Umsetzung im Schlechten wie im Guten
Die Bayern wirkten trotz des Sieges gegen Mainz mal wieder instabil und anfällig
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MÜNCHEN - Wir wollten genau dort weitermachen, wo wir zuletzt aufgehört hatten. So lautet eine allseits beliebte Fußballer-Floskel. Haben die Bayern zum frühen Start ins Jahr 2021 auch umgesetzt – im Schlechten wie im Guten. Selbst im Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten FSV Mainz gerieten die Münchner trotz aller vorherigen Sinnesschärfungen erneut in Rückstand – zum achten Mal hintereinander in der Bundesliga. Der FC Bayern kann eben nicht anders und stellt auch im ersten Pflichtspiel im Jahr eins nach dem Triple eine neue Bestmarke auf, einen Negativrekord – 0:2 stand es zur Pause.
Nach dem Seitenwechsel knüpften die Männer von Trainer Hansi Flick auch in der Offensive an die Leistungen des Vorjahrs nahtlos an und schossen noch einen standesgemäßen 5:2-Erfolg heraus. Die Tabellenführung ist damit gefestigt, die Mannschaft allerdings nicht. Nach zwei Wochen Spielpause und nur einer Woche Training wirkten die Bayern instabil und vor allem in der Defensive anfällig bei langen Bällen. Aus Münchner Sicht noch erschreckender: Trotz der eindrücklichen Kabinenansprache von Flick hätten die Mainzer ihre verdiente Pausenführung zu Beginn der zweiten Hälfte beinahe auf 3:0 ausgebaut. Danny Latza traf, von den Bayern alleine gelassen, aber nur die Hand von Torhüter Manuel Neuer und den Pfosten.
Als Flick bei Sky gefragt wurde, ob er in der Halbzeit wohl „ein bisschen sauer“gewesen sei, bejahte dies der 55-Jährige mit einer Rückfrage: „Was meinen Sie denn?“Der liebe Hansi kann auch mal den bösen Herrn Flick raushängen lassen. „Ich kann schon auch laut werden, kein Problem. Man lernt ja mit den Jahren dazu.“Denn hin und wieder – zuletzt sogar recht oft – müsse er eben „ganz klar sagen, was Sache ist. In der Halbzeit war es so.“Und auswechseln plus umstellen. Für den schwachen und Gelb-vorbelasteten Innenverteidiger Jérôme Boateng sowie Rechtsverteidiger
Benjamin Pavard (schon seit Längerem im Leistungstief ) brachte Flick Niklas Süle und Leon Goretzka. Joshua Kimmich zog er aus der Mitte auf den rechten Flügel und argumentierte, dass es wichtig sei, „dass man nicht nur in den Wald schreit, sondern auch etwas an die Hand gibt, um es besser zu machen“. Es war also auch ein Trainersieg am Sonntag. Kimmich und der verbesserte Leroy Sané stellten schnell auf 2:2, Süle sowie Weltfußballer Robert Lewandowski auf 5:2.
Neben dem entschlossen und teils wütend vorgetragenen Sturmlauf der Münchner, die nach 14 Spieltagen 44 Tore auf dem Konto haben, bleiben jedoch die Abwehrmängel (bereits 21 Gegentreffer) und der Rückstandfluch hängen. Im achten Spiel sollte ein Lerneffekt eingetreten sein. Braucht es immer wieder den Weckruf per Gegentor, um anschließend den „Wutmotor“(Thomas Müller im Dezember) anschmeißen zu müssen? Schon am Ende des Traumjahres mit fünf Titeln und einer strapaziösen Spieleflut wirkten die Champions ausgelaugt. Und wenn der Körper streikt, leidet die Konzentration. Dazu kommt: Gezieltes Taktiktraining, auch um die vier Zugänge von Anfang Oktober besser zu integrieren, fiel bisher flach. Zwischen den Matches steht Regeneration im Vordergrund. „Es fehlt ihnen an Trainings. Jeder einzelne hat noch Luft nach oben – das gilt aber auch für die Spieler, die schon länger im Kader sind“, betonte Flick und zeigte sich erleichtert: „Die Mannschaft hat am Ende toll gespielt und sich den Sieg auch in der Höhe verdient.“
Für die nächsten Wochen und die schwere Prüfung am Freitag bei Champions-League-Achtelfinalist Borussia Mönchengladbach geloben die Profis Besserung. „Wir müssen von der ersten Minute an wacher sein“, forderte Sané, während Kimmich feststellte: „Die Mentalität stimmt, aber Rückstände sind anstrengend. Wir wissen immer, dass wir das drehen können. Aber so kostet das Kraft.“