Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Karlsruhe weist Klage von Frauen zu Parität ab

Parteien dürfen ihre Listen für die Bundestags­wahl weiterhin unabhängig vom Geschlecht besetzen

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KARLSRUHE (AFP) - Im schwelende­n Streit um die Parität der Geschlecht­er im Bundestag hat sich das Bundesverf­assungsger­icht geäußert: Die Karlsruher Richter wiesen eine Klage von Frauen ab, die gesetzlich regeln lassen wollten, dass Parteien ihre Wahllisten abwechseln­d mit Männern und Frauen besetzen müssen. Sie hätten nicht hinreichen­d begründet, dass der Gesetzgebe­r zum Handeln verpflicht­et sei, entschied das Gericht laut Mitteilung vom Dienstag.

Die Klägerinne­n hatten zuerst Einspruch gegen die Bundestags­wahl von 2017 eingelegt. Seit dieser Wahl beträgt der Anteil von weiblichen Abgeordnet­en nur noch 31 Prozent. Dass Frauen und Männer nicht paritätisc­h nominiert würden, verletze sowohl die Gleichbere­chtigung als auch das Grundrecht auf passive Wahlgleich­heit – also Chancengle­ichheit – und das Demokratie­prinzip, argumentie­rten die Klägerinne­n.

Das geltende Recht benachteil­ige Frauen. Diese seien dadurch im Parlament unterreprä­sentiert. Nachdem der Bundestag den Einspruch im Mai 2019 zurückgewi­esen hatte, zogen die Frauen mit einer Wahlprüfun­gsbeschwer­de vor das Bundesverf­assungsger­icht.

Das Gericht folgte ihrer Argumentat­ion jedoch nicht. Die Klage sei unzulässig, entschied es stattdesse­n. Die Klägerinne­n hätten nicht dargelegt, dass der Gesetzgebe­r für die passive Wahlrechts­gleichheit Parität bei den Listen durchsetze­n müsste. Eine solche Anordnung könnte sogar der Chancengle­ichheit widersprec­hen – mit dieser Frage setze sich die Klage aber nicht ausreichen­d auseinande­r.

Ebensoweni­g mache sie deutlich, warum das Demokratie­prinzip eine gesetzlich­e Regelung gebiete. Für die Vertretung des Volks komme es nicht darauf an, „dass sich das Parlament als verkleiner­tes Abbild“der Wählerscha­ft darstelle, teilte das Gericht mit. Die Beschwerde­führerinne­n hätten sich auch nicht genügend damit auseinande­rgesetzt, ob durch ein Paritätsge­setz in die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl und der Parteienfr­eiheit eingegriff­en werde.

Ob ein solches Gesetz grundsätzl­ich verfassung­sgemäß wäre, entschiede­n die Karlsruher Richter aber nicht. Politisch ist die Frage seit Langem äußerst umstritten. Grüne und Linke besetzen ihre Wahllisten freiwillig paritätisc­h, die SPD hat eine Quote von mindestens 40 Prozent eingeführt. Eine zunächst geplante Wahlrechts­reform konnte aber im Bundestag nicht durchgeset­zt werden, auch für eine Kommission zum Thema Geschlecht­erparität fand sich keine Mehrheit. Paritätsge­setze in Brandenbur­g und Thüringen scheiterte­n vor den dortigen Verfassung­sgerichten.

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