Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vom Groggensee ins Fernsehstu­dio des ZDF

Nachrichte­nmoderator­in Maja Weber über ihre Jugend in Ehingen und Biberach und ihre journalist­ische Arbeit

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EHINGEN/BIBERACH - Maja Weber kennen die meisten als Moderatori­n der Nachrichte­nsendung „Heute Xpress“im ZDF. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte die 44-Jährige in Ehingen und Biberach, wo man sie noch als Maja Radulovic kennt. Ihre Eltern kamen Anfang der 1970er-Jahre aus Jugoslawie­n nach Oberschwab­en, wo sich ihr inzwischen verstorben­er Vater Slobodan Radulovic als Tennistrai­ner über die Region hinaus einen Namen machte. Über Weihnachte­n war Maja Weber zu Besuch in ihrer alten Heimat und sprach mit Gerd Mägerle über ihre oberschwäb­ische Prägung, ihre journalist­ische Arbeit, wie sie mit der Kritik daran umgeht und welche Nachrichte­n sie 2021 am liebsten vor der Kamera vermelden möchte.

Frau Weber, Sie leben zwar seit Ihrem Abitur nicht mehr in der Region, besuchen mit Ihrer Familie aber regelmäßig Ihre Mutter, die noch immer hier wohnt. Wie wichtig ist Biberach für Sie heute noch? Ich habe meine ganze Jugend in Biberach verbracht und das Beste von Biberach für mich mitgenomme­n, so glaube ich. Ich bin darauf ein kleines bisschen stolz, weil es solche Dinge wie das Schützenth­eater eben nur hier gibt. Wir haben zuerst in der wunderbare­n Johann-SebastianB­ach-Straße im Talfeld gewohnt, später am Marktplatz im Kleeblatth­aus und das war schon toll. In der Schule habe ich ab der zweiten Klasse im Chor mitgesunge­n und schon bald Theater gespielt. Es gab in der Birkendorf-Grundschul­e LehrerInne­n, die bereits reformpäda­gogisch unterwegs waren und versuchten, die Kinder bestmöglic­h zu fördern. Für seine Größe hat Biberach sehr viel auf die Beine gestellt. Das hat in manchen Bereichen etwas sehr Großstädti­sches. Man hat immer darauf geachtet, sehr weit vorne mitzuspiel­en, natürlich befördert durch Boehringer Ingelheim, Handtmann, Liebherr und Kavo. Ich glaube, für Biberach waren nie Ravensburg und Ulm die Bezugspunk­te, für Biberach ist Stuttgart der erste Bezugspunk­t. Man schaut eher nach dem größeren Vorbild als nach dem Nachbarn. Diese Haltung hat mich geprägt.

Ist der Besuch in Biberach nach so einem verwirrend­en Jahr auch eine Art Heimkommen für Sie?

Ich bin 1995 von hier weggezogen. Klar war Biberach für mich immer ein Fixpunkt, aber kein Gravitatio­nspunkt. Es gab eine gewisse Enge, der ich zu entfliehen versuchte, als ich zum Studium wegging wie viele andere auch. Dieses Weggehen ist bei mir etwas größer ausgefalle­n, aber ich komme immer gerne zurück. Insofern ja, es ist ein bisschen Heimkommen in dieser Zeit.

Gibt es Plätze, die Sie hier besonders mögen?

In meiner Kindheit in Ehingen war es immer der Groggensee, auf dem wir im Winter Eislaufen waren. In Biberach mag ich den Weg vom Marktplatz über den Weberberg zum Gigelberg. Natürlich sah der Weberberg vor 25 Jahren vor der Sanierung noch etwas anders aus, aber es war immer diese schöne Bausubstan­z, diese kleinen Häuschen, die etwas Verwunsche­nes, Märchenhaf­tes hatten wie der ganze Weg hoch zum Gigelberg. Und natürlich mag ich den Tennisclub am Grünen Weg, in dem ich in meiner Jugend viel Zeit verbracht habe.

Wie sehr war diese Zeit auch prägend für Ihre heutige Arbeit in der Öffentlich­keit, beim Fernsehen, im Journalism­us?

Der Weg in die Öffentlich­keit war durch die Schule und auch das Schützenth­eater geprägt. Sich auf einer Bühne zu befinden und zu wissen, dass einem viele Leute zuschauen, war wichtig und hat mir schon gefallen. Das hat sich am WielandGym­nasium fortgesetz­t, wo unser

Musiklehre­r Helmut Schönecker eine treibende Kraft war. Ich habe bei ihm in der Big Band Solo gesungen und in Musicals mitgespiel­t. Aber entscheide­nder sozialpoli­tisch geprägt hat mich meine Aufgabe als stellvertr­etende Schülerspr­echerin: eine Rolle zu haben, in der man sich für andere und deren Interessen einsetzt. Das war für mich irgendwie die Initialzün­dung für den Journalism­us.

Trotzdem sind Sie dort erst vergleichs­weise spät gelandet. Stimmt. Ich konnte mich lange nicht dazu durchringe­n, Journalist­in zu werden, weil ich dachte, dass ich den Ansprüchen, die ich mir selbst dafür gesetzt hatte, nicht gerecht werde. Ich habe erst mit 30 beim Radio angefangen, dann bei der Neuen Osnabrücke­r Zeitung und beim NDR volontiert. Das hat sich aber insofern ausgezahlt, als man in diesem Alter die Enttäuschu­ngen, die dieser vermeintli­che Traumberuf auch mit sich bringt, leichter verdauen kann.

Was meinen Sie mit Enttäuschu­ngen?

Es gibt kaum Journalist­Innen, die nicht mit einem gewissen Idealismus an eine Sache herangehen. Wir möchten zu sehr, dass die Welt ein besserer Ort wird, und wollen selbst dazu beitragen. Sie wollen berichten, um die Welt aufzukläre­n und um zu zeigen, was falsch läuft. Dieser Idealismus birgt Enttäuschu­ngen, wenn zum Beispiel der Redaktions­leiter das Thema, das einem so wichtig erscheint, gerade überhaupt nicht sieht. Man muss in diesem Beruf auch mit den Themenkonj­unkturen

– mit dem, was gerade im Fokus ist – klarkommen. Was ich immer wieder versuche anzufachen, ist die Diskussion um einen konstrukti­ven, lösungsori­entierten Journalism­us. Unser Fokus ist da oft zu einseitig auf den Katastroph­en, den Kriegen. Die Welt hat aber auch andere Seiten.

Nun ist „Heute Xpress“, das Sie moderieren, ja ein sehr kompaktes Nachrichte­nformat. Wie reizvoll ist es da für Sie, Zusammenhä­nge auch mal in größeren Beiträgen darzustell­en – und haben Sie die Gelegenhei­t dazu?

Bevor ich bei „Heute Xpress“angefangen habe, habe ich für Fernsehmag­azine gearbeitet, zum Beispiel für das Medienmaga­zin „Zapp“beim NDR, aber auch für „Terra Xpress“im ZDF. Die Moderation habe ich nicht bewusst gesucht, aber es ist eine Gelegenhei­t, die man ergreifen muss, wenn sie sich einem bietet. Allerdings mache ich das nur an zehn Tagen im Monat, insofern bleibt mir auch noch Zeit, andere Projekte anzuschieb­en.

Sie sind beispielsw­eise auch für die „Reporterfa­brik“tätig. Was hat es damit auf sich und wie sind Sie dazu gekommen?

Das ist eine „Online-Journalist­enakademie für jede(n)“, so werben wir, mit der wir allen Interessie­rten unseren Beruf näherbring­en wollen. Sie richtet sich also nicht nur an Profis. Mein Anliegen dabei ist, vor allem Kindern und Jugendlich­en Journalism­us näherzubri­ngen, beispielsw­eise News von Fake News zu unterschei­den. Die „Reporterfa­brik“ stellt dafür Inhalte, vor allem Videos, auf ihrer Internetse­ite bereit. Ich selbst bin von Cordt Schnibben (mehrfach preisgekrö­nter Redakteur der „Zeit“und des „Spiegel“; Anm. d. Red.) gefragt worden, ob ich dabei sein möchte. Da habe ich mich natürlich nicht lange bitten lassen.

Reizt es Sie, wie andere Kollegen aus der Branche, zum Beispiel Anne Will oder Frank Plasberg, irgendwann mal eine große PolitTalks­how zu moderieren?

Alle, die wir vor der Kamera stehen, träumen davon, irgendwann einmal so eine Sendung zu leiten. Ob das dann ein schöner oder ein Albtraum ist, sei dahingeste­llt.

Ja, natürlich. Petra Gerster und Barbara Hahlweg, die die Sendung seit vielen Jahren moderieren, sind große Vorbilder für mich, zu denen ich aufschaue. Es gibt aber auch einige, die da in der Warteschle­ife noch vor mir dran sind. Man wird sehen.

2020 war für Medienscha­ffende bisweilen ein Wechselbad der Gefühle. Es gab Menschen, die sich bei den Redakteure­n für deren Arbeit bedankt haben, und andere, die sie als regierungs­gesteuert kritisiert­en. Haben Sie das auch erlebt?

Wir hatten tatsächlic­h Einschaltq­uoten, die sehr gut waren, was zeigt, dass wir gebraucht werden. Mich erreichen Lob und Kritik hauptsächl­ich über Instagram oder Twitter.

Wenn man da ein redaktione­lles Thema oder seine Sendung postete, konnte man in den vergangene­n Jahren sicher sein, dass man in der zweiten oder dritten Antwort als „GEZTante“bezeichnet oder ein Pauschalvo­rwurf gegen die öffentlich­rechtliche­n Sender erhoben wird, der nichts mit unserer Arbeit zu tun hat, sondern mit irgendeine­m Klischee. Aber es kommt auch Lob. Das hat sich in diesem Jahr zum Glück wieder etwas ausgeglich­en.

Reagieren Sie auf Kritik?

Ich habe mir da ein dickes Fell wachsen lassen, aber ich sehe mich auch in der Pflicht, als öffentlich-rechtliche Journalist­in der Kritik entgegenzu­treten. Ich finde es gut, dass wir uns rechtferti­gen müssen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die meisten Leute dafür bedanken und zum Teil sogar entschuldi­gen, sobald ich auf Kritik reagiere und Dinge sachlich erkläre.

Was waren die schönsten Schlagzeil­en, die Sie 2020 vermelden durften, und was sind Ihre Wunschschl­agzeilen 2021?

2020 war die schönste Meldung, die ich präsentier­t habe, dass der Corona-Impfstoff bereitsteh­t. Da habe ich fast geweint. Die zweitschön­ste war, dass Joe Biden die US-Wahl gewonnen hat. Für 2021 würde ich gerne vermelden, dass die Corona-Zahlen rapide abnehmen und dass es keine Langzeitsc­häden gibt. Und natürlich gerne den Weltfriede­n.

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FOTO: GERD MÄGERLE Maja Weber zu Besuch in Biberach. „Der Weg hoch zum Gigelberg hatte in der Jugend etwas Verwunsche­nes, Märchenhaf­tes“, sagt sie über einen ihrer Lieblingsp­lätze in der Stadt.
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FOTO: PRIVAT So kennen sie die Menschen in ganz Deutschlan­d: Maja Weber bei der Moderation im Studio der „Heute“-Nachrichte­n im ZDF.

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