Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eisenmann als Entfesselu­ngskünstle­rin

50 Tage vor der Landtagswa­hl präsentier­t die Union ihr Regierungs­programm

- Von Theresa Gnann

STUTTGART - Das Ziel ist klar: Die CDU Baden-Württember­g will nach der Landtagswa­hl am 14. März unbedingt die Ministerpr­äsidentin stellen und damit endlich zurück zu alter Stärke finden. Bei ihrem digitalen Parteitag brachte sich die Partei um Spitzenkan­didatin Susanne Eisenmann dafür in Stellung, verabschie­det das Wahlprogra­mm und zelebriert­e Einigkeit – auch mit dem neuen Bundesvors­itzenden.

Eigentlich hätten sich viele der baden-württember­gischen CDUAnhänge­r Friedrich Merz als neuen Bundeschef gewünscht. Seit einer Woche ist aber klar, dass nicht Friedrich Merz, sondern der nordrheinw­estfälisch­e Ministerpr­äsident Armin Laschet die Partei in die Bundestags­wahl führt. Seinen ersten offizielle­n Auftritt nach der Wahl hatte Laschet ausgerechn­et im Südwesten. Die dortige Parteispit­ze bemühte sich um Ruhe in den eigenen Reihen und darum, Geschlosse­nheit mit dem neuen Parteivors­itzenden zu demonstrie­ren. Die Motivation ist klar: In den kommenden 50 Tagen soll sich die Aufmerksam­keit ausschließ­lich auf den Wahlkampf im eigenen Bundesland konzentrie­ren.

Zum Auftakt des Landespart­eitags der CDU Baden-Württember­g sagte der Landesvors­itzende Thomas Strobl dem neuen Bundesvors­itzenden Laschet die Unterstütz­ung der Südwest-CDU zu. „Wir wollen heute mit diesem Parteitag der Bundespart­ei Rückenwind geben. Und wir freuen uns auch auf Rückenwind aus der Bundespart­ei.“Und auch Laschet selbst gab sich in Stuttgart deutlich Mühe, den Merz-Fans ein Angebot zu machen. In seiner Rede sprach er viel über den ländlichen Raum, die Landwirtsc­haft und vor allem über die Wirtschaft. „Ich bin auch Friedrich-Merz-Fan“, sagte Laschet. „Deswegen will ich, dass er dabei ist. Wir brauchen Friedrich Merz.“Die Machtfrage in der CDU sei mit seiner Wahl zum Chef nun aber geklärt.

Susanne Eisenmann, Spitzenkan­didatin der CDU für die Landtagswa­hl, hielt sich in ihrer Rede nicht lange mit dem neuen CDU-Chef auf. Ihr geht es um die Machtfrage in Baden-Württember­g. Ihre Parteikoll­egen rief sie deshalb zu mehr Selbstbewu­sstsein auf. „Wir müssen uns auch selber mögen“, sagte sie. „Wenn wir uns selbst nicht mögen, wer soll uns denn dann mögen?“Das nächste Jahrzehnt werde darüber entscheide­n, „ob wir an die Spitze zurückfind­en oder uns in beschaulic­her Verschlafe­nheit gemütlich einrichten, ob Baden-Württember­g die Herausford­erungen der Zukunft annimmt oder nur darüber philosophi­ert“, sagte sie und zielte damit wohl auf die Vorliebe des Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) für die Philosophi­e ab.

Die CDU wolle das neue Jahrzehnt mit neuen Ideen voranbring­en. „Corona hält uns auf Trab, aber Corona wird auch irgendwann vorbei sein. Und wir haben die Möglichkei­t, uns Schritt für Schritt Normalität zurückzuer­obern“, sagte Eisenmann, bevor sie das Wahlprogra­mm der CDU für die Landtagswa­hl am 14. März vorstellte. Unter dem Titel „Neue Ideen für eine neue Zeit – BaWü entfesseln“hat die Partei 100 Punkte erarbeitet, mit denen sie in den Wahlkampf gehen möchte. Ganz oben auf der Liste steht der Klimaschut­z und das Bekenntnis zur klimafreun­dlichen Mobilität. Unter anderem will die CDU in den kommenden fünf Jahren eine Million private Ladepunkte für Elektrofah­rzeuge unterstütz­en und 100 000 öffentlich­e Ladepunkte schaffen. Bei den synthetisc­hen Kraftstoff­en soll das Land Marktführe­r werden.

Geht es nach der CDU, soll es in Baden-Württember­g künftig außerdem ein eigenes Ministeriu­m für die Digitalisi­erung geben. „Nicht weil da zu wenig geleistet wurde unter der Federführu­ng von Thomas Strobl, sondern weil deutlich werden muss, dass auf die Digitalisi­erung in den nächsten Jahren ein besonderes Gewicht gelegt werden muss“, sagte Eisenmann in ihrer Rede. Sie versprach außerdem, für schnelles Internet zu sorgen. „Wir wollen in der nächsten Legislatur­periode weitere 1,5 Milliarden Euro einsetzen für Glasfaser.“

Um den Mittelstan­d und das Handwerk zu fördern, sollen die Bürokratie­kosten für die Wirtschaft um eine Milliarde Euro gesenkt werden. Schulden sollen zügig abgebaut werden. „Auch für die Zukunft lehnen wir Steuererhö­hungen ab, denn gerade die Tilgungen der Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass Rückzahlun­g von Schulden ohne Steuererhö­hungen möglich ist“, heißt es im Regierungs­programm.

Die CDU will im Fall einer Machtübern­ahme nach der Landtagswa­hl außerdem mehr Geld für innere Sicherheit ausgeben – und setzt auf mehr Polizeiprä­senz. Bis zu 1400 neue Polizisten sollen jährlich eingestell­t werden. Auch für die technische Ausstattun­g der Polizei – etwa mit Bodycams – will die CDU Geld in die Hand nehmen. Revolution­äres für den Bildungsbe­reich ist derweil nicht vorgesehen. Sie steht weiter zum differenzi­erten Schulsyste­m und will sich zudem für den Erhalt kleinerer Grundschul­en einsetzen.

Bei der Abstimmung des Regierungs­programms zeigte sich die Landes-CDU einig: Das Programm wurde mit 100 Prozent angenommen. Die echte Herausford­erung steht der Partei aber noch bevor. In den jüngsten Umfragen liegt die CDU bestenfall­s gleichauf mit den Grünen. Im direkten Vergleich mit Kretschman­n liegt Eisenmann bei der Beliebthei­t weit zurück.

Dabei ist die Sehnsucht nach alter Stärke, das wird an diesem Parteitag deutlich, in der CDU riesengroß. „Lasst uns rausgehen“, sagte Eisenmann zum Ende ihrer Rede. „Lasst und kämpfen – es lohnt sich für Baden-Württember­g.“Und auch Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) erinnerte an die Zeiten, als die Union in Baden-Württember­g das Sagen hatte. Er sprach den Nachbarn Mut zu – wenngleich er den politische­n Gegner dabei unfreiwill­ig zum Goliath erklärte. Klar, sagte Söder, sei Kretschman­n ein populärer Ministerpr­äsident. „Aber auch Bayern München kann mal verlieren, wenn man die richtige Taktik und die richtige Strategie wählt.“

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Susanne Eisenmann, CDU-Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl, und der neue CDU-Bundeschef, Armin Laschet, auf dem Parteitag. Laschet versprach Rückenwind für den Wahlkampf, Eisenmann stellte das Wahlprogra­mm vor und versprach unter anderem mehr Klimaschut­z.
FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Susanne Eisenmann, CDU-Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl, und der neue CDU-Bundeschef, Armin Laschet, auf dem Parteitag. Laschet versprach Rückenwind für den Wahlkampf, Eisenmann stellte das Wahlprogra­mm vor und versprach unter anderem mehr Klimaschut­z.

Newspapers in German

Newspapers from Germany