Essen schmeißt Leverkusen aus dem Pokal
Bayer dominiert lange die Partie beim Regionalligisten, führt in der Verlängerung und verliert das Spiel noch
ESSEN (dpa/SID) - Rot-Weiss Essens Pokalhelden aus der Regionalliga warfen sich auf den völlig ramponierten Rasen. Trainer Christian Neidhart schrie sein Glück in den Nachthimmel. In einer dramatischen Partie mit späten Treffern hat der klassentiefste Club den großen Favoriten Bayer Leverkusen im Achtelfinale aus dem Wettbewerb geworfen. Durch das 2:1 nach Verlängerung nach 90 torlosen regulären Minuten steht RWE erstmals seit 27 Jahren in der Runde der letzten Acht.
„Was wir als Mannschaft geleistet haben, wirklich unfassbar“, sagte der überragende Essener Torwart Daniel Davari den Freudentränen nahe. „Wenn du 0:1 zurückliegst und dann so zurückkommst – das kann ich gar nicht in Worte fassen. Ich freue mich so sehr.“Der Keeper fragte: „Was sind wir gerade? Viertelfinale? Da müssen wir feiern. Zwei Wochen bin ich nicht mehr ansprechbar jetzt.“
Leon Bailey (105. Minute) traf zwar zunächst für Bayer, doch Oguzhan Kefkir (108.) und Simon Engelmann (117.) sorgten dafür, dass Essen auch im 33. Pflichtspiel innerhalb eines Jahres ungeschlagen blieb. Der Engelmann-Treffer wurde lange überprüft – zählte aber doch. Zuvor hatte der Traditionsverein und CupSieger
von 1953 Arminia Bielefeld und Fortuna Düsseldorf ausgeschaltet. Die blamierten Leverkusener stecken hingegen nach zuvor nur vier Punkten aus sechs Bundesliga-Partien in einer echten Krise. „Nach dem 1:0 sollten wir das Spiel unter Kontrolle haben. Ich weiß nicht, was wir danach machen. Das darf niemals passieren“, schimpfte Torhüter Lukas Hradecky entsprechend sauer.
Bayer war eigentlich mit klaren Absichten nach Essen gereist. Nach dem Aus des FC Bayern in der zweiten Runde schien die Chance auf den Pokalsieg so groß wie lange nicht mehr. „So denken viele andere Clubs auch“, hatte Bayer-Sportchef Rudi Völler kurz vor dem Anpfiff gesagt. Nationalspieler Kerem Demirbay wurde am Morgen vom DFB mit den Worten zitiert: „Wir wollen den Pott nach Leverkusen holen.“
Sein Trainer Peter Bosz war in der Anfangsphase aber nicht gänzlich zufrieden. Zwar dominierte der Bundesligist
erwartungsgemäß, Edmond Tapsoba gab früh den ersten Warnschuss auf das Essener Tor ab (3.). Die Werkself tat sich im Spielaufbau auf dem sichtlich ramponierten Rasen aber schwer. „Mutig! Mutig!“, rief RWE-Trainer Neidhart seinen Spielern zu, die mithielten, aber mit zunehmender Spielzeit immer stärker unter Druck gerieten.
Die größte Bayer-Chance der ersten Halbzeit vergab Patrik Schick. Sein Kopfball landete am Pfosten (24.). Essens Marco Kehl-Gómez schoss in der 40. Minute knapp am Leverkusener Tor vorbei – es blieb lang die beste Möglichkeit der Gastgeber. Noch vor der Pause musste Bayer auf den angeschlagenen Karim Bellarabi verzichten, für ihn kam Moussa Diaby (44.). In der zweiten Halbzeit stellte Bosz mit zwei weiteren Wechseln wieder auf das vertraute 4-3-3-System um. Diaby vergab die nächste Chance zur BayerFührung (49.). Bayer zwang den Regionalligisten in dieser Phase weit in die eigene Hälfte zurück. Immer wieder kamen die Gäste in erfolgsversprechende Abschlusspositionen, immer wieder war Davari gefordert. Den Leverkusenern gingen aber die Ideen aus, RWE kämpfte – und schaffte dann wirklich die Sensation.