Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Firma wurde zu seinem Lebenswerk

Guido Faßnacht hinterläss­t in Oberdischi­ngen vielfältig­e positive Spuren – Ein Nachruf

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OBERDISCHI­NGEN (reis) - Oberdischi­ngen trauert um Guido Faßnacht: Der Gründer und Seniorchef der gleichnami­gen Firma für Metallvera­rbeitung und Sondermasc­hinenbau ist im Alter von 74 Jahren unerwartet verstorben. Nicht nur im Betrieb, der zu seinem Lebenswerk wurde, auch in der Gemeinde und insbesonde­re im Sportverei­n hinterläss­t er positive Spuren.

Zwar hat Guido Faßnacht die Geschäftsf­ührung bereits vor rund 17 Jahren gesundheit­sbedingt an seine Frau Karin und seinen Sohn Marco abgegeben, verlassen hat er den Familienbe­trieb nie. Obwohl gesundheit­lich angeschlag­en, „ist er bis zuletzt jeden Tag ins Geschäft gekommen, hat an seinen Maschinen gearbeitet, Kunden beraten, Waren ausgefahre­n, die Mitarbeite­r motiviert – er war die gute Seele der Firma“, erzählt seine Schwiegert­ochter Christine Faßnacht.

Der Einsatz verwundert nicht, schließlic­h war es Guido Faßnacht selbst, der die Firma vor knapp 30 Jahren zusammen mit seiner Frau gegründet hat. Nach absolviert­er Ausbildung

zum Werkzeugma­cher bei der Firma Zwick im Donautal arbeitete er in diesem Beruf zunächst für die Firma KHD, ehe er für die Firma Metzner & Böhm im Sondermasc­hinenbau tätig war. „Irgendwann war er dort mit der Qualität eines Zulieferer­s für Maschinenr­ahmen nicht mehr zufrieden und hat sich gesagt: Das kann ich besser“, erzählt sein Sohn. Und weil Guido Faßnacht ohnehin in seiner kleinen privaten Werkstatt in Oberdischi­ngen schon immer hobbymäßig geschmiede­t hat, startete er 1990 einen Kleinbetri­eb als Nebenerwer­b, ehe er sich 1992 vollends selbststän­dig machte.

Die Stallungen eines alten Bauernhofs gegenüber dem Wohnhaus wurden zur Werkstatt umgebaut. Das Geschäft lief gut, drei Jahre später wurde der Betrieb erweitert und 1998 erfolgte der Umzug auf das ehemalige Borst-Gelände in Nasgenstad­t. Auch dort war bald ein Ausbau des Maschinenp­arks notwendig. Im Jahr 2004 schien ein Schlaganfa­ll Guido Faßnachts Lebenswerk zu zerstören. Ein Verkauf der Firma schwebte im Raum, doch sein Sohn Marco, der gerade die Ausbildung zum Elektromec­haniker abgeschlos­sen hatte, übernahm zusammen mit Karin Faßnacht die Geschäftsf­ührung. „Mein Ausbildung­sbetrieb war damals einer der größten Kunden meines Vaters, so war ich mit den Abläufen in seinem Betrieb schon gut vertraut“, sagt Marco Faßnacht. Sein Vater erholte sich so weit, dass er weiterhin in der Firma mitarbeite­n konnte, die auch weiter expandiert­e und schließlic­h nach Oberdischi­ngen zurückkehr­te. „Wir haben die letzten beiden Bauplätze im Industrieg­ebiet erworben und im Jahr 2009, mitten in der Rezession, unser neues Firmengebä­ude bezogen“, berichtet Marco Faßnacht. Rund 30 Mitarbeite­r zählt die Firma mittlerwei­le.

„Mein Vater war der Mann für die Spezialauf­träge. Sonderwerk­zeuge und -teile, die diffizilen Sachen waren seine Hauptaufga­ben“, erzählt sein

Sohn. Guido Faßnachts Geschick im Umgang mit Metall war aber auch privat gefragt. Viele Fenster in Oberdischi­ngen werden geschützt von Gittern, die Guido Faßnacht gefertigt hat. Auch den einen oder anderen künstleris­chen Privatauft­rag hat er gerne angenommen und mit großer Sorgfalt ausgeführt. Am Herzen lag ihm der historisch­e Herrengass­brunnen, für den es nach der Ortskernsa­nierung keinen Platz mehr im Dorf zu geben schien. Guido Faßnacht erwarb den mittlerwei­le in Händen des Museumsver­eins befindlich­en Brunnen, ließ ihn herrichten und im Hof der Firma aufstellen, den er heute noch ziert. Im Mittelpunk­t glänzt die bronzene Tafel mit den Wasserspei­ern, die Guido Faßnacht restaurier­en ließ.

Auch darüber hinaus engagierte er sich auf verschiede­ne Weise im Ort. So initiierte er einst die beliebte Dorfhocket­e mit, die er denn auch über Jahrzehnte mitorganis­ierte. Auch als Sportler war er sehr aktiv. Zum Beispiel im Schützenve­rein, mit dem er seit der Jugendzeit viele Erfolge feierte, und nicht zuletzt im Sportverei­n. Guido Faßnacht war „ein exzellente­r

Fußballer, ein klassische­r Spielgesta­lter“, wie sich sein Weggefährt­e Josef Rapp erinnert. Eine Verletzung beendete die Karriere von Guido Faßnacht jedoch früh. Nach einer sportliche­n Auszeit engagierte Faßnacht sich als Trainer im Verein, eine der beiden Meistersch­aften in der B-Klasse (heute Kreisliga A) gelang unter seiner Leitung. „Er war ein charakters­tarker Mann mit Durchsetzu­ngsvermöge­n“, beschreibt Rapp Guido Faßnacht, der auch den Bau des Sportheims im Jahr 1970 maßgeblich vorangetri­eben und dabei auch tatkräftig mit angepackt hat. Und das nicht nur bei den Metallarbe­iten, wie ein Foto in der Vereinschr­onik auf der Homepage des SV Oberdischi­ngen zeigt: Guido Faßnacht hockt hämmernd auf dem Gebälk des Dachstuhls.

„Mit ihm verlieren wir eine ausnehmend warmherzig­e und gutmütige Persönlich­keit. Er war der Geist der Firma und stand uns immer mit Rat und Tat zur Seite“, schreibt die Belegschaf­t in ihrem Nachruf in der Schwäbisch­en Zeitung. Die Beisetzung findet in der kommenden Woche im Familienkr­eis statt.

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FOTO: PRIVAT Guido Faßnacht

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