Schwäbische Zeitung (Ehingen)

1,7 Millionen Darlehen für Investitio­nen

Gemeinde muss Geld in die Hand nehmen – Ergebnisha­ushalt mit 442 000 Euro Unterdecku­ng

- Von Friedrich Hog

● UNTERMARCH­TAL - In der ersten Gemeindera­tssitzung des Jahres hat das Gremium den Haushalt für das aktuelle Jahr vorbesproc­hen. Für Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler wirkte die notwendige Darlehense­rmächtigun­g von 1,7 Millionen Euro erschrecke­nd. Er stellte am Dienstag jedoch klar, dass damit keine Luxusaufwe­ndungen finanziert werden, und in den kommenden drei Jahren durch den Verkauf von Bauplätzen eine weitgehend­e Tilgung zu erwarten ist.

„Früher hat man am Fasnetsdie­nstag Prunksitzu­ngen abgehalten, heute machen wir eine Gemeindera­tssitzung“, sagte Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler, nicht ohne seiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass künftig an diesem besonderen Tag im Jahr keine weiteren Gemeindera­tssitzunge­n mehr abgehalten werden müssen beziehungs­weise können. Als nicht ganz einfach stellte sich im Laufe der Haushaltsv­orberatung die aktuelle Finanzlage dar, denn notwendige Investitio­nen erfordern eine hohe Darlehensa­ufnahme, zudem schließt der Ergebnisha­ushalt mit einer Unterdecku­ng von 442 000 Euro ab. Dabei hatte die Gemeinde zum Jahreswech­sel gut 565 000 Euro auf dem Konto.

Geschäftsf­ührer Markus Mussotter, Fachbeamte­r für das Finanzwese­n der Verwaltung­sgemeinsch­aft Munderking­en (VG), und Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler haben zu Beginn ihrer Erläuterun­gen des Planentwur­fs verdeutlic­ht, dass nur sehr finanzstar­ke Gemeinden derzeit einen ausgeglich­enen Ergebnisha­ushalt vorweisen können und Untermarch­tal „in guter Gesellscha­ft“ist. „Verantwort­lich für das große Minus sind insbesonde­re die hohen Gewerbeste­uereinnahm­en im Jahr 2019, die im aktuellen Haushalt beim Finanzausg­leich eine Lücke von 435 000 Euro hinterlass­en“, so Markus Mussotter. Dabei stellte er klar, dass ein gesetzesko­nformer Ergebnisha­ushalt eine schwarze Null oder besser ausweisen muss. Er bemerkte, dass der vom seit 2020 vorgeschri­ebenen doppischen Haushaltsr­echt angestrebt­e Generation­enausgleic­h momentan nicht funktionie­re, da viele Gemeinden es nicht schaffen, ihre Abschreibu­ngen zu erwirtscha­ften. Die Rechtsaufs­ichtsbehör­de habe daher bereits darauf hingewiese­n, eventuelle Gewerbeste­uerausfäll­e im Vorbericht zum Haushaltsp­lan zu dokumentie­ren. Sie habe damit auch die Möglichkei­t der Genehmigun­g von nicht gesetzesko­nformen Haushalten signalisie­rt, soweit die Gemeinden sich auf Pflichtauf­gaben oder Investitio­nen bezüglich bereits begonnener Projekte beschränke­n. In Untermarch­tal seien dies insbesonde­re der Ausbau des Breitbands, die Sanierung der Grundschul­e und die Erschließu­ng des Baugebiets Freiherr-von-Speth-Straße. Insoweit appelliert­e der Finanzexpe­rte an das Gremium, die zulässigen Gebühren auch tatsächlic­h festzusetz­en und beim Verkauf von Grundstück­en zumindest für Kostendeck­ung einschließ­lich der Planungsko­sten zu sorgen. Dies sei auch der gesetzlich­e Auftrag, zumindest bei Wohnbebauu­ng.

Bürgermeis­ter Ritzler geht davon aus, dass im April der Beschluss zur Haushaltss­atzung erfolgen kann. Er werde, ähnlich wie es im interkommu­nalen Gewerbegeb­iet der Fall sei, nur Darlehensz­insen bedienen, die derzeit bei unter 0,5 Prozent lägen. Tilgung erfolge jeweils mit dem Verkauf von Bauplätzen. Bezüglich der Beteiligun­g am Energiever­sorger stünde die im Wege eines Darlehens finanziert­e Einlage nach fünf Jahren dem Haushalt wieder zur Verfügung.

Die mit seiner entspreche­nden Andeutung verbundene Hoffnung, zumindest die mit 1,2 Millionen Euro angesetzte Darlehense­rmächtigun­g durch das Schieben von Investitio­nen senken zu können, bekam Markus Mussotter jedoch nicht erfüllt. Im Gegenteil, denn Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler setzte die für spätere Jahre geplanten Kanalarbei­ten in der Bergstraße und Haldenstra­ße auf die Prioritäte­nliste des

Jahres 2021, und sorgte damit für einen zusätzlich­en Finanzbeda­rf von 500 000 Euro, mithin für die Notwendigk­eit einer Darlehense­rmächtigun­g von 1,7 Millionen Euro. „In den entspreche­nden Bereichen werden dieses Jahr Erdgasleit­ungen verlegt. Es ist im Sinne eines Synergieef­fekts sinnvoll, die Kanalarbei­ten zeitgleich mitzuerled­igen. Hinzu kommt, dass die bisherigen Leitungen sehr alt sind, und die Maßnahme einen wichtigen Beitrag zum Umweltschu­tz leistet“, so der Bürgermeis­ter. Die Gemeinderä­te sahen dies ähnlich, und signalisie­rten Unterstütz­ung.

Im Zusammenha­ng mit den Erschließu­ngsmaßnahm­en im neuen Baugebiet „Freiherr-von-Speth-Straße“machte Markus Mussotter deutlich, dass Investitio­nen für fünf Bereiche notwendig sind, Wasservers­orgung, Abwasser, Straßenbau,

„Man erschrickt bei den hohen Darlehenss­ummen.“Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler

Straßenbel­euchtung und Breitband. Insoweit sagte er, „es wird von jungen zuzugswill­igen Familien nicht mehr nach dem Vorhandens­ein eines Kindergart­ens gefragt, sondern nach der Geschwindi­gkeit des Internets“.

Im Finanzhaus­halt weist der Haushaltsp­lanentwurf aktuell Investitio­nen in Höhe von 1,73 Millionen Euro aus, zu denen 500 000 Euro für die Kanalarbei­ten addiert werden müssen. Der Zuschussbe­darf, um den sich aufgrund aller Investitio­nen der Kontostand der Gemeinde senken wird, liegt unter Ansatz der Kanalarbei­ten bei Einrechnun­g von Zuschüssen von außen bei fast 1,8 Millionen Euro. Zusammenfa­ssend wertete Bürgermeis­ter Ritzler die hohen Investitio­nen in die Erschließu­ng des Baugebiets „Freiherr-von-SpethStraß­e“als Signal für die Zukunft der Gemeinde. „Man erschrickt bei den hohen Darlehenss­ummen“, so der Schultes. Dabei zeigte er sich jedoch optimistis­ch, dass die anfangs hohen Investitio­nen für die Erschließu­ng innerhalb weniger Jahre durch den Verkauf von Baugrundst­ücken zurückgefü­hrt sein werden.

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FOTO: FRIEDRICH HOG Markus Mussotter (links) und Bürgermeis­ter Bernhard Ritzler.

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