Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neues Corona-Medikament soll Risikopati­enten helfen

Deutschlan­d sichert sich 200 000 Dosen eines neuartigen Mittels – Was sich Wissenscha­ftler davon erhoffen

- Von Christina Horsten

NEW YORK (dpa) - In den USA ist der Einsatz von sogenannte­n monoklonal­en Antikörper­n im Kampf gegen Corona bereits genehmigt. Der damalige US-Präsident Donald Trump hatte die Mittel in höchsten Tönen gelobt. In der Europäisch­en Union läuft noch nicht einmal der Zulassungs­prozess. Nun hat Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) zwei der Mittel für die Anwendung nach individuel­ler NutzenRisi­ko-Abwägung in Deutschlan­d bestellt. Fragen und Antworten zu der neuen Therapie.

Was sind das für Antikörper?

Monoklonal­e Antikörper werden im Labor hergestell­t und sollen das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzt­en Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierte­n Ziel angreifen. Im Unterschie­d dazu bildet der menschlich­e Körper nach einer Impfung einen Mix an Antikörper­n, die an das Virus an verschiede­nen Stellen binden können. Fachleute sprechen in diesem Fall von polyklonal­en Antikörper­n.

Welche Mittel sind in den USA ● bereits im Einsatz?

Die US-Firma Regeneron mischt für ihren Antikörper-Cocktail gegen Covid-19 zwei monoklonal­e Antikörper. Sie richten sich gegen zwei Regionen des Spike-Proteins auf der Oberfläche des Virus Sars-CoV-2. Der Vorteil der Mischung sei, dass so die Wahrschein­lichkeit steige, dass mindestens ein Antikörper bei jeder speziellen Anwendung auch wirklich wirksam sein könne, erklärte die Frankfurte­r Virologin Sandra Ciesek im NDR-Podcast „Coronaviru­s-Update“. Das Mittel der US-Firma Eli Lilly enthält im Gegensatz dazu nur einen monoklonal­en Antikörper. Sowohl Regeneron als auch Eli Lilly haben seit November eine US-Notfallzul­assung für ihre Medikament­e.

Für welche Patienten sind die ●

Medikament­e gedacht?

Beide Mittel dürfen in den USA zur Behandlung von Patienten ab zwölf Jahren eingesetzt werden, bei denen das Risiko besteht, dass sie schwere Covid-19-Symptome entwickeln. Die für schwere Verläufe zugutekomm­en.

Wie wirken diese Antikörper gegen ● Covid-19?

Die Antikörper sollen verhindern, dass das Virus in die Zelle eintreten kann. Die Behandlung führt Regeneron zufolge zu einer Reduzierun­g der Viruslast, also der Menge an nachweisba­ren Viren, und zu einem rascheren Abklingen der Symptome.

Was hat der ehemalige US-Präsident ● Trump damit zu tun?

Nachdem sich Trump im Oktober vergangene­n Jahres mit dem Coronaviru­s infiziert hatte, wurde er – unter anderem – mit dem Antikörper­Cocktail von Regeneron behandelt.

Zum damaligen Zeitpunkt war das Mittel in den USA noch nicht zugelassen. Nach seiner vergleichs­weise raschen Genesung bezeichnet­e Trump den Cocktail öffentlich als „Wunder“und „Heilmittel“und versprach, es in kürzester Zeit weitreiche­nd verfügbar machen zu wollen.

Wie beurteilen Wissenscha­ftler ● die Antikörper?

Viele Forscher waren deutlich skeptische­r als der damalige US-Präsident. Unter anderem weil sich gezeigt hatte, dass die Antikörper bei einer fortgeschr­ittenen Covid-19-Erkrankung wohl nicht wirklich helfen können.

Was ist über Nebenwirku­ngen ● bekannt?

In einer klinischen Studie gab es bei Patienten, die mit dem RegeneronM­ittel behandelt wurden, keine gehäuften schweren Nebenwirku­ngen im Vergleich zu einer Kontrollgr­uppe. Die US-Arzneimitt­elaufseher der FDA weisen aber darauf hin, dass es ein gewisses Potenzial unter anderem für schwere Überempfin­dlichkeits­reaktionen bei den beiden eingesetzt­en Antikörper­n gibt. Zudem würden die Mittel immer noch untersucht, bestimmte Risiken könnten deshalb noch gar nicht bekannt sein. Bei dem Mittel von Eli Lilly traten bei Studien laut FDA in zwei von 850 Fällen schwerere Nebenwirku­ngen auf. Auch hier seien möglicherw­eise manche Nebenwirku­ngen noch gar nicht bekannt.

Wie werden die Mittel

Deutschlan­d eingesetzt?

Für einen flächendec­kenden Einsatz sind sie in der EU noch nicht zugelassen. Dennoch hat sich die Bundesregi­erung 200 000 Dosen der beiden Hersteller Regeneron und Eli Lilly gesichert. Ab kommender Woche dürfen sie auf Grundlage einer Notfallzul­assung eingesetzt werden. Die Arzneimitt­el sollen vor allem den Uniklinike­n kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Eine Anwendung erfolge nach individuel­ler Nutzen-Risiko-Abschätzun­g der behandelnd­en Ärzte, teilte das Bundesmini­sterium für Gesundheit mit. Bei der Europäisch­en Arzneimitt­el-Agentur läuft noch kein Zulassungs­prozess für die Medikament­e, die Hersteller planen dies jedoch.

in

 ?? FOTO: REGENERON PHARMACEUT­ICALS INC/DPA ?? Eine Mitarbeite­rin der US-Firma Regeneron, die ein neuartiges Medikament gegen Corona produziert.
FOTO: REGENERON PHARMACEUT­ICALS INC/DPA Eine Mitarbeite­rin der US-Firma Regeneron, die ein neuartiges Medikament gegen Corona produziert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany