Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kleine Höhlenschw­einerei

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Alle paar Wochen findet irgendein Forscher an irgendeine­r Höhlenwand irgendeine Höhlenwand­malerei. Das ist an sich nichts Ungewöhnli­ches, es scheint zum paläontolo­gischen Alltagsges­chäft zu gehören. Um die Aufmerksam­keit der Weltbevölk­erung zu erlangen, benötigt ein Wissenscha­ftler schon irgendein Superlativ für seine Entdeckung. Erst recht, wenn sie aus einem Land wie dem aktuell vom Erdbeben gebeutelte­n Indonesien kommt. Mit dem Sulawesi-Warzenschw­ein ist das dennoch gelungen. Die Zeichnung des Borstenvie­hs ist nämlich die älteste ihrer Art. Die Darstellun­g des urzeitlich­en Mittagesse­ns soll 45 500 Jahre alt sein.

Die Sensation ist aber nicht die etwas ungelenke Darstellun­g des Schweins an sich, vielmehr erklärt der Fund ein modernes Phänomen: Wir Menschen fotografie­ren gerne unser Essen, weil es uns offenbar in den Genen liegt. Der Drang, eine gute Speise im Bild festzuhalt­en, ist in uns angelegt. Darüber hinaus muss es sowohl Vegetarier als auch Veganer nachdenkli­ch stimmen, dass der vorzeitlic­he Künstler weder Kohlrabi, Lauch noch Urkarotten gepinselt hat, sondern das köstliche Schwein. Die Nachkommen des Tiers streifen übrigens bis heute durch die Wälder.

Gemüsezeic­hnungen als typische Stillleben in der Kunstwelt kamen erst im 16. Jahrhunder­t in Mode. Und zwar durch einen gewissen Giuseppe Arcimboldo, der ein Faible für Grünzeug hatte. Genau das könnte der Grund sein, dass Arcimdings­bums heute niemand mehr kennt. Hätte er schöne Schnitzel gemalt – wer weiß, vielleicht wäre der Künstler heute noch in aller Munde. (nyf)

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FOTO: MAXIME AUBERT/AFP Das vor 45 500 Jahren gemalte Warzenschw­ein in der Höhle von Leang Tedongnge.

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