Maria Eichhorn gestaltet Deutschen Pavillon in Venedig
die engsten Kreise der NS-Täter hineingezogen hat. Gerade die Frauen hochrangiger NS-Funktionäre argumentierten nach 45, sie hätten sich bemüht, die Verfolgungspolitik der Nazis zu lindern und zu sabotieren. Dementsprechend selbstbewusst sind diese Personen an den Freistaat oder die Staatsgemäldesammlungen herangetreten, um Kunstgegenstände zurückzubekommen, die ihnen bis 1945 gehört hatten.
Gab es überhaupt Grundlagen?
Für die Enteignung von NS-Funktionären waren die Spruchkammerverfahren zuständig. Und eine Person wie Emmy Göring wurde milde beurteilt, weil sie als unpolitische Ehefrau eines Funktionärs galt. Ihr privates Vermögen wurde nach 1945 also nicht enteignet, doch was gehört dazu? Damals war es nicht üblich, dass Frauen eigene Vermögenswerte hatten. Deshalb brachte Emmy Göring Schenkungen ins Spiel. Genauso gab Henriette Hoffman-von Schirach, die Tochter von Hitlers Leibfotografen und Ehefrau von Baldur von Schirach, größere Geldbeträge an, die sie in die Ehe eingebracht habe. Damit musste sich der Freistaat auseinandersetzen, und zum Teil hat er das durchaus kooperativ oder wohlwollend getan. Es gab überhaupt wenig Berührungsängste mit der alten NS-Elite.
rechtliche
In den 1960er-Jahren wurden dann 107 Werke aus dem ehemaligen Besitz von NSDAP-Leuten veräußert. War das damals nicht mindestens blauäugig?
Damals war die Übereignung von Objekten aus ehemaligen NS-Kunstsammlungen an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen weitgehend abgeschlossen. Man begann, den Neuzugang zu sondieren, und war der Meinung, dass man diese 107 Werke nicht mehr brauche. Auf dem Kunstmarkt haben sie dann rund eine Million D-Mark eingebracht. Und mit diesem Erlös wurde ein Werk von Georges Braque gekauft. Das verstand man als Wiedergutmachung am eigenen Haus – eben, weil während der NS-Zeit Werke der Moderne aus den Museen beschlagnahmt wurden. Auch das Thema Raubkunst galt in den 1960er-Jahren als komplett abgeschlossen.
KÖLN (dpa) - Die Künstlerin Maria Eichhorn wird 2022 den Deutschen Pavillon auf der 59. Biennale in Venedig gestalten. Die 58-Jährige tritt damit in die Fußstapfen von Gerhard Richter (1972), Joseph Beuys (1976), Hans Haacke (1993), Rosemarie Trockel (1999), Isa Genzken (2007) und Christoph Schlingensief (2011).
„Maria Eichhorn ist genau die Künstlerin, die ich schon immer im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sehen wollte“, sagt Yilmaz Dziewior, Direktor des Kölner Museums Ludwig und Kurator des Pavillons. Die beiden arbeiten nun schon zum vierten Mal zusammen. Maria Eichhorn sei überrascht gewesen, als er ihr das Angebot am Telefon übermittelt habe, sagt Dziewior. „Wir haben dann sofort lange über die Geschichte des Deutschen Pavillons und über vorhergehende Positionen gesprochen. Die Beiträge waren ja immer sehr unterschiedlich, aber haben sich fast alle an dieser monumentalen Naziarchitektur abgearbeitet.“Er sei ganz überrascht gewesen, als er gesehen habe, dass Maria Eichhorn noch nicht im Deutschen Pavillon ausgestellt habe, sagt Dziewior.
Der Pavillon wurde 1938 von den Nazis nach deren Vorstellungen umgestaltet. Christoph Schlingensief baute eine „Kirche der Angst“in den Pavillon und bekam dafür 2011 posthum den Goldenen Löwen. 2017 gewann Anne Imhof den Preis: Sie setzte zwei Dobermänner in einen Zwinger, Darsteller bewegten sich wie Zombies zu dröhnenden Sounds durch den Raum.
Aufgrund der Corona-Pandemie musste auch die Biennale verschoben werden – jetzt soll die 59. Ausgabe Ende April nächsten Jahres stattfinden.