Durch korrekte Formulierungen Haltung zeigen
Dagmar Wirtz spricht in Ehingen über nicht-diskriminierende, wertschätzende Sprache
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EHINGEN - Darf ich noch Putzfrau, Schwarzer oder Zigeunerschnitzel sagen oder ist das bereits diskriminierend? Die Politikwissenschaftlerin und Soziologin Dagmar Wirtz hat in einem Onlinevortrag der Volkshochschule Ehingen mit 18 Teilnehmern über „political correctness“in der Sprache informiert. „Was ist nicht diskriminierend, nicht beleidigend und wertschätzend? Der oder die Betroffene sollen sich nicht zurückgesetzt fühlen“, erklärte Dagmar Wirtz. So wird ein Eskimo jetzt Inuit, ein Zigeuner Sinti oder Roma und eine Putzfrau zur Raumpflegerin. Dass ein Postbote Briefzusteller und ein Hausmeister als Facility Manager korrekt bezeichnet werden soll, erschloss sich den Teilnehmern des Onlinevortrages,
die sich jederzeit ins Gespräch einbringen konnten, nicht unbedingt. Geregelt ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dass niemand wegen seiner Herkunft, Geschlecht oder Sexualität benachteiligt werden darf. „Als Grundregel gilt, Wertschätzung heißt Haltung zeigen“, sagte Dagmar Wirtz. Was einen negativen Beiklang haben könnte, wird durch positiv besetzte Begriffe ersetzt.
Schwererziehbar könnte dann verhaltensoriginell sein, aus einem alten wird ein lebenserfahrener Mensch, aus Behinderten Menschen mit Behinderungen. „Zu anstrengend nicht zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist“, meinte die Gesprächsrunde von Dagmar Wirtz. „Wie viel Anstrengung ist Gleichheit wert, was ist übertrieben, was stört den natürlichen Sprachfluss?“fragte sie dagegen.
Fest steht, dass im Internet der
Ton immer rauer wird, Grenzen überschritten werden, Hasssprüche vor allem gegen Frauen immer vulgärer werden. „Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie mit „Ey Alter, Tattergreis, alte Vettel, fette Tussi oder ,bist du behindert’ bezeichnet werden? Inwieweit hat das noch mit Respekt zu tun? Bedeutet Meinungsfreiheit auch Schwachsinn behaupten zu dürfen?“, fragte die Referentin. In der diskrimierungsfreien Sprache muss ausdrücklich vermieden werden, was andere beleidigt oder herabsetzt, ist eine These von „political correctness“. „Wenn eine Person sich herabgesetzt fühlt durch die Bezeichnung, ist es diskriminierend. Es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch, es geht um den sensiblen Umgang mit Menschen, über die gesprochen wird“, erklärte Wirtz.
Ein anderes Thema waren die sprachlich vorherrschenden männlichen Formen, die immer noch häufig gebraucht werden. Kein Mensch würde ernsthaft ein Rednerpult als Rednerinnenpult bezeichnen, warum nicht einfach Redepult sagen oder zu Studenten und Studentinnen Studierende, zu Lehrer und Lehrerinnen Lehrkräfte. „Das alles ist ein Reizthema, das oft leidenschaftlich diskutiert wird – eine gemeinsame Form oder das Gendersternchen. Fühlt sich die Frau diskriminiert, wird der Mann um seine Identität gebracht. Da ist Kreativität gefragt.“Als Fazit sagte Dagmar Wirtz: „Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Denken, Sprechen und Handeln. Schon Konfuzius meinte, für das Hirn bedeutet es keinen Unterschied, ob wir verbal oder körperlich angegriffen werden.“