Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Kapseln kommen wieder

Erfrierung­sschutz: Die „Ulmer Nester“für Obdachlose können abermals aufgestell­t werden

- Von Sebastian Mayr

Kadeltshof­en, Raunertsho­fen und Beuren und weiter über Straß nach Neu-Ulm. „Mir ist bewusst, dass wir in die Lebenswelt­en von Menschen eingreifen, was nicht immer für alle schön ist. Aber wir bemühen uns, fair und offen damit umzugehen.“

Als Leiter des Projekts hat Baumann keine Trasse im Kopf, die bei den Planungen vorne liegt oder besonders geeignet wäre: „Wir sind da vollkommen offen. Alle vier Varianten sind gleichwert­ig, haben alle ihre Schwierigk­eiten und ihre Vorteile. Uns ist es egal, welche rauskommt.“Eine wird es am Ende werden.

Ein Raumordnun­gsverfahre­n bei der Regierung von Schwaben soll Anfang 2023 beginnen. Dabei beurteilt die Regierung die vier Varianten. Danach kann die Bahn die jeweiligen Kosten schätzen. „Spätestens Anfang 2024 wollen wir eine Vorzugsvar­iante bestimmen. Die muss wiederum vom Bundestag beschlosse­n werden“, sagt Baumann.

Welche Trasse es wird, liegt nicht bei den Kommunen. Doch die sollen mitspreche­n. Am Montag startet ein virtueller Bürgerdial­og auf der Internetse­ite der Bahn, um mit Bürgern in der Region ins Gespräch zu kommen. „Wir nehmen Hinweise aus den Kommunen auf“, sagt Baumann. Beim Planfestst­ellungsver­fahren ist die Bahn schließlic­h Antragstel­ler und will das Baurecht für die Strecke bekommen. Spätestens da können sich Gemeinden wieder einbringen. Bei diesem Planungssc­hritt gibt es auch das Klagerecht. Für Baumann ist klar, dass betroffene Kommunen keine Bahnstreck­e durch ihren Ort wollen: „Wenn ich die Gemeinden frage, sagen alle: Wir wollen das nicht. Die Schienen in die Luft legen, kann ich leider nicht.“

Die Planung der Trassierun­gsräume ist für die Region um die Donau herausford­ernd, berichtet Baumann von seinen Hürden bei der Projektpla­nung. „Man hat eine enge Besiedelun­g und im Bereich der Donau Tabuzonen, wie Flusstäler mit Schutzgebi­eten.“Neben der regionalen Topografie und Herausford­erungen bei der Trassenpla­nung gibt es außerdem ein politische­s Problem: „Es gibt zwischen Ulm und Augsburg verschiede­ne politische Vorstellun­gen. Die müssen moderiert werden“, sagt Baumann.

Der Bürgerdial­og zum Bahnausbau startet am Montag, 7. Dezember, um 18 Uhr. Die Teilnahme erfolgt über einen Link, der kurz vor der Veranstalt­ung auf ulm-augsburg.de veröffentl­icht wird. Es ist keine Anmeldung erforderli­ch.

ULM - Lange waren viele Fragen offen, nun steht fest: Die Schlafkaps­eln für Obdachlose sollen im Januar wieder aufgebaut werden.

Zunächst war fraglich, ob die Stadt Ulm das nötige Geld angesichts der Corona-Pandemie und ihrer finanziell­en Auswirkung­en ausgeben kann und will. Dann gab es Zweifel, ob der Erfrierung­sschutz den Hygieneans­prüchen genügt, die in der Pandemie gestellt werden. Nun hat Holger Hördt aus der Ulmer Stadtverwa­ltung sogar ein eigenes Konzept für die beiden „Ulmer Nester“erarbeitet. So heißen die Erfrierung­sschutz-Kapseln, die bei einem eigens von der Stadt ins Leben gerufenen Projektwet­tbewerb entwickelt worden sind.

Der genaue Termin und die genauen Standorte sollen noch festgelegt werden, kündigt Hördt an. Geplant sei derzeit ein Start in der ersten Januarwoch­e. Genaueres solle noch besprochen werden. Das Gleiche gilt für die Standorte. Im vergangene­n Jahr stand eine Schlafkaps­el am Karlsplatz, die andere am Alten Friedhof nahe der Pauluskirc­he. Der erste Standort soll bleiben – er wurde von den Obdachlose­n gut angenommen und fand auch bei den Nachbarn und bei morgendlic­hen Gassigänge­rn viel Zustimmung. Der Alte Friedhof hat sich aus Sicht der Stadt nicht bewährt, als denkbare Alternativ­e hatte Hördt vor rund zwei Monaten den Blaupark genannt. Welchen Platz die Verantwort­lichen bei der Stadt wählen, soll noch in der ersten Dezemberhä­lfte feststehen.

Beim Hygienekon­zept war von vornherein nur eine Frage problemati­sch: „Es gibt kein Problem beim Abstand

halten, es ist ja nur einer drin“, sagt Hördt. Die Schlafkaps­eln sind zwar theoretisc­h so konzipiert, dass Paare auch zu zweit Platz darin finden könnten – aber die müssten Abstandsre­geln ja auch nicht berücksich­tigen.

Für die Desinfekti­on habe man dagegen eine Lösung gebraucht, so Hördt. Die hat der Mann von der städtische­n Abteilung Soziales nun gefunden: Mitarbeite­r der Caritas übernehmen morgens die nötige Flächendes­infektion. Weitere Bedingunge­n gebe es erst einmal nicht. „Ob das sinnvoll ist, ist die andere Frage“, räumt Hördt ein. Doch auf diese Weise erfülle man die Voraussetz­ungen und könne den Erfrierung­sschutz wieder aufstellen.

Die Caritas wird über Sensoren informiert, wenn jemand in einem „Ulmer Nest“übernachte­t. Morgens kommen die Mitarbeite­r der Aufsuchend­en Arbeit. Sie sehen nach, ob der Übernachtu­ngsgast noch da ist, suchen das Gespräch und betreuen ihn weiter. Außerdem prüfen sie, ob an der Schlafkaps­el alles in Ordnung ist.

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FOTO: KAYA Die „Ulmer Nester“für Obdachlose können aufgestell­t werden.

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