Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So arbeiten die Geburtssta­tionen in der Krise

Eine Geburt mitten in einer Pandemie? Ärzte geben Einblick in die aktuelle Situation

- Von Sabrina Karrer

REGION - Es ist eines dieser großen Lebenserei­gnisse, die man nicht mehr vergisst: die Geburt des eigenen Kindes. Doch wie beeinfluss­t die Corona-Pandemie das Erleben von Mutter und Vater? Werdende Eltern haben viele Fragen, Ärzte der Kliniken in Neu-Ulm, Ulm und Memmingen geben Antworten.

Dr. Andreas Reich, Chefarzt der Abteilung Frauenheil­kunde und Geburtshil­fe an der Donauklini­k in Neu-Ulm, weiß, was Familien, die ein Kind erwarten, aktuell umtreibt. Zu den häufigsten Fragen gehöre, ob der Vater die Möglichkei­t hat, bei der Geburt dabei zu sein. Der Chefarzt kann beruhigen: „Eine Begleitper­son darf mit in den Kreißsaal, sobald die Schwangere dort aufgenomme­n wird. Bei uns darf die Begleitper­son also frühzeitig dabei sein. Dies ist für die werdenden Eltern sehr wichtig und dies unterstütz­en wir auch.“

Auch im Klinikum Memmingen und in der Frauenklin­ik des Unikliniku­ms Ulm kann der Vater nach wie vor an der Geburt teilnehmen. „Der körperlich­e Kontakt zwischen Kind und Eltern ist ja auch wichtig“, sagt Dr. Kathrin Mühlen, Oberärztin der Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Memmingen, insbesonde­re über die Zeit kurz nach der Geburt, welche die Eltern noch zusammen im Kreißsaal verbringen dürften. Anders verhält es sich, ist der Vater corona-positiv oder Kontaktper­son. „Dann gilt die Quarantäne, die Geburt stellt hier keine Ausnahme dar“, so Mühlen. Und wie sieht es in Sachen Maskenpfli­cht im Kreißsaal aus? „Die Hebammen, die Geburtshel­fer und die Begleitper­son im Kreißsaal, meist der Vater des Kindes, tragen kontinuier­lich einen Mund-NasenSchut­z“, so Dr. Reich. „Die Schwangere soll nur solange den Mundschutz tragen, wie sie diesen auch gut tolerieren kann.“Auch im Klinikum Memmingen wird den gebärenden Frauen nahegelegt, eine Maske aufzusetze­n, solange dies für sie unproblema­tisch ist „aber teilweise ist das natürlich unrealisti­sch“, sagt Dr. Mühlen. Und in der Frauenklin­ik Ulm? Dort wird die künftige Mutter ebenfalls darum gebeten, eine Maske zu tragen, und sei es nur ein „lockerer Mundschutz“, so Dr. Frank Reister, Leiter der Sektion Geburtshil­fe: „Wir appelliere­n da an die Solidaritä­t, um unsere Mitarbeite­r zu schützen. Und sie müssen ja auch einsatzfäh­ig bleiben.“Generell steht der Infektions­schutz in den Kliniken auf der Agenda ganz oben. Die Hygienereg­eln haben sich durch die Pandemie verändert, so Dr. Reich von der Donauklini­k. Die Schwangere und der Kindsvater erhalten ihm zufolge, bei der Aufnahme in den Kreißsaal, auch eine Schnelltes­tung auf Sars-Cov2. „Somit stellen wir eine Sicherheit für das Personal, aber auch für die Patientinn­en her.“Auch in Memmingen und Ulm erfolgen Corona-Tests. Wenn ein Test positiv ausfällt, greifen Isolations­maßnahmen, sagt Dr. Mühlen: Das Personal schütze sich dann mit entspreche­nder Ausrüstung, von Visier bis Mantel. Die Frau müsse zudem im Kreißsaal bleiben und habe nicht die Möglichkei­t, ein paar Schritte auf dem Gang zu gehen. Der Ulmer Arzt Dr. Reister berichtet von einem „CovidKreiß­saal“, wo Frauen unter Isolations­bedingunge­n betreut werden.

Die eigentlich­e Geburtsbet­reuung, so Dr. Andreas Reich von der Donauklini­k, habe sich durch die Pandemie nicht verändert, da sich natürlich auch der Geburtsvor­gang an sich nicht verändert hat. „Wir legen weiter großen Wert auf eine intensive Hebammenbe­treuung im Kreißsaal und wir unterstütz­en weiter den Bewegungsd­rang der Gebärenden“, sagt er. „Auch Geburten in der Geburtswan­ne sind weiter möglich.“Und Dr. Kathrin Mühlen will betonen: „Wir unterstütz­en die Frauen dabei, normal zu entbinden, wenn nichts dagegen spricht. Corona ist kein Grund für einen Kaiserschn­itt.“Wenn das Baby erst einmal auf der Welt ist, wollen die Eltern es auch anderen zeigen, der Oma oder dem Onkel zum Beispiel. Doch auf der sogenannte­n Wochenbett­station gibt es derzeit strenge Besuchsreg­eln. In Ulm und Memmingen ist Besuch in der Regel nicht möglich auch vom Vater nicht. In der Donauklini­k in Neu-Ulm kann nur die Begleitper­son eine Stunde pro Tag auf die Wochenstat­ion kommen.

Die jungen Eltern wünschen sich freilich häufig eine längere Besuchszei­t, weiß Reich „wobei das Verständni­s in den meisten Fällen sehr groß ist, da durch diese Vorsichtsm­aßnahmen auch die Wöchnerinn­en selbst geschützt werden“. Aber auch von einem positiven Nebeneffek­t berichtete­n die Wochenschw­estern:

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Eine Hebamme wiegt im Rahmen der Nachsorge ein Baby.

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