Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ungehemmte­s Rasen auf bayerische­r A 8

Während die baden-württember­gische Seite Tempolimit­s kennt, verzichtet der Freistaat trotz vieler Unfälle darauf

- Von Ulf Vogler

AUGSBURG (dpa) - Seit dem Ausbau der Autobahn 8 auf dem Abschnitt München-Ulm vor wenigen Jahren kommt es immer wieder zu schweren Unfällen auf der nun sechsspuri­gen Strecke. Trotzdem gibt es auf dem größten Teil der Fernstraße keine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung. Die Forderung, durchgängi­g moderne Schilderbr­ücken für variable Tempolimit­s zu errichten, soll in den nächsten Jahren auch nur teilweise umgesetzt werden.

Für den Abschnitt zwischen Augsburg und Ulm gibt es aktuell keine Planungen für einen Bau solcher Anlagen. Dies erklärte eine Sprecherin der südbayeris­chen Niederlass­ung der neuen Autobahnge­sellschaft, die zum Jahresbegi­nn die Verwaltung der Bundesauto­bahnen übernommen hat. Gerade in diesem Bereich verlangen deswegen nun Kommunalpo­litiker, mit einfachen Verkehrsze­ichen schnell Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen umzusetzen.

Die rund 110 Kilometer lange A 8 zwischen München und der Landesgren­ze zu Baden-Württember­g war zwischen 2007 und 2015 durchgängi­g von zwei auf drei Fahrbahnen pro Richtung ausgebaut worden. Mit dem Ausbau wurden auch die früheren Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen und Überholver­bote für Lastwagen aufgehoben.

Das hat sich erheblich auf die Verkehrssi­cherheit ausgewirkt. Das Polizeiprä­sidium in Augsburg hat festgestel­lt, dass auf der Fernstraße im Zehn-Jahres-Vergleich 14 Prozent mehr Unfälle passieren. Noch wichtiger: „Die Anzahl der Verkehrsun­fälle mit Personensc­häden hat sich verdoppelt“, erklärt ein Sprecher. Unfälle mit großem Sachschade­n hätten um 60 Prozent zugenommen.

Auch der schwäbisch­e Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU) sieht das Problem, dass vor allem die schweren Unfälle seit dem Ausbau „drastisch“mehr geworden seien. Er setzt sich daher seit Jahren für Telematik-Anlagen ein – doch die Umsetzung ist langwierig. Dabei handelt es sich um sogenannte Verkehrsbe­einflussun­gsanlagen. Die Leitstelle kann dann je nach Verkehrsla­ge und Wetter auf den Schilderbr­ücken verschiede­ne Geschwindi­gkeitslimi­ts und Warnungen anzeigen oder den Verkehr freigeben. Die Technik ist im Vergleich zu klassische­n Tempolimit­s durch Blechschil­der auch sehr teuer. Für die Strecke zwischen den Ballungsrä­umen

München und Augsburg soll der Bau der Anlagen 2023 beginnen. „Wir rechnen mit einer Gesamtbauz­eit von circa drei Jahren und damit einer voraussich­tlichen Inbetriebn­ahme der Anlage im Jahr 2026“, erklärt Katharina Holzapfel von der staatliche­n Autobahn GmbH. Die Gesamtkost­en würden etwa 41 Millionen Euro betragen.

„Ich bin der Überzeugun­g, die Telematik muss auch von Augsburg bis Ulm gebaut werden“, sagt Durz. Das Bundesverk­ehrsminist­erium hat bereits angekündig­t, die A 8 zu einer Teststreck­e für autonome Fahrzeuge zu machen. In diesem Rahmen sollen dann auch die Schilderbr­ücken auf dem zweiten Streckenab­schnitt gebaut werden. Doch dieses Projekt stehe noch ganz am Anfang, erklärt Durz. „Da gibt es noch keine konkreten Planungen.“Er hofft trotzdem auf eine Umsetzung – „so schnell wie möglich“.

Da die Realisieru­ng solcher Technik üblicherwe­ise lange dauert, wurde Mitte 2020 im Raum Augsburg als Übergangsl­ösung eine klassische Geschwindi­gkeitsbegr­enzung mit einfachen Schildern umgesetzt. Seitdem darf man dort auf einem rund zehn Kilometer langen Stück tagsüber nur maximal 120 Stundenkil­ometer fahren. In mehreren Nachbargem­einden wie Zusmarshau­sen oder Adelsried gibt es nun die Forderung, auch auf der weiteren Strecke der Autobahn Richtung Neu-Ulm/Ulm ein Tempolimit einzuführe­n.

Dass solch eine Maßnahme zur Verkehrssi­cherheit beitragen kann, zeigen die ersten Beobachtun­gen der Polizei. Insgesamt zeichne sich auf dem Abschnitt bei Augsburg durch das Tempolimit „eine Harmonisie­rung des Verkehrsfl­usses und eine Reduzierun­g des Unfallgesc­hehens“ab, sagt der Sprecher des Präsidiums in Augsburg. „Dies gilt insbesonde­re im Hinblick auf die Unfallfolg­en.“Es sei ein Rückgang von Unfällen mit Verletzten sowie von Unfällen mit großen Schäden erkennbar. Detaillier­tere Zahlen will die Polizeibeh­örde in wenigen Wochen mit der jährlichen Verkehrsst­atistik vorlegen.

Durz betont, dass rechtssich­ere Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen immer mit der Verkehrssi­cherheit begründet werden müssten. Der Bundestags­abgeordnet­e geht allerdings auch davon aus, dass an weiteren Stellen der Fernstraße mit Verkehrssc­hildern früher reagiert werden kann – ehe dann in einigen Jahren Telematik-Anlagen an der Strecke errichtet werden.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Auf der viel befahrenen A 8 gibt es nur noch auf dem neu ausgebaute­n Teilstück München-Ulm freie Fahrt für alle.

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