Obermarchtal plant hohe Investitionen
Ergebnishaushalt für 2021 schließt jenseits der gesetzlichen Vorgabe ab
● OBERMARCHTAL – Mit Investitionen von über vier Millionen Euro, abzüglich aller Zuschüsse, setzt die Gemeinde Obermarchtal ein deutliches Zeichen in Richtung Zukunft. Die Vorberatungen des Haushaltsplans für das aktuelle Jahr im Gemeinderat haben am Dienstag jedoch auch gezeigt, dass die Gemeinde die gesetzliche Vorgabe einer schwarzen Null in ihrem Ergebnishaushalt deutlich verfehlen wird.
Die erste Gemeinderatssitzung des Jahres hat am Dienstag in der Turn- und Festhalle unter Einhaltung eines strengen Hygienekonzepts stattgefunden. Neben der Einhaltung der Abstandsregeln trugen alle Anwesenden stets eine Maske, und es wurde regelmäßig gelüftet. Dass trotz der Pandemie die Gemeinde die Zeichen auf die Gestaltung der Zukunft gesetzt hat, haben die Zahlen des ersten Entwurfs des Haushaltsplans für 2021 gezeigt. Trotz bewilligter und erwarteter Zuschüsse in Höhe von fast 1,4 Millionen Euro muss die Gemeinde eigene gut vier Millionen in die Hand nehmen, um alles stemmen zu können, was sie für 2021 plant. Bei einem Kontostand von 2,15 Millionen Euro zum Jahresbeginn lassen sich die vorgesehenen Maßnahmen nur aufgrund einer Darlehensermächtigung von 2,35 Millionen Euro realisieren, Investitionen in der Größenordnung von rund 5,5 Millionen Euro. Der Breitbandausbau und der Erwerb von Grundstücken für zukünftiges Wohnbauland machen erhebliche Positionen aus, ebenso die Erneuerung der Wasserleitungen in Mittenhausen und der Anschluss des Ortsteils an die Kläranlage Rottenacker.
Schließlich sind auch die Kosten für die Abwasserbeseitigung im Gewerbegebiet Innere Bergäcker VI und im Wohnbaugebiet Maiergewand VII als große Posten zu nennen. Die Beteiligung an der Netze BW mit 500 000 Euro steht in fünf Jahren dem Haushalt wieder zur Verfügung.
Als Wermutstropfen musste Markus Mussotter, Fachbeamter für das Finanzwesen der Verwaltungsgemeinschaft Munderkingen (VG) sowie deren Geschäftsführer dem Gemeinderat einen Ergebnishaushalt in Höhe von minus
450 000 Euro einschenken. Da die gesetzliche Vorgabe eine schwarze Null oder besser vorschreibt, steuert die Gemeinde damit klar auf einen nicht gesetzeskonformen Haushalt zu. Auf Nachfrage dieser Zeitung sagte Markus Mussotter hierzu: „Das Minus ist von der Höhe her noch nicht fix, da die Abschreibungsbeträge noch nicht komplett gerechnet sind. Sicher ist, dass es ein deutliches Minus sein wird und dass dies so – auch mangels Einflussmöglichkeiten – beschlossen werden wird“. Weiter formuliert Markus Mussotter „Ursächlich für das Minus im Ergebnishaushalt sind hauptsächlich höhere Kosten für die Kleinkindbetreuung mit rund 150 000 Euro sowie geringere Gewerbesteuereinnahmen von rund 190 000 Euro. Zudem wirken über den Finanzausgleich noch die guten eigenen Steueraufkommen der Jahre 2019 und 2020“. Insoweit ist anzumerken, dass Mussotter auch für 2022 von einem negativen Ergebnishaushalt in Höhe von rund 260 000 Euro ausgeht.
Im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit des eigentlich nicht gesetzeskonformen Haushalts sagt Markus Mussotter: „Begründet werden solche größeren Abweichungen in der Endversion des Haushaltsplans im Vorbericht. Von einer Gefahr, dass das Landratsamt die Genehmigung verweigert gehe ich nicht aus, da ab 2023 die Zahlen in der Finanzplanung nach der aktuellen Berechnung wieder positiv sind. Inwieweit natürlich aufgrund der Pandemie die Zahlen belastbar sind, weiß aktuell keiner – Grundlage ist der Haushaltserlass des Landes sowie die Steuerschätzungen“.
Auf Nachfrage von Gemeinderätin Susanne Stöhr machte Markus Mussotter in der Sitzung deutlich, dass auf die Höhe der Grund- und Gewerbesteuereinnahmen die Gemeinde keinen Einfluss habe, gleiches gelte für die Ansätze bezüglich des Steuerausgleichs und die Personalkosten. Auch wies er darauf hin, dass im Hinblick auf die geplante Wohnbebauung beim Verkauf der Baugrundstücke zumindest die Erschließungskosten erlöst werden müssen. Auf die Tatsache, dass das neue, doppische Haushaltsrecht aufgrund der damit verfolgten Generationengerechtigkeit die Gemeinde in schwierigen Zeiten wie den jetzigen deckelt und drückt, wies Markus Mussotter ebenfalls hin.
Bürgermeister Martin Krämer verdeutlichte, dass alleine aufgrund des guten Steueraufkommens im Jahr 2019 aufgrund des jeweils zwei
Jahre später durchzuführenden Finanzausgleichs dieses Jahr im Haushalt rund 220 000 Euro fehlen. Dennoch blickte er positiv in die Zukunft in der Hoffnung auf höhere Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Bezüglich der Personalkosten verwies auch Krämer auf die fehlenden Steuerungsmöglichkeiten. Er nannte dabei insbesondere die Kleinkindbetreuung, die für die Gemeinde eine Pflichtaufgabe sei. Aufgrund der aktuell gestiegenen Nachfrage rechne die Gemeinde im Storchennest mit der Eröffnung einer zweiten Gruppe und damit mit steigenden Personalkosten. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung hat sich das Gremium bereits mit der entsprechenden Personalentscheidung befasst.
Auf Nachfrage von Gemeinderat Reiner Ebe ging Markus Mussotter auf die Pro-Kopf-Verschuldung in der Gemeinde ein. Derzeit läge diese bei 354 Euro. Im Falle der Ausschöpfung der Darlehensermächtigung von 2,35 Millionen Euro würde diese auf 908 Euro ansteigen. Den aktuellen Durchschnittswert in BadenWürttemberg nannte Mussotter mit 704 Euro. Im Hinblick auf die Überholung des Durchschnittswert durch die Gemeinde Obermarchtal sagte Mussotter, „die Breitbandversorgung war vor wenigen Jahren noch kein Thema für die Gemeinden. Diese sind in die Bresche gesprungen, das Breitband ist keine originäre Aufgabe der Gemeinde“.
Insgesamt waren die Gemeinderäte mit den eingestellten Investitionen einverstanden. Daher wird Markus Mussotter in den kommenden Wochen den Haushaltsplan in seine Endfassung bringen, damit sodann darüber abgestimmt werden kann.
„Sicher ist, dass es ein deutliches Minus sein wird.“Markus Mussotter