USA-Experte: „Biden muss sich selbst nichts mehr beweisen“
Wahlkampfexperte und Strategieberater Julius van de Laar über die Amtseinführung und kommende Aufgaben
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URSPRING - Eigentlich war die Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten politischer Alltag, aber doch war diese Zeremonie in Washington allein schon aufgrund der Pandemieumstände eine besondere. Ganz nah verfolgt hat das Geschehen auch USAWahlkampfexperte und Strategieberater Julius van de Laar. Der Urspring-Absolvent zieht dabei eine Parallele zu der Amtseinführung von Barack Obama, welcher er einst vor Ort beigewohnt hatte. Die Rede zur Amtseinführung von Joe Biden war genau das Gegenteil der letzten vier Jahre unter Donald Trump. Sie war geprägt von einer Aufbruchsstimmung und dem Ruf zur Einheit – ähnlich wie damals bei der Antrittsrede von Barack Obama“, sagt van de Laar.
Das Ereignis, auf das am Mittwoch die gesamte Welt geblickt hatte, hat dann auch in Teilen den Experten überrascht. „Viele haben kommentiert, dass die Rede viel Pathos versprühte. So habe ich das nicht empfunden. Aus meiner Sicht hat Joe Biden vor allem Empathie gezeigt und sprach die Seele der Amerikaner an.“Eindrucksvoll sei die Zeremonie gewesen. „Ein paar Zitate sind für mich besonders herausgestochen. Es waren die, bei denen es um Einheit ging und darum, dass es nicht um Macht geht, sondern um Möglichkeiten. Daher passt auch gut, dass er gesagt hat, kein
Kandidat hat gewonnen, sondern die Demokratie“, sagt er.
Insbesondere interessant war es zudem, weil die Amtseinführung genau dort stattgefunden hatte, wo vor zwei Wochen noch wütende Bürger für Chaos gesorgt hatten – die SZ berichtete. Van de Laar ordnete auch diesen Vorfall ein. Biden stünde jetzt vor einer großen Aufgabe. „Wie Obama tritt auch Biden eine Amtszeit mit gigantischen Herausforderungen an. Jeder Präsident hat limitiertes politisches Kapital und er muss sich genau überlegen, für welche Prioritäten er bereit ist, es einzusetzen.“
Dabei helfen wird ihm die neue Vizepräsidenten Kamala Harris. „Kamala Harris spielt eine wichtige Rolle. Zum einen als Präsidentin des 100Köpfigen Sentas. Als Präsidentin des Senats kann Harris als „Stich“die entscheidende 51-50 Mehrheit für die Demokratische Fraktion sichern. Kamala Harris ist aber vor allem auch eine bestechende Kommunikatorin. Ich könnte mir auch gut eine Rolle vorstellen, in der Harris außerhalb von Washington die Politik des Weißen Hauses in der Fläche des Landes verkauft."
Joe Biden selbst kann sich ganz in den Dienst seines Amts werfen. „Joe Biden hat seine politischen Kämpfe geführt. Er muss er sich selbst nichts mehr beweisen“, so van de Laar, der Biden aus nächster Nähe aus seiner Zeit als Wahlkampfhelfer von Obama kennt. „Dass Trump nicht bei der Zeremonie war, finde ich positiv. Natürlich war es ein weiterer Bruch der Normen. Gleichzeitig hat es aber auch die Zäsur verdeutlicht und einen klaren Schnitt gezeigt, jetzt ist das Alte vorbei ist und etwas Neues beginnt", sagt er und fügt an: „Auch in Zukunft wird Trump wahrscheinlich nicht aus den Nachrichten verschwinden, allein schon, wenn das Amtsenthebungsverfahren vom Senat aufgegriffen wird oder auf bundesstaatlicher oder nationaler Ebene Gerichtsverfahren eingeleitet werden.“