Bratkartoffeln wollen in Ruhe gelassen werden
Die unschöne Corona-Situation führt zwangsläufig zu einer Renaissance des Selbermachens. Wer nicht ins Theater, zum Shoppen, ins Restaurant oder ins Kino kann, hat naturgemäß mehr Zeit, sich daheim selbst zu verwirklichen. Kombinieren wir diese Erkenntnis mit dem neuen Bewusstsein für Einfachheit und der Wiederentdeckung des eigenen Herdes, drängt sich dafür ein perfektes Gericht auf: Bratkartoffeln. Und wie das mit dem vermeintlich Simplen so ist, sind gute Bratkartoffeln alles andere als einfach herzustellen.
Bei den vielen verschiedenen Methoden zum angeknusperten Kartoffelrädle darf man fast schon von einer Wissenschaft sprechen: Die einen schwören darauf, die Pellkartoffeln zwei Tage gekocht im Kühlschrank zu lassen, bevor sie in die
Panne kommen. Andere schälen sie noch heiß und braten sie, solange sie noch warm sind. Wieder andere geben sie gleich roh in die Pfanne. Apropos Pfanne: Die Puristen behaupten, nur eine geschmiedete Eisenpfanne sei in der Lage, gute Bratkartoffeln zu rösten. Es gibt also einen ganzen Haufen von Möglichkeiten – und dabei haben wir uns übers richtige Bratfett noch gar nicht unterhalten.
Deshalb folgt hier eine rein subjektive Anleitung, die auf der Erfahrung vieler gut gelungener Bratkartoffeln beruht – und auf noch mehr nicht gelungener. Man lernt ja schließlich aus Fehlern. Gute Ergebnisse liefern festkochende Kartoffeln, die nicht zu lange im Wasser sein dürfen. Mittelgroße Kartoffeln kochen zwischen 20 und maximal 25 Minuten bei mittlerer Hitze im geschlossenen Topf. Danach abgießen, Deckel wieder drauf und auf die
Herdplatte mit Restwärme stellen. Die genügt völlig, um die Knollen dann weich genug werden zu lassen.
Es wäre realitäts- und lebensfern, auf die Eisenpfanne zu bestehen. Denn schließlich sind es die antihaftbeschichteten Exemplare, die in den Haushalten überwiegen. Das macht aber nichts – auch sie liefern gute Ergebnisse. Die Pfanne mit zwei Esslöffeln Butterschmalz oder neutralem Pflanzenöl bei mittlerer Hitze aufsetzen und warten, bis sie richtig warm ist. Die erkalteten und geschälten Kartoffeln in nicht zu feine Rädle schneiden. Je feiner, desto mehr Fett saugen sie auf und umso weniger knusprig werden sie. Nun die Kartoffeln in die heiße Pfanne geben. Sie sollte nur lose gefüllt sein, weil die Kartoffeln sonst nicht richtig knuspern können.
Jetzt kommt das Wichtigste: Die Kartoffeln in Ruhe lassen! Nicht dauern rumrütteln, rühren oder schwenken. Das erhöht den Fettbedarf und macht die Bratkartoffeln lätschig! Einfach ruhig vor sich hin knuspern lassen – der Kenner, der nach Gehör kocht, nimmt es am sich verändernden Knistern in der Pfanne wahr, wann es Zeit wird zu wenden. Ein kräftiges Dunkelgold ist der richtige Moment, die Kartoffelscheiben behutsam umzudrehen. Und dann wiederum: meditatives Warten ohne hyperaktives Pfannengerüttel!
Das Ergebnis sind wirklich knusprige Bratkartoffeln von schönster Bräune, gar nicht fettig. Eigentlich braucht es jetzt nichts weiter als noch ein bisschen Salz. Je nach persönlicher Vorliebe sind Kümmel, Schnittlauchröllchen oder gehackte Petersilie eine Option. Rustikalere Naturen können die Bratkartoffeln ganz am Schluss noch mit Speck- und Zwiebelwürfeln durchschwenken. Noch ein Tipp für den Fall, dass Sie aus Versehen eine weiche und feuchte Kartoffelsorte erwischt haben: Wenn Sie die Rädle vor dem Braten mit Stärke bestäuben, werden sie trotzdem knusprig. Guten Appetit!
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