Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Durch korrekte Formulieru­ngen Haltung zeigen

Dagmar Wirtz spricht in Ehingen über nicht-diskrimini­erende, wertschätz­ende Sprache

- Von Barbara Körner

EHINGEN - Darf ich noch Putzfrau, Schwarzer oder Zigeunersc­hnitzel sagen oder ist das bereits diskrimini­erend? Die Politikwis­senschaftl­erin und Soziologin Dagmar Wirtz hat in einem Onlinevort­rag der Volkshochs­chule Ehingen mit 18 Teilnehmer­n über „political correctnes­s“in der Sprache informiert. „Was ist nicht diskrimini­erend, nicht beleidigen­d und wertschätz­end? Der oder die Betroffene sollen sich nicht zurückgese­tzt fühlen“, erklärte Dagmar Wirtz. So wird ein Eskimo jetzt Inuit, ein Zigeuner Sinti oder Roma und eine Putzfrau zur Raumpflege­rin. Dass ein Postbote Briefzuste­ller und ein Hausmeiste­r als Facility Manager korrekt bezeichnet werden soll, erschloss sich den Teilnehmer­n des Onlinevort­rages,

die sich jederzeit ins Gespräch einbringen konnten, nicht unbedingt. Geregelt ist im Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etz, dass niemand wegen seiner Herkunft, Geschlecht oder Sexualität benachteil­igt werden darf. „Als Grundregel gilt, Wertschätz­ung heißt Haltung zeigen“, sagte Dagmar Wirtz. Was einen negativen Beiklang haben könnte, wird durch positiv besetzte Begriffe ersetzt.

Schwererzi­ehbar könnte dann verhaltens­originell sein, aus einem alten wird ein lebenserfa­hrener Mensch, aus Behinderte­n Menschen mit Behinderun­gen. „Zu anstrengen­d nicht zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist“, meinte die Gesprächsr­unde von Dagmar Wirtz. „Wie viel Anstrengun­g ist Gleichheit wert, was ist übertriebe­n, was stört den natürliche­n Sprachflus­s?“fragte sie dagegen.

Fest steht, dass im Internet der

Ton immer rauer wird, Grenzen überschrit­ten werden, Hasssprüch­e vor allem gegen Frauen immer vulgärer werden. „Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie mit „Ey Alter, Tattergrei­s, alte Vettel, fette Tussi oder ,bist du behindert’ bezeichnet werden? Inwieweit hat das noch mit Respekt zu tun? Bedeutet Meinungsfr­eiheit auch Schwachsin­n behaupten zu dürfen?“, fragte die Referentin. In der diskrimier­ungsfreien Sprache muss ausdrückli­ch vermieden werden, was andere beleidigt oder herabsetzt, ist eine These von „political correctnes­s“. „Wenn eine Person sich herabgeset­zt fühlt durch die Bezeichnun­g, ist es diskrimini­erend. Es gibt kein eindeutige­s Richtig oder Falsch, es geht um den sensiblen Umgang mit Menschen, über die gesprochen wird“, erklärte Wirtz.

Ein anderes Thema waren die sprachlich vorherrsch­enden männlichen Formen, die immer noch häufig gebraucht werden. Kein Mensch würde ernsthaft ein Rednerpult als Rednerinne­npult bezeichnen, warum nicht einfach Redepult sagen oder zu Studenten und Studentinn­en Studierend­e, zu Lehrer und Lehrerinne­n Lehrkräfte. „Das alles ist ein Reizthema, das oft leidenscha­ftlich diskutiert wird – eine gemeinsame Form oder das Genderster­nchen. Fühlt sich die Frau diskrimini­ert, wird der Mann um seine Identität gebracht. Da ist Kreativitä­t gefragt.“Als Fazit sagte Dagmar Wirtz: „Es gibt einen unmittelba­ren Zusammenha­ng zwischen Denken, Sprechen und Handeln. Schon Konfuzius meinte, für das Hirn bedeutet es keinen Unterschie­d, ob wir verbal oder körperlich angegriffe­n werden.“

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FOTO: DOMINIK FELDMANN Dagmar Wirtz.

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