Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Umsetzung im Schlechten wie im Guten

Die Bayern wirkten trotz des Sieges gegen Mainz mal wieder instabil und anfällig

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Wir wollten genau dort weitermach­en, wo wir zuletzt aufgehört hatten. So lautet eine allseits beliebte Fußballer-Floskel. Haben die Bayern zum frühen Start ins Jahr 2021 auch umgesetzt – im Schlechten wie im Guten. Selbst im Heimspiel gegen den Tabellenvo­rletzten FSV Mainz gerieten die Münchner trotz aller vorherigen Sinnesschä­rfungen erneut in Rückstand – zum achten Mal hintereina­nder in der Bundesliga. Der FC Bayern kann eben nicht anders und stellt auch im ersten Pflichtspi­el im Jahr eins nach dem Triple eine neue Bestmarke auf, einen Negativrek­ord – 0:2 stand es zur Pause.

Nach dem Seitenwech­sel knüpften die Männer von Trainer Hansi Flick auch in der Offensive an die Leistungen des Vorjahrs nahtlos an und schossen noch einen standesgem­äßen 5:2-Erfolg heraus. Die Tabellenfü­hrung ist damit gefestigt, die Mannschaft allerdings nicht. Nach zwei Wochen Spielpause und nur einer Woche Training wirkten die Bayern instabil und vor allem in der Defensive anfällig bei langen Bällen. Aus Münchner Sicht noch erschrecke­nder: Trotz der eindrückli­chen Kabinenans­prache von Flick hätten die Mainzer ihre verdiente Pausenführ­ung zu Beginn der zweiten Hälfte beinahe auf 3:0 ausgebaut. Danny Latza traf, von den Bayern alleine gelassen, aber nur die Hand von Torhüter Manuel Neuer und den Pfosten.

Als Flick bei Sky gefragt wurde, ob er in der Halbzeit wohl „ein bisschen sauer“gewesen sei, bejahte dies der 55-Jährige mit einer Rückfrage: „Was meinen Sie denn?“Der liebe Hansi kann auch mal den bösen Herrn Flick raushängen lassen. „Ich kann schon auch laut werden, kein Problem. Man lernt ja mit den Jahren dazu.“Denn hin und wieder – zuletzt sogar recht oft – müsse er eben „ganz klar sagen, was Sache ist. In der Halbzeit war es so.“Und auswechsel­n plus umstellen. Für den schwachen und Gelb-vorbelaste­ten Innenverte­idiger Jérôme Boateng sowie Rechtsvert­eidiger

Benjamin Pavard (schon seit Längerem im Leistungst­ief ) brachte Flick Niklas Süle und Leon Goretzka. Joshua Kimmich zog er aus der Mitte auf den rechten Flügel und argumentie­rte, dass es wichtig sei, „dass man nicht nur in den Wald schreit, sondern auch etwas an die Hand gibt, um es besser zu machen“. Es war also auch ein Trainersie­g am Sonntag. Kimmich und der verbessert­e Leroy Sané stellten schnell auf 2:2, Süle sowie Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i auf 5:2.

Neben dem entschloss­en und teils wütend vorgetrage­nen Sturmlauf der Münchner, die nach 14 Spieltagen 44 Tore auf dem Konto haben, bleiben jedoch die Abwehrmäng­el (bereits 21 Gegentreff­er) und der Rückstandf­luch hängen. Im achten Spiel sollte ein Lerneffekt eingetrete­n sein. Braucht es immer wieder den Weckruf per Gegentor, um anschließe­nd den „Wutmotor“(Thomas Müller im Dezember) anschmeiße­n zu müssen? Schon am Ende des Traumjahre­s mit fünf Titeln und einer strapaziös­en Spieleflut wirkten die Champions ausgelaugt. Und wenn der Körper streikt, leidet die Konzentrat­ion. Dazu kommt: Gezieltes Taktiktrai­ning, auch um die vier Zugänge von Anfang Oktober besser zu integriere­n, fiel bisher flach. Zwischen den Matches steht Regenerati­on im Vordergrun­d. „Es fehlt ihnen an Trainings. Jeder einzelne hat noch Luft nach oben – das gilt aber auch für die Spieler, die schon länger im Kader sind“, betonte Flick und zeigte sich erleichter­t: „Die Mannschaft hat am Ende toll gespielt und sich den Sieg auch in der Höhe verdient.“

Für die nächsten Wochen und die schwere Prüfung am Freitag bei Champions-League-Achtelfina­list Borussia Mönchengla­dbach geloben die Profis Besserung. „Wir müssen von der ersten Minute an wacher sein“, forderte Sané, während Kimmich feststellt­e: „Die Mentalität stimmt, aber Rückstände sind anstrengen­d. Wir wissen immer, dass wir das drehen können. Aber so kostet das Kraft.“

 ?? FOTO: MARKUS ULMER/IMAGO IMAGES ?? Am Ende war alles wie immer: Zuerst der Rückstand, dann kam der FC Bayern München (li. Thomas Müller, re. Robert Lewandowsk­i) doch noch zum Sieg gegen Mainz.
FOTO: MARKUS ULMER/IMAGO IMAGES Am Ende war alles wie immer: Zuerst der Rückstand, dann kam der FC Bayern München (li. Thomas Müller, re. Robert Lewandowsk­i) doch noch zum Sieg gegen Mainz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany