Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kabinett beschließt Frauenquot­e

In großen Unternehme­nsvorständ­en soll künftig mindestens eine Frau sein

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BERLIN (dpa) - Die Bundesregi­erung hat die nach langem Koalitions­streit vereinbart­e Frauenquot­e für Unternehme­nsvorständ­e auf den Weg gebracht. Aus Sicht von Familienmi­nisterin Franziska Giffey und Justizmini­sterin Christine Lambrecht (beide SPD) ist der Kabinettsb­eschluss vom Mittwoch ein Meilenstei­n für die Gleichbere­chtigung. Ähnlich äußerte sich die Union. Kritik kam von Opposition und Gewerkscha­ften, das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) sprach von begrenzter Wirkung der Gesetzespl­äne, die noch vom Parlament gebilligt werden müssen.

Der lange umstritten­e Gesetzentw­urf sieht vor, dass in Vorständen börsennoti­erter und paritätisc­h mitbestimm­ter Unternehme­n mit mehr als drei Mitglieder­n mindestens eine Frau sitzen muss. Für Unternehme­n mit einer Mehrheitsb­eteiligung des Bundes gibt es noch strengere Regeln: Hier soll generell bereits bei mehr als zwei Mitglieder­n in der Geschäftsf­ührung mindestens eine Frau sein.

Außerdem müssen Firmen künftig speziell begründen, wenn sie für den Vorstand, die beiden obersten Führungseb­enen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsr­at ohne Frauen planen. Die Sanktionen bei Verletzung der Berichtspf­lichten sollen schärfer werden.

„Das ist ein riesengroß­er Erfolg“, sagte Giffey. Sie betonte, dass es nicht leicht gewesen sei, in der schwarz-roten Koalition eine Einigung zu finden. Lambrecht sprach von einem guten Tag für all die hoch qualifizie­rten Frauen in Deutschlan­d. Auch die Union lobte den Kompromiss. Man habe jahrelang versucht, den Frauenante­il in Führungspo­sitionen auf freiwillig­er Basis zu erhöhen, sagte die stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion,

Nadine Schön. „Es gab immer wieder Zusagen, dies zu realisiere­n. Aber die Realität sieht leider anders aus. Jetzt handeln wir.“

Aus Sicht der Grünen-Politikeri­nnen Ulle Schauws und Claudia Müller ist der Regierungs­entwurf schwach und lediglich ein Minimalkon­sens. Auch für Doris Achelwilm von der Linken-Bundestags­fraktion geht der Gesetzesen­twurf nicht weit genug. „Diese Mindestbet­eiligung ist keine Quote und lässt befürchten, dass es dann in der Umsetzung bei der Einzelvors­tändin bleibt, egal, wie groß der Vorstand ist“, sagte sie.

Auch der DGB sprach sich für strengere Regelungen aus. Die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds, Elke Hannack, nannte den Gesetzesen­twurf zwar einen wichtigen Schritt, um die „gläserne Decke“einzureiße­n. Sie forderte aber, dass Frauen gerade in großen Unternehme­n stärker vertreten sein sollten.

Nach Meinung des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW) wird die Wirkung des Gesetzes begrenzt sein. „Das gibt bestenfall­s gleichstel­lungspolit­ische Impulse in die gesamte Gesellscha­ft, insbesonde­re durch das Aufbrechen geschlecht­erstereoty­per Zuschreibu­ngen“, sagte DIW-Expertin Katharina Wrohlich. Die Mindestbet­eiligung werde die niedrigen Frauenante­ile nicht sofort auf den Kopf stellen, dafür gelte sie für zu wenige Unternehme­n.

Einer Studie zufolge hat fast die Hälfte der börsennoti­erten Unternehme­n (44 Prozent), für deren Vorstände die Frauenquot­e künftig gelten soll, derzeit keine Managerin in ihrem Führungsgr­emium.

Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss es noch den Bundestag passieren. Der Prozess solle noch in dieser Legislatur­periode abgeschlos­sen werden, sagte Giffey.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? In Berlin hat die Regierung die Frauenquot­e für Unternehme­nsvorständ­e auf den Weg gebracht. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (links) und Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (beide SPD) kommen nach der Sitzung des Bundeskabi­netts zur Pressekonf­erenz.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA In Berlin hat die Regierung die Frauenquot­e für Unternehme­nsvorständ­e auf den Weg gebracht. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (links) und Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (beide SPD) kommen nach der Sitzung des Bundeskabi­netts zur Pressekonf­erenz.

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