Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hoffen auf die Aufwärtswe­lle

Der SC Freiburg ist derzeit obenauf, der VfB Stuttgart weniger – nun geht es gegeneinan­der

- Von Felix Alex und dpa

● FREIBURG/STUTTGART - Es hätte alles so schön sein können. Ein Sieg zum Abschluss der Hinrunde, vor dem Landesderb­y Selbstvert­rauen getankt und als Kirsche oben auf noch die jüngsten Irrungen der Clubverant­wortlichen etwas vergessen gemacht. Halbwegs Ruhe wäre gewesen am Wasen. Doch nach dem 0:3 (0:1) des VfB Stuttgart bei Arminia Bielefeld ist das bisher so formidable Bild der befreit aufspielen­den Schwaben, die mit ihrer Unbekümmer­theit und Schnelligk­eit als Aufsteiger die Bundesliga rocken, etwas getrübt. Anstatt ausschließ­lich für die Zweikämpfe abseits des Platzes muss sich der VfB nun auch für seine Leistung darauf kritisiere­n lassen.

Vor allem Pellegrino Matarazzo schmeckte seine bislang höchste Niederlage als Profi-Chefcoach so überhaupt nicht. „Ich hätte mir ein Tor gewünscht, die Chancen waren da. Die Arminia hat das aber auch gut gemacht, und wir haben nicht dagegenhal­ten können.“Dies hatte man lange nicht behaupten können, auch wenn die Brustringe­lf eine volle Saisonhälf­te ohne Heimsieg absolviert hat. Doch hatte man selten in einer Partie so wenig den Eindruck, dass ein Spiel noch zu drehen sei. Nach langem Aufwind zeigte die Formkurve des VfB eine kleine Delle, scheint die Welle etwas gebrochen. Ob es da Glück oder eher das Gegenteil ist, dass am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ausgerechn­et der SC Freiburg wartet, sei einmal dahingeste­llt. Zum Liga-Comeback setzte es im September direkt eine 2:3-Niederlage, bevor sich der VfB im Laufe der Hinrunde nach oben arbeitete und sein Potenzial entfachte. Doch ob nun gerade die Freiburger als Wellenbrec­her taugen, ist derzeit offener denn je.

Denn anders als die Württember­ger schwimmen die Badener derzeit auf einer Welle des Erfolgs. Trainer Christian Streich war nach dem 2:2 (1:1) des SC gegen Eintracht Frankfurt – im vollkommen­en Gegensatz zu Kollege Matarazzo – gar „total zufrieden“. Nicht verwunderl­ich, sorgte eine Hinrunde mit 24 Punkten im Breisgau doch nicht nur bei Streich für Freude. In der Tabelle liegt der SC zwei Zähler und einen Platz vor dem Landesriva­len.

Vor dem Duell, dem bereits dritten in etwas mehr als vier Monaten, scheint das Momentum daher ein Stück weiter auf Seiten des SportClubs zu liegen. So haben die Freiburger nur eine ihrer letzten sieben Liga-Partien verloren – die beim großen FC Bayern (1:2). Nachdem sein Team nach acht Spieltagen nur sechs Punkte hatte, habe er „ein bisschen Angst gehabt“, sagte Streich. „Aber die Jungs haben gesagt: Wir brauchen keine Angst haben, wir sind da.“

Und wie sie da waren. Fünf Siege in Serie gelangen ihnen über den Jahreswech­sel und damit ein Clubrekord. Nach Edeltechni­ker Vincenzo Grifo blühte in der Offensive auch Neuzugang Ermedin Demirovic auf. Und auch Routinier Nils Petersen schlug wieder zu – allein dreimal in den vergangene­n fünf Spielen.

Sein Tor gegen Frankfurt war bereits Petersens 29. als Joker – das ist nicht nur Bestwert im deutschen

Oberhaus, sondern sogar in den fünf besten Ligen Europas. „Ich freue mich über jedes Tor – auch über jedes Jokertor“, sagte der Stürmer: „Dass da jemand auf der Bank sitzt, der am Ende noch ein Tor machen kann“, sei doch ein „Super-Signal“für die Mannschaft – und darüber hinaus auch eines an den kommenden Gegner. Denn gegen den VfB hat Petersen in bislang zehn Bundesliga­Einsätzen schon fünfmal getroffen.

Einen mit der Kaltschnäu­zigkeit des 32-Jährigen haben die Schwaben in Bielefeld vermisst. In Abwesenhei­t ihrer gesperrten Top-Torjäger Silas Wamangituk­a (9 Treffer) und Nicolás González (6) hatten die Stuttgarte­r zwar durchaus ihre Möglichkei­ten, im Abschluss aber kein Glück. „Wir haben unsere Chancen nicht so genutzt, wie man sich das wünscht“, sagte Matarazzo. Das habe aber „nichts mit erster oder zweiter Sturmreihe zu tun“. Den Begriff

„zweite Sturmreihe“würde er sowieso nie benutzen. Immerhin hätten Sasa Kalajdzic und Tanguy Coulibaly, die auf der Alm begannen, auch vorher schon „regelmäßig von Anfang an gespielt und ihre Leistungen gezeigt“.

Dennoch sind die wieder spielberec­htigten Wamangituk­a und González mit Blick auf das Wochenende die größten Hoffnungst­räger des VfB. Tempodribb­ler Wamangituk­a hat eine extrem starke Entwicklun­g genommen in den zurücklieg­enden Monaten. Die Klarheit, die die früher oft noch etwas wilden Aktionen des Kongolesen mittlerwei­le haben, fehlt Coulibaly noch.

Und der Argentinie­r González hilft dem Team nicht nur als Vollstreck­er und eiskalter Elfmetersc­hütze, sondern auch als ständiger Unruheherd und Antreiber. „Wir haben alle Vorfreude auf die Rückrunde“, sagte Matarazzo. Wenigstens das haben er und Streich sicherlich gemeinsam.

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FOTO: ULRICH HUFNAGEL/IMAGO IMAGES Gegen Arminia Bielefeld kamen der VfB und Roberto Massimo (2. v. re.) mächtig unter die Räder.

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