„Viel mehr war nicht drin fürs deutsche Team“
Handball: Experten aus Ehingen beurteilen die gerade zu Ende gegangene Weltmeisterschaft
EHINGEN (aw) - Mit einem skandinavischen Endspiel und dem erneuten Triumph von Dänemark ist die Handball-Weltmeisterschaft zu Ende gegangen. Deutschland spielte bei der Titelvergabe keine Rolle, die aufgrund von Verletzungen oder dem freiwilligen Verzicht von Spielern personell geschwächte Mannschaft verpasste das Viertelfinale und schied bereits in der Hauptrunde aus. Die SZ sprach mit Handball-Experten aus Ehingen über die Qualität des in Ägypten ausgetragenen Turniers, den alten und neuen Weltmeister und das Abschneiden der deutschen Auswahl.
Aus Sicht von Winfried Biberacher, früher Trainer der Ehinger Handballer, litt das Turnier unter der großen Zahl an Mannschaften, erstmals nahmen 32 Mannschaften teil. Die Spiele mit zehn, 15 oder 20 Toren Unterschied „waren nicht so toll“. Als die Top-Teams aufeinandertrafen, seien die Begegnungen „prickelnder und technisch besser“gewesen. Zurecht seien Schweden und Dänemark ins Endspiel eingezogen, die Dänen hätten „letztlich verdient“gesiegt. Vor allem dank Torhüter Niklas Landin. „Er hat super gehalten.“Aber auch andere Spieler des neuen Weltmeisters fielen Biberacher auf – nicht nur erfahrene wie der mehrmalige Welt-Handballer Mikkel Hansen, der sieben Treffer zum 26:24-Sieg gegen Schweden beisteuerte, sondern auch jüngere wie Jacob Holm, dem der dänische Trainer Nikolaj Jacobsen im Endspiel das Vertrauen schenkte und der durch vier Tore und „Top-Anspiele“an den Kreis überzeugte. „Bei Holms Einwechslung dachte ich mir: Jacobsen, Du bist aber mutig“, so Biberacher. „Holm hatte zuvor ja nicht so viel gespielt.“Doch es zahlte sich aus.
„Enttäuscht“sei er dagegen von der deutschen Mannschaft gewesen, sagt Winfried Biberacher. „Den Einzug
ins Viertelfinale hätten sie schon packen können.“Doch leistete sich das Team in wichtigen Partien immer wieder Schwächephasen – wie im Hauptrundenspiel gegen Spanien, als Deutschland in der zweiten Halbzeit mit drei Toren Vorsprung führte (25:22) und am Ende doch verlor (28:32). So etwas ziehe sich wie ein roter Faden durch die vergangenen Jahre. „Anderen Mannschaften passiert das nicht.“Biberacher, dem schon vor dem WM-Turnier bewusst war, dass es wegen des Fehlens vieler Stammkräfte nicht zu einem Top-5-Platz reichen würde, sah auch Positives im deutschen Team: „Manche Spieler haben sich gut verkauft“, sagt er und verweist auf Philipp Weber und den erst 23-jährigen Johannes Golla. „Sie haben sich empfohlen.“
„Die Halbfinals und das Endspiel waren der Hammer, Top-Spiele“, sagt Marko Gegic, Trainer der Ehinger
Bezirksliga-Handballer. Vor allem die Torhüter der Finalisten, Niklas Landin und Andreas Palicka, hätten ihn überzeugt – der Däne noch einen Tick mehr als der Schwede. „Landin war im Finale ausschlaggebend.“Gegönnt hätte Gegic den WM-Triumph auch den Schweden, die viele vor dem Turnier nicht auf der Rechnung gehabt hatten. „Ich fand sie überraschend stark.“Überrascht hat ihn auch die Spielweise der schwedischen Mannschaft, bei der im Vergleich zu den anderen Mannschaften relativ wenig über den Rückraum und viel über den Kreis gelaufen sei. „Zu 80 Prozent haben die Schweden anders gespielt, von 30 Toren sind bei ihnen vielleicht acht aus dem Rückraum gefallen.“Außerdem habe Schweden die beste Abwehr gehabt.
Schon in der Hauptrunde kam das Aus dagegen für die beiden Mannschaften, denen Gegic die Daumen drückt: Deutschland und Kroatien. „Zu den Kroaten gibt es nicht viel zu sagen.“Intern sei bei ihnen einiges im Argen gelegen, was auch der unvermittelte Rücktritt von Nationaltrainer nach der Niederlage im Hauptrundenspiel gegen Argentinien offenbarte. Negativ bemerkbar gemacht habe sich auch der Ausfall von Luka Cindric, der sich schon im ersten Vorrundenspiel verletzt hatte, und die Tatsache, dass Domagoj Duvnjak, ein weiterer TopSpieler der Kroaten, angeschlagen und nicht fit war. Mit dem deutschen Team war Gegic angesichts des Fehlens vieler Leistungsträger gar nicht unzufrieden. „Wenn alle dabei sind, ist es eine Top-Mannschaft.“Aber auch so hätte es fürs Viertelfinale reichen können. „Schade war das Spiel gegen Spanien. Da ist den deutschen Spielern die Luft ausgegangen.“
„Platz zwölf für Deutschland klingt enttäuschend, aber es war nicht viel