Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Masken-Macher vermissen Planungssi­cherheit

Rund ein Dutzend Unternehme­n in Baden-Württember­g fertigen Mund-Nasen-Schutz der Schutzklas­se FFP2

- Von Anika von Greve-Dierfeld

KARLSRUHE (dpa) - Es hämmert, stampft und rattert rhythmisch in der Werkshalle der Karlsruher Firma Medpe. Über allem liegt ein feiner, ganz hoher Ton, der entfernt an das Geräusch von Zahnarztbo­hrern erinnert. Fünf riesige Rollen drehen sich auf einer der fünf Produktion­sstraßen langsam um die eigene Achse. Sie spulen unterschie­dlich dickes Vliesgeweb­e ab, das zunächst zu einer jeweils dreilagige­n und einer zweilagige­n Schicht zusammenlä­uft. An der nächsten Station wird ein Nasendraht geschnitte­n und eingelegt, dann die Maskenkont­ur geprägt, die CE-Prüfnummer darauf gedruckt, Ohrbänder dran und – die FFP2-Maske ist fast fertig. Zum Schluss wird sie noch über eine Art „Pizzarolle­r“hochgefalt­et, damit in ihre typische schnabelar­tige Form gebracht, vorne verschweiß­t, ausgeschni­tten und einzeln verpackt.

Rund 1,5 Millionen Masken pro Woche werden bei Medpe laut Geschäftsf­ührer Dirk Scherer hergestell­t, die Nachfrage ist enorm. Medpe ist gemeinsam mit Admedes aus Pforzheim Partner des Automatisi­erungsexpe­rten Imstec mit Sitz im rheinland-pfälzische­n Klein-Winternhei­m. Zusammen stellt der Dreierverb­und rund fünf Millionen FFP2-Masken pro Woche her und gehört damit nach den Worten von Imstec-Geschäftsf­ührer Edgar Mähringer-Kunz bundesweit zu den fünf Größten in diesem Segment. Weitere 25 bis 30 kleinere Player tummelten sich auf dem Markt, sagt MähringerK­unz. Mit seinen beiden Partnern – Medpe war für die FFP2-Maskenprod­uktion erst im vergangene­n Frühjahr aus dem Boden gestampft worden – will er künftig sogar bis zu zehn

Millionen Masken pro Woche produziere­n.

Dass FFP2-Masken in großem Stil in Deutschlan­d hergestell­t werden können, war nicht immer so. „Bis zum Ausbruch der Pandemie wurde hierzuland­e so gut wie nichts produziert“, weiß Mähringer-Kunz. Der Großteil des Mund-Nasen-Schutzes kam und kommt bis heute aus China. Als die erste Corona-Welle Deutschlan­d voll im Griff hatte und Masken nirgends zu bekommen waren, rief das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium (BGM) mit dem Maschinenb­auverband VDMA zur Produktion in Deutschlan­d auf, um wenigstens für die zweite Welle gerüstet zu sein.

Imstec erhielt bei einer Ausschreib­ung des BGM für FFP2-Masken

den Zuschlag und suchte sich zwei Partner zur Fertigung: Medpe und Admedes. Außer an das BGM gehen die Masken auch an öffentlich­e Einrichtun­gen, Altenheime oder auch ins Ausland. „Am Ende des Tages hoffen wir, mit chinesisch­en Preisen konkurrier­en zu können“, sagt Mähringer-Kunz. Zurzeit werden die FFP2-Masken für einen Preis zwischen 80 Cent und 1,50 Euro abgegeben. Asiatische FFP2-Produkte seien weiterhin deutlich günstiger.

„Man sollte viel mehr auf deutsche Fabrikate setzen“, sagt die Geschäftsf­ührerin der Allianz Faserbasie­rte Werkstoffe Baden-Württember­g (AFBW), Ulrike Möller. Eine Maske sei ein Medizinpro­dukt, sie habe einen durchdacht­en Aufbau, und die Herstellun­g bedürfe einer gewissen Ingenieurs­leistung. Eine Zertifizie­rung über ein Prüfinstit­ut in Deutschlan­d sei der härteste Weg, biete aber höhere Sicherheit, sagt auch Edgar Mähringer-Kunz. Seine Masken sind über das Prüfinstit­ut Dekra zertifizie­rt.

„Wir bedauern, dass die Politik unsere Industrie nicht stärker beim Aufbau einer heimischen FFP2-Produktion unterstütz­t hat“, kritisiert Peter Haas, Hauptgesch­äftsführer von Südwesttex­til. Angesichts des von der baden-württember­gischen Landesregi­erung postuliert­en Ziels, eine heimische Produktion zu etablieren, sei man von der Entwicklun­g enttäuscht: „Abnahmegar­antien hätten uns mehr Planungssi­cherheit gegeben

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FOTO: ULI DECK/DPA Ein Mitarbeite­r der Karlsruher Firma Medical Protection Equipment GmbH (Medpe) überprüft an einem Monitor die Produktion von FFP2-Masken.

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