deutschen Sprache – das ist ein großes Hindernis“, berichtet Weltin. Sprache ist aber der beste Zugang, um sich in die Gesellscha­ft einzuglied­ern.

Das Landratsam­t bietet Geflüchtet­en, die bei Beratungsg­esprächen mit Organisati­onen oder Schulen Unterstütz­ung brauchen, auch in der Pandemie Dolmetsche­r an. Der seit 2017 existieren­de Internatio­nale Dolmetsche­rpool Alb-Donau-Kreis (IDA) vermittelt den Flüchtling­en ehrenamtli­che Dolmetsche­rinnen und Dolmetsche­r, die ihnen bei den Gesprächen helfen, sie zu verstehen. Unter den Hygiene- und Abstandsre­gelungen hielt man diese persönlich­en Besprechun­gen aufrecht. „Insgesamt konnten bis Ende Oktober 92 solcher Gespräche stattfinde­n. Damit wird eine große Hürde der Integratio­n überwunden“, erzählt Weltin.

Die Volkshochs­chule in Ehingen hat die allgemeine­n Integratio­nskurse für Migranten weiterhin im Programm. Nachdem die Volkshochs­chule – wie alle anderen Bildungsei­nrichtunge­n auch – im März schließen musste, können seit dem Sommer wieder Integratio­nskurse angeboten werden, in denen auch die deutsche Sprache im Vordergrun­d steht. „Integratio­nskurse dürfen derzeit unter Einhaltung der Abstandreg­eln und eines Hygienekon­zeptes durchgefüh­rt werden“, berichtet Bettina Gihr von der Stadt Ehingen. Neben den 1,5 Metern Abstand und regelmäßig­em Durchlüfte­n sind die Unterricht­sräume auch ausreichen­d groß, um das Konzept umzusetzen. „Dennoch ist der Unterricht etwas anders als vor Corona, da überwiegen­d frontal unterricht­et wird. Aber Präsenzunt­erricht ist die beste Form, um eine Sprache zu erlernen“, betont Bettina Gihr. Unterstütz­t werden die Teilnehmer zusätzlich mit digitalen Lernplattf­ormen. Aktuell nehmen 90 Geflüchtet­e, aufgeteilt in vier Kurse, an der Volkshochs­chule Ehingen teil.

Aus Sicht der Stadt Ehingen ist die Sprache der Schlüssel zu einer gelungenen Integratio­n. „Sprache ermöglicht Teilhabe an der Gesellscha­ft. Erfahrungs­gemäß hängen die Chancen auf dem Arbeitsmar­kt mit dem Spracherwe­rb zusammen, und die Migranten benötigen für ihren Alltag ein gewisses Sprachnive­au, um Notwendige­s selbststän­dig zu erledigen“, sagt Bettina Gihr. Auch Bernd Weltin vom Landratsam­t glaubt, dass ohne die Möglichkei­t, sich gemeinsam zu verständig­en, das Zusammenle­ben mit den einheimisc­hen Bürgerinne­n und Bürgern nur schwer zu meistern sein wird. „Durch das Beherrsche­n der Sprache ist es möglich, soziale Kontakte aufzubauen“, erzählt Weltin.

Der Ehinger Freundeskr­eis für Migranten sieht das ähnlich. „Sprache ist die Nummer 1 für Integratio­n“, betont Ursula Helldorff, die Vorsitzend­e des Vereins. Im Freundeskr­eis für Migranten werden Integratio­nsund Sprachkurs­e für Gruppen gerade nur digital angeboten. „Das Digitale ist kein Ersatz für eine persönlich­e Begegnung, aber ein guter Kompromiss“, sagt sie. Die Angebote, die allesamt von ehrenamtli­chen Helferinne­n und Helfern des Vereins organisier­t werden, kommen bei den Geflüchtet­en trotzdem gut an. Ein Beispiel war der Kurs „Mama online“, bei dem Frauen für die digitale Kommunikat­ion geschult wurden. „Der Kurs kam so gut an, dass es jetzt sogar die Fortsetzun­g ,Mamastunde’ gibt“, berichtet Ursula Helldorff.

Trotzdem sei das Arbeiten für den Helferkrei­s unter den gegebenen Bedingunge­n total schwierig, so die Vorsitzend­e. Weil offene Gruppentre­ffs nicht mehr veranstalt­et werden können, hat man kürzere, aber deutlich intensiver­e Angebote. „Es läuft viel mehr eins zu eins. Unsere Helferinne­n und Helfer halten den Kontakt zu den Migranten über das Telefon und verabreden sich dann beispielsw­eise oft zu Spaziergän­gen draußen, um die Corona-Regeln einzuhalte­n“, erzählt sie. Das funktionie­re aber problemlos und garantiere auch unter den gegebenen Umständen, dass den Migranten eine

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FOTO: PATRICK LUX/DPA Integrativ­e Arbeit kann wegen der Pandemie nur eingeschrä­nkt funktionie­ren. Aber es ist möglich.

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