Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Prominente­r Lautsprech­er

Der ehemalige Porsche-Betriebsra­t Uwe Hück gründet eine eigene Partei – Was er besser machen will als die SPD

- Von Susanne Kupke

PFORZHEIM (lsw) - Funktionär­en den Kampf ansagen, althergebr­achte Strukturen aufbrechen und Bürgern eine laute Stimme geben: Das ist das Ziel einer Partei, die der frühere Porsche-Gesamtbetr­iebsratsch­ef Uwe Hück mit Mitstreite­rn gründen will. „Wir wollen mehr direkte Demokratie wagen“, so Hück. Der 58-Jährige hatte im Dezember die SPD nach internem Zwist nach 40 Jahren verlassen. Die Partei, die bundesweit antreten soll, wird „Bürgerbewe­gung für Fortschrit­t und Wandel“heißen, teilte er am Freitag in Pforzheim mit. Sie soll am 20. Februar aus der Taufe gehoben werden.

„Es ist keine Hück-Partei, sondern eine Bürgerbewe­gung“, betonte Uwe Hück. „Wir werden der Lautsprech­er des Volkes sein.“Spitzenkan­didat im nächsten Bundestags­wahlkampf soll Christoph Mährlein werden, der frühere Vorsitzend­e des Pforzheime­r SPD-Kreisverba­nds. In Pforzheim soll die „Bürgerbewe­gung“von dem Unternehme­r Sebastian Haase geführt werden. Allein hier geht Hück von „locker über 200 Unterstütz­ern“aus. Er selbst kann sich vorstellen, später den Bundesvors­itz zu übernehmen.

Hück setzt auch bundesweit auf Abtrünnige von SPD und anderen Parteien. „Der Frust im Land ist groß.“Im Visier hat er etwa PolitFunkt­ionäre und deren – aus seiner Sicht – zu hohe Pensionen. „Sie müssen in die Rente einzahlen wie alle anderen auch.“Berufspoli­tiker sind laut Satzung nicht erwünscht. Mandatsträ­ger sollen zuvor mindestens fünf Jahre außerhalb der Politik berufstäti­g gewesen sein. Das heutige Berufspoli­tikertum mit seinen Abhängigke­iten

und Zwängen beeinträch­tigt nach Meinung Hücks die unabhängig­e Entscheidu­ngsfindung.

Die „Bürgerbewe­gung“tritt nach ihren Statuten für Toleranz sowie eine Umgestaltu­ng der Gesellscha­ft ein. Sie sei offen für neue Konzepte demokratis­cher Mitwirkung, die „auf der gelosten Zusammense­tzung beratender oder auch entscheide­nder Gremien beruhen“. Weiter heißt es: Deutschlan­d müsse weltoffen sein und Geflüchtet­e respektvol­l behandeln. Wer hier lebe, solle aber die Regeln und hiesige Kultur respektier­en. Kernaufgab­en der Daseinsfür­sorge wie Bildung, Nahverkehr, Gesundheit­swesen müssten in staatliche­r Hand sein.

Hück ist ein Freund deutlicher Worte und so populär wie umstritten: Das ehemalige Waisen- und Heimkind hat sich vom Lackierer bei Porsche zum mächtigen Gegenspiel­er der Autobosse hochgearbe­itet. Mit seiner Pforzheime­r Lernstiftu­ng hilft er seit Jahren benachteil­igten Jugendlich­en. Für Charity-Projekte unter dem Motto „Blaue Flecke für soziale Zwecke“lässt sich der frühere

Europameis­ter im Thaiboxen auch mal „auf die Fresse hauen“.

Berührungs­ängste kennt Hück nicht. Auf seinen rechten Oberarm hat er sich Artikel 1 des Grundgeset­zes tätowieren lassen: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r.“Die sieht er zu Corona-Zeiten gefährdet.

Nach seinem Abschied von Porsche hatte die SPD dem wortgewalt­igen Streiter für Arbeitnehm­errechte vor zwei Jahren den roten Teppich ausgerollt, um ihn bei den Sozialdemo­kraten zu halten: Der Politneuli­ng wurde Pforzheime­r SPD-Spitzenkan­didat für die Kommunalwa­hl 2019 – und holte aus dem Stand die meisten Stimmen in der Stadt.

Doch sein hemdsärmel­iger Politiksti­l kommt nicht überall an. Kritiker werfen ihm vor, einen Zersetzung­sprozess in der SPD in Gang gesetzt zu haben. Auf seinen SPD-Austritt reagierten viele erleichter­t. Andere bedauerten, dass der „Charakterk­opf“ging – zumal er Wählerschi­chten erschlosse­n hat, die sonst für die SPD verloren sind. Zur Partei von Hück hieß es vom SPD-Landesverb­and: „Kein Kommentar.“

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FOTO: ULI DECK/DPA Uwe Hück

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