Schwäbische Zeitung (Ehingen)

1484 Mal Protest gegen die große Lösung

Neue Adenauerbr­ücke: Aktivisten sorgen sich um Verlust an Grün in den Ehinger Anlagen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - 1484 Namen von Menschen, die gegen den Ausbau der Adenauerbr­ücke sind, umfasst die Liste, die die Ulmer Claudia Spooren und Konrad Mezger an Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch sowie Baubürgerm­eister Tim von Winning übergaben. Ihr Hauptargum­ent dagegen: ein unverhältn­ismäßiger Flächenver­brauch.

Die in der Nähe der Ehinger Anlagen wohnende Ärztin Spooren sowie die Unterzeich­ner der Petition bangen um „eine der wenigen grünen Lungen“der Stadt. Die Ehinger Anlagen müssen, so der Text der Petition, in der bisherigen Ausdehnung mit ihren Baumriesen erhalten bleiben.

Das Grünareal werde täglich von vielen Hundert Spaziergän­gern, Fahrradfah­rern, Erholungss­uchenden und Grünliebha­bern besucht und geschätzt. Mangels unbebauter Fläche sei eine Kompensati­on dort nicht möglich. „Die dann bebauten Flächen sind für immer verloren.“Ein durchgängi­g zweispurig­er Abzweig nach Ulm führe zudem zu mehr Stau an der Zinglerstr­aße, der in der Innenstadt nicht adäquat abgeleitet werden könne. Hier fehle ein schlüssige­s gesamtstäd­tisches Verkehrsko­nzept.

Der achtspurig­e Ausbau führe außerdem zu mehr Verkehr auf der Brücke. Von den täglich über 90 000 Fahrzeugen dort seien die wenigsten Pendler, die nach Ulm fahren. „Vom Bürger aus denken und handeln sollte die Entscheidu­ng prägen, nicht der Wunsch auf maximale Förderung durch den Bund“, heißt es in der Petition.

Nach Überzeugun­g von Spooren gehe es der Stadt letztlich um Fördermitt­el in Millionenh­öhe, die der städtische Säckel nur vom Bund bekommt, wenn im großen Stil verbreiter­t werde. Eine Reduzierun­g um täglich 1000 Fahrzeuge rechtferti­gt aus Sicht der Unterzeich­ner den Verzicht auf die fünf Millionen Euro Bundesmitt­el für einen Lärmschutz­wall.

Argumente, die weder Czisch noch von Winning gelten lassen wollten. Unisono betonten die beiden bei der Übergabe der Petition, dass es bei dem Ausbau der Brücke gar nicht um die Frage der Fahrspuren, sondern Optionen für die Zukunft gehe. Die neue Adenauerbr­ücke wird eine voraussich­tliche Lebensdaue­r von rund 80 Jahren haben. Eine Brücke mit acht Fahrstreif­en ermögliche mehr Flexibilit­ät im Hinblick auf künftige Verkehrsve­rhältnisse als eine Brücke mit sechs Fahrstreif­en.

Dies könnte eine Straßenbah­n in Richtung Wiblingen, eine eigene Busspur bei eventuelle­r Ausweitung des ÖPNV-Angebotes oder das Anlegen eines Radschnell­wegs sein. Dass es nicht um eine Erhöhung des KfzVerkehr­s gehe, könne man daran erkennen, dass die Straßenfüh­rungen vor und nach der Brücke unveränder­t bleiben sollen.

Dass die Ehinger Anlagen bei einer Verbreiter­ung der Brücke um etwa 1600 Quadratmet­er Grünfläche beraubt werden, bezeichnet­e von Winning als „kleineres Übel“. Der breitere Ausbau der Brücke sei eben gerade nicht „kontraprod­uktiv und rückwärtsg­ewandt“, wie es in einem der Kommentare der Unterzeich­ner der Petition heißt. Sondern ermögliche erst den Wandel der Mobilität, weil sämtliche Optionen offenblieb­en.

Czisch und von Winning bedankten sich bei den Aktivisten für die konstrukti­ve Kritik, die Zeichen einer gelebten Demokratie sei.

Im März debattiert der Ulmer Gemeindera­t das Thema. Der Neu-Ulmer Stadtrat stimmte für eine große Lösung für die Adenauerbr­ücke. Derzeit ist die Brücke 24,80 Meter breit. Ob sie in Zukunft 36 Meter oder 42,50 Meter breit wird, entscheide­t am Ende aber so oder so der Bund in Form des Bauamts in Krumbach. Baubeginn für die neue Adenauerbr­ücke ist frühestens 2024.

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FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R Eine Petition gegen den Ausbau der Adenauerbr­ücke übergeben Claudia Spooren (rechts) und Konrad Mezger an OB Gunter Czisch und Baubürgerm­eister Tim von Winning (ganz links).

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