Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Aus der Not eine Jugend

Die Deutsche Eishockey Liga entdeckt im Corona-Winter den couragiert­en 2004er-Jahrgang

- Von Joachim Lindinger

Und von Frank Fischöder Vertrauen und Eiszeit bekommt. Nicht, weil man sich kennt, sondern weil offensicht­lich ist: „Moritz Elias hat für seine 16 Jahre sehr gute Ansätze.“Sei er doch – weiß der ausgewiese­ne Spielerent­wickler Fischöder – „eines der größten deutschen Talente seines Jahrgangs“. Also: eine Win-win-Situation, diese Leihe.

Da wird noch mehr kommen, da war der 14. Januar 2021 Etappe – wenngleich denkwürdig­e. In Erinnerung bleibt vorerst ein bemerkensw­ert reflektier­ter junger Mann, der seinem Tor („echt Wahnsinn!“) allzu gern einen Sieg vorgezogen hätte und nach dem 2:3 (selbst-)kritische Worte fand: „Wir haben einfach mehr geschlafen als die.“

„Wir“– dazu gehört seit einigen Wochen auch Roman Kechter, 16 auch er. 2019 noch war er deutscher Meister mit der U15 des EHC 80 Nürnberg, dann folgten ein DNL-Winter beim EV Regensburg (als Topscorer dort) und der Wechsel nach Schweden: Bei

Rögle BK wollte der rechte Außenstürm­er den nächsten Schritt gehen. Täte er wohl gerade, ohne Pandemie. So aber blieb es bei 13 Partien für Rögles U18 und U20, dann war die Ausleihe auf vertrautes Nürnberger Eis die klar bessere Option als Passivität wider Willen, weil der Svenska Ishockeyfö­rbundet den Juniorensp­ielbetrieb aussetzte. Roman Kechter kam, sah ... und verteidigt­e. Offensiv galt er als hochbegabt, doch im Ice-Tigers-Kader kränkelten die Defensiven. Sein DEL-Debüt gab Roman Kechter deshalb auf einer Position, die er allenfalls aus frühesten Eishockeyt­agen kannte – und von einigen wenigen Übungseinh­eiten jetzt in Nürnberg. Verbürgt ist das Staunen des mehr als doppelt so alten, in 672 NHL-Duellen gestählten Tom Gilbert über seinen linken (!) Nebenmann: „Er spielt mit der Selbstvers­tändlichke­it eines Routiniers, er überblickt das ganze Eis.“

Ähnliche Qualitäten bestätigen Beobachter Leo Hafenricht­er. Auch er Jahrgang 2004, auch er Stütze beim Nürnberger U15-Triumph 2019 – Verteidige­r allerdings von Haus aus und noch einmal ein paar Monate jünger als Moritz Elias und Roman Kechter. Die Kölner Haie hatten ihn für ihre DNL-U20 vorgesehen, doch schon in der Vorbereitu­ng bat Trainer Uwe Krupp den Junghai auf Erwachsene­nEis: Testspiel in Iserlohn; Leo Hafenricht­ers 16 Jahre, vier Monate und 13 Tage Lebensalte­r bestimmten die Schlagzeil­en: Clubrekord. Keine Woche später war Leo Hafenricht­er DELDebütan­t: 37 Sekunden stand er beim Penalty-4:5 im rheinische­n Derby gegen die Düsseldorf­er EG auf dem Eis – als Jüngster von gleich fünf U20-Akteuren im Line-up der Gastgeber. Kölns Kapitän Moritz Müller, bekannt für den klaren, scharfen Blick über die Bande hinaus, hielt an diesem Dezemberab­end fest: „Das ist das, was wir machen müssen: die Jungs heranführe­n. Und schon haben wir den Kreis der potenziell­en Nationalsp­ieler erhöht! Schade, dass erst Corona das veranlasst.“

Die Pandemie als Chance? Ja! Glaubt (und weiß mittlerwei­le) Gernot Tripcke, der Geschäftsf­ührer der Deutschen Eishockey Liga: „Die bessere Nachwuchsa­rbeit der letzten Jahre trägt jetzt Früchte, die ersten Jahrgänge kommen jetzt an. Klar hilft auch der durch Corona entstanden­e Kostendruc­k. Mancher Kontingent­spieler, der viel vom Etat auffrisst, ist durch einen jungen deutschen Spieler zu ersetzen.“

Oder einen ganz jungen: Leo Hafenricht­er wird noch bis Sommer 2022 in Spiel und Training Gittermask­e tragen (ist unter 18 ein Muss). Gelegenhei­t, sich zu beweisen, dürfte er in dieser Zeit reichlich bekommen – neuerdings auch beim Kölner DEL2Kooper­ationspart­ner, dem EC Bad Nauheim. Eine Liga tiefer zwar, dafür aber mit fordernder, fördernder Eiszeit. Und mit immer noch erst 16 Jahren, sechs Monaten und fünf Tagen.

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FOTOS: EIBNER-PRESSEFOTO (2); SPORTFOTO ZINK/ALLE IMAGO IMAGES Eigentlich würden sie mit ihren 16 Jahren gerade deutlich älteren Nachwuchss­pielern Probleme bereiten – jetzt ärgern sie gestandene Profis in der DEL: die hochbegabt­en Leo Hafenricht­er (li.), Moritz Elias (Mitte, mit Nürnbergs Trainer Frank Fischöder) und Roman Kechter.
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