Morphin-Fall: Ermittlungen abgeschlossen
Vor einem Jahr erstattete die Uniklinik Strafanzeige – Fünf Babys waren vergiftet worden
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ULM - Es ist der 17. Januar 2020, als das Universitätsklinikum Ulm bei der Polizei Strafanzeige gegen unbekannt stellt: Die Rechtsmedizin des Klinikums hat Morphin im Urin von fünf Säuglingen gefunden. Die Staatsanwaltschaft Ulm nimmt Ermittlungen wegen des Verdachts des versuchten Totschlags auf. Ein Jahr später sind die Ermittlungen der Kriminalpolizei abgeschlossen, wie Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger auf Anfrage mitteilt. Die zentrale Frage ist allerdings weiter offen: Wer hat den Babys das schwere Schmerzmittel verabreicht?
Drei der fünf Kinder schwebten in den frühen Morgenstunden des 20. Dezember 2019 in Lebensgefahr: Ihre Atmung setzte aus, die Herzfrequenz veränderte sich, die Säuglinge mussten künstlich beatmet werden. Drei bis vier Stunden habe es gedauert, bis die Kinder in Sicherheit waren, berichtete Dr. Ortraud Beringer Ende Januar 2020. Erst 48 Stunden nach dem Vorfall sei der Zustand der Babys wieder stabil gewesen. Die Oberärztin gehörte zu dem Team, das den Säuglingen auf der Überwachungsstation das Leben rettete. Später findet die Rechtsmedizin im Urin dieser und zweier weiterer Kinder Morphin. Einen medizinischen Grund dafür, ihnen das Schmerzmittel zu verabreichen, gab es nicht.
Ein sogenannter „frischer Tatort“zum Sichern von Spuren fehlte den Ermittlern von Beginn an. Erst Wochen nach der Tat konnten sie mit ihren Nachforschungen beginnen. Die Corona-Pandemie mit den begleitenden Einschränkungen erschwerte die Arbeit zusätzlich und verursachte nach Angaben von Oberstaatsanwalt Bischofberger geringe zeitliche Verzögerungen.
Inzwischen sind die kriminalpolizeilichen Ermittlungen nach seinen Angaben abgeschlossen, die abschließenden Stellungnahmen der Sachverständigen stünden allerdings noch aus. Eine verlässliche Prognose darüber, ob und bis wann der Fall geklärt werden könne, sei erst möglich, wenn die Gutachten vorliegen. Die Datengrundlage für die Sachverständigen sei aber eher dürftig.
Das Universitätsklinikum, so Bischofberger weiter, habe die Ermittlungen unterstützt und die dortigen Datenbestände nach ähnlichen Vorkommnissen wie die Giftattacke auf die Säuglinge überprüft. Auffälligkeiten seien aber nicht gefunden worden. Eine Sprecherin des Uniklinikums geht auf die Zusammenarbeit mit den Ermittlern nicht näher ein. Nur so viel: „Das Universitätsklinikum Ulm unterstützt die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ulm vollumfänglich und vertraut weiterhin in die Arbeit der Ermittlungsbehörden.“
Ein vermeintlicher schneller Ermittlungserfolg im Januar 2020 hatte sich schon bald als krasse Panne entpuppt: Im Spind einer Krankenschwester
der entsprechenden Schicht war vermeintlich eine Muttermilch-Spritze mit Morphin gefunden worden. Die Frau wurde verhaftet und nach vier Tagen wieder freigelassen. Weitere Tests hatten gezeigt, dass die Spritze kein Morphin enthielt. Das Lösungsmittel, das die Experten im Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamts Baden-Württemberg verwendeten, war verunreinigt.
Der Schicht, in der den fünf Neuund Frühgeborenen Morphin verabreicht worden war, gehörten insgesamt vier Pflegerinnen und zwei Assistenzärztinnen an. Keine dieser sechs Frauen darf bis heute Patienten in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin auf dem Michelsberg betreuen. Eine der Ärztinnen habe zwischenzeitlich den Arbeitgeber gewechselt, teilt die Kliniksprecherin auf Anfrage mit. Die andere sei derzeit nicht in ihrem früheren Bereich in der stationären Krankenversorgung eingesetzt.
Die vier Pflegekräfte seien weiterhin bei vollen Bezügen freigestellt. Die Freistellung der Ärztinnen hatte das Uniklinikum nach sechs Wochen in Absprache mit der Staatsanwaltschaft aufgehoben. Andernfalls wäre die Facharztausbildung der beiden Frauen gefährdet gewesen. Das Ermittlungsverfahren, berichtet Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger, werde aber weiterhin gegen alle sechs Frauen geführt.
Die Kinderklinik hat nach dem Vorfall ihre Arbeitsweise verändert und etliche neue Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Hat sich auch die Stimmung in der Belegschaft verändert? Der Betriebsrat will diese Frage nicht kommentieren. Eine Sprecherin des Klinikums betont, trotz der Geschehnisse sei eine positive Arbeitsatmosphäre geblieben, dank der auch mit den Beschäftigten abgestimmten neuen Sicherheitsvorkehrungen, aber auch dank Krisenbewältigungsangeboten, Supervision, Einzelgesprächen und mehr.
Inzwischen werden Urinproben