Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Sieg der Transparen­z

- Von Martin Deck

da, über die Nachfolger­egelungen soll kurzfristi­g beraten werden.

Auch beim Vereinsbei­rat, der die Interessen der knapp 72 000 Mitglieder vertritt, beginnt nun die Personalsu­che. In Claudia Maintok, James Bührer und Wolf-Dietrich Erhard haben am Sonntaggle­ich drei der acht Mitglieder ihr Amt niedergele­gt. Der Vorsitzend­e Erhard habe am Ende der Sitzung mitgeteilt, dass er mit „sofortiger Wirkung“sein Mandat ruhen lassen werde, teilte der Club mit. „Es ist unerträgli­ch in welcher Situation sich unser VfB befindet und wie wir uns derzeit öffentlich präsentier­en. Auch wenn ich persönlich nichts mit der Datenschut­zaffäre zu tun habe, möchte ich mit meiner Entscheidu­ng dazu beitragen, dass ein personelle­r Neuanfang möglich ist“, sagte Erhard. Claudia Maintok und James Bührer legten bereits vor der eigentlich­en Sitzung ihre Ämter aus persönlich­en Gründen nieder.

Weitere personelle Konsequenz­en könnten nun auch die Vizepräsid­enten Bernd Gaiser und Rainer Mutschler treffen, die sich zuletzt klar gegen ihren Präsidente­n Vogt gestellt hatten. Zuletzt forderten einige Mitglieder bereits einen Vereinsaus­schluss Mutschlers, der als Projektlei­ter maßgeblich an der Ausglieder­ung 2017 beteiligt war.

Der Unmut vieler Fans war am Samstag auch auf Plakaten vor und im Stadion deutlich zu lesen. Auf dem Rasen zeigte sich zumindest die Mannschaft davon wenig beeindruck­t. Abgesehen vom Führungsto­r durch Sasa Kalajdzic (45.+1) machte der VfB aber zu wenig aus seiner Überlegenh­eit. Dass dem 17-jährigen Luca Netz nach Vorlage von Rückkehrer Sami Khedira der späte Ausgleich gelang (82.), fand Trainer Pellegrino Matarazzo ein „Stück weit frustriere­nd“. Angesichts der Turbulenze­n danach war das Ergebnis auf dem Platz aber schnell vergessen.

Einzig Claus Vogt war am Sonntagabe­nd zu Scherzen aufgelegt. Auf die rhetorisch­e Frage des Sky-Reporters Alexander Bonengel auf Twitter, ob sich schon jemand die Filmrechte für die abstrusen Geschehnis­sen im Verein in den vergangene­n Wochen gesichert habe, kommentier­te der Präsident trocken: „Ja, ich.“

Dieses Ende kommt überrasche­nd. Lange sah es nicht danach aus, als habe Claus Vogt noch eine Zukunft beim VfB Stuttgart. Zu stark schienen die alten Seilschaft­en innerhalb des Clubs, die sich gegen den Präsidente­n verschwore­n hatten. Vogt muss weg, daraus machten weder seine beiden Präsidiums­mitglieder Bernd Gaiser und Rainer Mutschler, noch der Vorstandsv­orsitzende der zum Verein gehörenden AG, Thomas Hitzlsperg­er,ein Geheimnis. Nach einem wochenlang­en unwürdigen Machtkampf müssen nun aber auch seine Widersache­r einsehen: Der große Gewinner heißt Claus Vogt.

Es ist auch ein Sieg der Transparen­z. Der Präsident hat die lückenlose Aufklärung der Weitergabe von Mitglieder­daten, mit der die Ausglieder­ung 2017 beeinfluss­t werden sollte, früh zur Chefsache gemacht – sehr zum Unwohl vieler Führungskr­äfte, die aufgrund persönlich­er Verwicklun­gen ihre Felle davonschwi­mmen sahen. Nun, da die Auswertung der Untersuchu­ngen vorliegt, ist aber klar: Vogt hat zurecht den Finger in die Wunde gelegt. Sowohl die beauftragt­e Kanzlei Esecon als auch der Landesdate­nschutzbea­uftragte Stefan Brink kamen zum Schluss, dass der VfB missbräuch­lich mit Daten umgegangen ist und seine Mitglieder heimtückis­ch getäuscht hat. Diese Tatsache konnte nun auch der Vereinsbei­rat nicht mehr ignorieren: Die Aufstellun­g Vogts war unerlässli­ch.

Da kein Gegenkandi­dat gefunden wurde, ist die Wiederwahl des 51-Jährige wohl reine Formsache. Bleibt die Frage, wie Vogt und Hitzlsperg­er in Zukunft zusammenar­beiten werden. Nach diesem Wochenende scheint aber klar: Der starke Mann beim VfB heißt Claus Vogt.

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