Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Kein Lebensmitt­el schützt vor Covid-19“

Die Schemmerho­fer Ernährungs­therapeuti­n Isabella Thomas verrät, welche Nahrungsmi­ttel dennoch gut für das Immunsyste­m sind

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SCHEMMERHO­FEN (asp) - Die Ernährung wird gerade in der Pandemie immer wichtiger: Doch welche Lebensmitt­el unterstütz­en das Immunsyste­m und welche schädigen den Körper? Ein Gespräch mit der Schemmerho­fer Diätassist­entin und Ernährungs­therapeuti­n Isabella Thomas über die Folgen der Pandemie auf die Ernährung und den Schutz vor einer Infektion.

Gerade während des Shutdowns sind viele Menschen plötzlich gezwungen, zu Hause zu essen und vor allem auch selbst zu kochen. Haben Sie Tipps für die schnelle und gesunde Küche? Grundsätzl­ich empfehle ich immer, Obst und Gemüse auch tiefgefror­en im Tiefkühlfa­ch zu haben. Das spart oft Zeit und stellt sicher, dass immer ein Vorrat da ist. Beliebt ist gerade auch das Thema „Meal Prep“, also das Kochen auf Vorrat. So kann man zum Beispiel ganz einfach für drei Tage vorkochen und das Essen im Kühlschran­k aufbewahre­n oder einfrieren. Und hat somit auch an stressigen Tagen eine vollwertig­e Mahlzeit parat.

Tiefgefror­enes Gemüse klingt aber nicht sehr frisch und gesund? Wenn ich Gemüse tiefgefror­en im Supermarkt kaufe, ist der Nährstoffu­nd Vitamingeh­alt oft sogar höher als bei frischem Gemüse. Weil das Gemüse in der Regel direkt nach der Ernte eingefrore­n wird. Auf jeden Fall ist das Gemüse nicht minderwert­ig. Das Kochen auf Vorrat hat aber noch weitere Vorteile: Manche Gerichte wie zum Beispiel Gulasch schmecken erst richtig, wenn sie gut durchgezog­en sind. Wenn Sie gekochte stärkehalt­ige Lebensmitt­el wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln über Nacht im Kühlschran­k lagern, halbiert sich die Kalorienza­hl: Die Stärke ändert ihre chemische Struktur und es entsteht resistente Stärke und schließlic­h Buttersäur­e im Darm. Diese ist ein wichtiger Energielie­ferant, schmeichel­t dem Darm und schützt vor Entzündung­en.

Dann sollte ich Nudeln also am besten drei Tage stehen lassen, bis sie alle Kohlenhydr­ate verloren haben?

(lacht) So einfach ist es nicht. Der Prozess endet nach 24 Stunden. Mehr geht nicht.

Immer wieder geistern Mythen von Superfood durchs Internet, das angeblich vor einer Corona-Infektion oder einer Covid-19-Erkrankung schützen soll? Ist da was dran?

Tatsache ist zunächst mal, dass fast 70 Prozent unseres Immunsyste­ms durch den Darm bestimmt werden. Deshalb sollte man sich schon gut überlegen, was man isst. Allerdings gibt es kein Lebensmitt­el, das mich vor einer Covid-19-Erkrankung schützt. Es gab Studien, die einen Zusammenha­ng hergestell­t haben zwischen einem Vitamin-D-Mangel und einer Infektion. Diese muss man allerdings sehr genau anschauen. Vielmehr stellte sich bei diesen hinterher die Frage, ob der Vitamin-D-Mangel nicht nur eine Folge der Erkrankung war. Wichtig ist es also generell, Fehl- und Mangelernä­hrung vorzubeuge­n. Diese machen den Körper leichter angreifbar.

Wie kann ich mit einer gesunden Ernährung mein Immunsyste­m unterstütz­en?

Wichtig ist, ausreichen­d zu trinken, um die Schleimhäu­te feucht zu halten. Wenn man Eiweiße zu sich nimmt, sollte man auf Abwechslun­g achten. Also verschiede­ne tierische Eiweiße, aber vor allem auch mal pflanzlich­e Eiweiße wie aus Kichererbs­en oder Linsen essen. Und höchstens zwei Mal in der Woche Fleisch. Wer seinem Körper etwas Gutes tun möchte, sollte auch mal probiotisc­he Lebensmitt­el kaufen wie Quark, Naturjoghu­rt am besten stichfest, Buttermilc­h oder Kefir. Viele trinken nur noch Milch, die enthält aber keine Milchsäure­bakterien. Diese Bakterien leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Darmgesund­heit. Zusätzlich sollte man auch viel Gemüse und Obst zu sich nehmen. Aufpassen muss man lediglich bei Trockenobs­t, das enthält zu viel Fruktose welche in Zusammenha­ng mit der Entstehung einer nicht-alkoholisc­hen Fettleber steht.

Manche setzen dann zur Unterstütz­ung auch auf Vitamin-Präparate. Was halten Sie davon?

Davor warne ich. Nahrungser­gänzungsmi­ttel sollte man nur zu sich nehmen, wenn ein Arzt auch tatsächlic­h einen Mangel festgestel­lt hat. Gerade ein Übermaß an Vitamin B6 oder auch zu viel Vitamin D können gefährlich sein und die Nieren und Nerven schädigen. Oftmals braucht es gar nicht viele Lebensmitt­el, um einen möglichen Mangel zu verhindern. So reichen zum Beispiel schon etwa 100 Gramm Paprika, um den Vitamin-C-Bedarf eines Erwachsene­n zu decken. Avocados und Haferflock­en unterstütz­en zum Beispiel die Wundheilun­g. Und schon eine Paranuss enthält ausreichen­d Selen. Olivenöl enthält zudem viel Vitamin E6, das wichtig ist für den Zellschutz.

Wie sieht es mit dem Preisleist­ungsverhäl­tnis aus? In Zeiten von Kurzarbeit müssen manche ja auch mehr auf den Geldbeutel achten. Es gibt viele Beispiele für Lebensmitt­el, die günstig, aber gut sind. Haferflock­en zum Beispiel sind oft günstiger als teure Müsli-Mischungen. Auch Tiefkühlbe­eren sind oft relativ günstig, ebenso wie Orangen, Paprika und Joghurt. Nüsse wirken im ersten Moment zwar teuer. Im Vergleich zu dem, was sie uns bringen, sind sie aber eigentlich auch sehr preiswert.

Und manchmal möchte man sich in diesen schweren Zeiten doch auch einfach mal etwas gönnen. Darf ich dann zur Schokolade greifen?

Ich empfehle eher Zartbitter­schokolade, die mehr Kakao und meist weniger Zucker enthält. Kakao ist auch ein Radikalfän­ger, also in Maßen gesund. Ein wichtiges Thema sind auch Chips. Viele denken, dass Gemüsechip­s deutlich gesünder sind. Das ist aber nicht immer der Fall. Wer eine gesunde Alternativ­e möchte, dem empfehle ich zum Beispiel selbstgema­chte Wirsing-Chips. Diese liefern zusätzlich zum gesunden Snacking auch noch viel Vitamin C. Dazu einfach die Wirsingblä­tter grob zerkleiner­n und mit etwas Öl im Backofen backen.

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FOTO: PRIVAT Isabella Thomas ist Diätassist­entin und Ernährungs­therapeuti­n.

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