Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bürger ärgern sich über Stromausfä­lle

In mehreren Neu-Ulmer Stadtteile­n gingen allein im Dezember zwei Mal die Lichter aus, auch an Silvester

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - An Silvester ist es wieder passiert. Licht aus, WLAN weg, Fernseher, Kühlschran­k und Herd aus. Es war bereits der dritte Stromausfa­ll innerhalb eines Jahres in den NeuUlmer Stadtteile­n Reutti, Holzschwan­g, Schwaighof­en und Finningen. Etwa 500 Haushalte waren von der Störung betroffen. Für die meisten Anwohner war das ärgerlich. In manchen Fällen war der Stromausfa­ll aber auch gefährlich, wie ein betroffene­r Bürger schilderte.

„Ich wurde beim dritten Stromausfa­ll an Silvester während der medizinisc­hen Versorgung eines Tieres im Stall überrascht und wäre in der Folge des Blackouts durch dieses Tier fast schwer verletzt worden“, berichtete der Pferdebesi­tzer. Er habe außerdem pflegebedü­rftige Eltern, die plötzlich zu Hause im Dunkeln gesessen seien und zu denen er rasch geeilt sei, um ihnen zu helfen. Der Neu-Ulmer fragte sich, wie es zu drei längeren Stromausfä­llen innerhalb weniger Monate kommen kann, und wandte sich verärgert an den Chef der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU), Klaus Eder.

Der bedauerte, dass es zu mehreren Ausfällen in den Stadtteile­n gekommen sei. Die Fehlerursa­che habe nicht zufriedens­tellend geklärt werden können. Die SWU müssten jedoch davon ausgehen, dass größere Vögel – Gänse oder Schwäne – vom nahe gelegenen Plessentei­ch in die Freileitun­g geflogen seien und dabei einen Kurzschlus­s ausgelöst hätten. Die 1250 Meter Freileitun­g seien nach jeder Störung abgelaufen und kontrollie­rt worden, wobei keine Ursache erkannt werden habe können. „Die Leitung läuft über freies Feld, deshalb konnte ein Fehler durch einen Baum oder Ast ausgeschlo­ssen werden“, schrieb Klaus Eder an den Neu-Ulmer Bürger.

„In 90 Prozent aller Fälle können wir die Ursache konkret benennen“, erklärte SWU-Pressespre­cher Sebastian Koch auf Anfrage. Zu den häufigsten Ursachen für einen

Stromausfa­ll zählten Schäden durch Baustellen (etwa durch Baggerarbe­iten), Kleintiere in elektrisch­en Anlagen, Sturm, Gewitter, Blitzschla­g und Kabelschäd­en. „Da wir in den drei angesproch­enen Unterbrech­ungen alle anderen Fälle ausschließ­en können, gehen wir davon aus, dass es sich um Vögel handelte, die einen Kurzschlus­s verursacht haben“, so Koch. Weil dies aber nicht sicher nachgewies­en werden konnte, steht in den drei Störungsme­ldungen unter „Ursache“jeweils: „Konnte nicht gefunden werden.“

Im Geschäftsj­ahr 2019 haben die SWU eigenen Angaben zufolge mehr als 1400 Millionen Kilowattst­unden Strom verteilt. Das städtische Tochterunt­ernehmen unterhält ein Leitungsne­tz mit einer Gesamtläng­e von über 2900 Kilometern und liefert Strom an knapp 139 000 Stromzähle­r in Privathaus­halten und bei Gewerbekun­den. Wie viele Stromausfä­lle es voriges Jahr im SWU-Gebiet insgesamt gab, teilt das Unternehme­n nicht mit. Begründung: Die absolute Zahl sei nicht aussagekrä­ftig, da die Bandbreite sehr groß sei. Manche Stromausfä­lle dauerten nur Sekunden, andere mehrere Stunden. Manchmal seien nur einzelne Straßenzüg­e betroffen, manchmal ganze Stadtteile. Eine aussagekrä­ftigere Messgröße sei der SAIDI-Wert, die Abkürzung steht für „System Average Interrupti­on Duration Index“und gibt die durchschni­ttliche Versorgung­sunterbrec­hung

pro Kunde innerhalb eines Kalenderja­hres an.

2019 lag der Wert im SWU-Gebiet bei 10,16 Minuten. Der Durchschni­ttswert in Deutschlan­d lag laut Bundesnetz­agentur bei 12,20 Minuten. Auch Bayern (10,82) und BadenWürtt­emberg (13,37) lagen über dem Wert der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. In Berlin war im Durchschni­tt jeder Kunde sogar 34 Minuten ohne Strom, in Bremen dagegen nur siebeneinh­alb.

Die Ausfälle in den Neu-Ulmer Stadtteile­n am 7. August, 7. Dezember und 31. Dezember dauerten jeweils etwa ein bis zwei Stunden. Ende Mai gab es außerdem in der Innenstadt einen Stromausfa­ll, der durch einen Kurzschlus­s ausgelöst wurde. Etwa 1000 Haushalte waren eine halbe Stunde lang ohne Strom.

Handlungsb­edarf in Sachen Stromverso­rgung sehen die SWU dennoch nicht. Die Ausfallzei­t je Kunde von 10,16 Minuten sei im Deutschlan­dvergleich für sich genommen schon sehr gut. „In den von dem Beschwerde­führer angesproch­enen Teilorten haben wir trotz der bedauerlic­hen Störungen in 2020 immer noch eine Versorgung­ssicherhei­t von 99,94 bis 99,96 Prozent“, erklärte SWU-Sprecher Sebastian Koch. „Darüber hinaus stehen unsere Spezialist­en rund um die Uhr bereit, um schnell und engagiert Störungen zu beheben und die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten.“

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FOTO: DPA Steckdose ohne Saft: Zuletzt kam es in Neu-Ulm vermehrt zu Stromausfä­llen.

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