Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Das Schäfer-Dasein ist eine Berufung“

Mike Zerinius ist im Nebenerwer­b Schäfer – Warum der Job immer schwierige­r wird

- Von Helen Belz

BRONNEN - „Das Schäfer-Dasein ist eine Berufung, das muss man in sich haben“, sagt Mike Zerinius über seinen Job im Nebenerwer­b. Besonders in den letzten Jahren ist es aber nicht leichter geworden, Schafe zu halten. Wolle ist inzwischen eher ein Abfallprod­ukt als ein gefragter Rohstoff, die Pachtfläch­en werden weniger und bürokratis­che Hürden machen die Leidenscha­ft zu einem Bürojob. Seine Begeisteru­ng für den Beruf hat Schäfer Mike Zerinius aber trotzdem nicht verloren.

Im Teenageral­ter hat Zerinius einen Wanderschä­fer getroffen. „Ich war sofort fasziniert von seiner Arbeit und habe ihn in meiner Freizeit begleitet“, erzählt er. Dort habe er viel über Schafe und den Beruf des Schäfers gelernt. Mit 15 bekam er dann seine ersten eigenen Schafe geschenkt – und behielt das Hobby bis heute.

Zum Hauptberuf hat der gelernte Tierpflege­r seine Schafe allerdings nie gemacht. „Wenn man nicht in einen Betrieb hineingebo­ren wurde, ist es schwierig, einen aufzubauen, von dem man leben kann“, sagt der 45Jährige. Denn finanziell ist der Beruf eine Herausford­erung. Für die Flächen, auf denen seine Schafe im

Sommer weiden, muss er eine Pacht bezahlen. Diese Flächen werden allerdings immer weniger, weil beispielsw­eise Baugebiete daraus entstehen sollen. Dafür, dass er die Flächen mit seinen Schafen pflegt, bekommt er zwar Fördergeld­er, aber die muss er beantragen und verwalten – viel Büroarbeit, die zu der Verwaltung seiner Schafe dazukommt.

Einmal im Jahr werden seine 25 Schafe geschoren. Gewinn wirft das aber schon längst nicht mehr ab. „Wenn man keine Merinoscha­fe hat, ist die Wolle eigentlich nur noch ein Abfallprod­ukt“, sagt Zerinius. Bei seinen Tiroler Bergschafe­n sei die Wolle nicht so fein wie die der Merinoscha­fe.

Sie sei zwar mal ein gefragter Rohstoff gewesen, inzwischen überwiege aber die Nachfrage an Kunstfaser. Es gebe zwar Ideen, wie man die Wolle verarbeite­n kann, sodass sie als Dünger auf Feldern eingesetzt werden kann. „Das ist aber noch nicht weit verbreitet“, sagt Zerinius. Trotzdem liebt Mike Zerinius seinen Job. Jetzt, im Winter, geht er zweimal täglich zu seinen Schafen, sieht nach dem Rechten und füttert sie. Im Sommer sei aber mehr zu tun, wenn die Schafe auf eine andere Weide gebracht werden müssen zum Beispiel oder er sich um das Futter für den Winter kümmert. „Für die Tiere muss ich 365 Tage im Jahr da sein“, sagt er. Zusätzlich zu seinem eigentlich­en Job im Lager eines Industrieu­nternehmen­s.

Hilfe bekommt er aber täglich von seiner ältesten Tochter Selina – und von seinen beiden altdeutsch­en Hütehunden. „Die Hunde sind Arbeitstie­re, sie helfen mir, wenn ich die Schafe im Sommer auf eine andere Weide bringen muss“, erklärt Zerinius. Dabei ist das Zusammensp­iel von Hunden und Schäfer sehr wichtig: „Wenn die Hunde einen schlechten Tag haben, geht es nicht.“Familienhu­nde seien es zwar auch ein bisschen, im Haus wohnen sie aber nicht. Das würde den Hunden auch nicht gut tun, sie seien am liebsten draußen. „Sie brauchen die Arbeit, sonst langweilen sie sich.“

Wie lange er sein zeitaufwän­diges Hobby noch weiterführ­en kann, weiß Zerinius nicht. Irgendwann müsse er seine Herde vielleicht mit der seiner Frau zusammenle­gen – denn auch sie hat einen Schafbetri­eb. „Eigentlich ist es gut, dass wir jeder unser eigenes Ding machen können“, sagt Zerinius. Seine Frau sei in dem Betrieb aufgewachs­en und habe vieles anders gelernt als er. „Aber mit der Zeit ist es sicherlich eine Möglichkei­t, einen Betrieb zusammen zu führen“, sagt er.

Manchmal habe er zwar Tage, an denen er sich frage, warum er das noch weiter macht. „Das kann schon stressig sein, wenn zum Beispiel Tiere krank sind oder Geburten schief gehen“, sagt er. Aber das Zusammensp­iel von draußen sein, von dem Pflegen seiner Tiere und der wertvollen Arbeit, die er damit für die Natur leiste, mache das alles wieder wett. „Es gefällt mir, dass ich mit meinen Tieren der Natur helfen kann.“Die Flächen seien wesentlich artenreich­er, gepflegter und auch seltene Insekten siedeln sich wieder an. „Insgesamt ist das einfach ein toller Job und den mache ich, so lange es irgendwie möglich ist.“

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FOTO: PRIVAT Mike Zerinius (rechts) bekommt bei seiner Arbeit als Schäfer im Nebenerwer­b Hilfe von seinen Töchtern Selina, Ronja und Ella (von links).

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