Sie lebt fast wie Pippi Langstrumpf
Die Erbacher Illustratorin und Autorin Sabine Brändle hat sich einen Wunsch erfüllt: ihren eigenen Verlag
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ERBACH - In Astrid Lindgrens Geschichte über das sommersprossige Mädchen Pippi Langstrumpf lebte diese in der „Villa Kunterbunt“. In der Wirklichkeit lebt Bine Brändle in einem Haus, das man getrost auch als Villa Kunterbunt bezeichnen darf – die fiktive Welt der schwedischen Autorin Lindgren wird sozusagen in Erbach Wirklichkeit. Wobei der Akzent aus dem Begriff „Villa Kunterbunt“bei Sabine Brändle tatsächlich auf dem Wort „bunt“liegt. Die 45-jährige Illustratorin und Verlags-Mitinhaberin kann ohne Farben nicht leben. Eine Geschichte über eine Frau und ihr traumhaftes Leben.
Was sie anpackt, wird eine Angelegenheit aus verschiedensten Farben, Mustern und Bildern. Dabei ist Bine Brändle, die seit ihrer Kindheit malt („Ich habe auch gebastelt, getöpfert oder Baumhäuser gebaut“), ungemein fleißig und ideenreich. Geht man auf ihre Homepage, die sie bezeichnenderweise „Meine bunte Welt“tituliert, findet man alleine dort schon unter der Illustrationsgalerie ein großes, farbiges Sammelsurium von Illustrationsvorlagen, die sie geschaffen hat. Vor allem – meist lustige – Tiere, Pflanzen und Kinder sind dort zu sehen. Aber auch für rein grafische Bilder kann sich die Erbacher Künstlerin Sabine Brändle sichtlich begeistern.
Bine Brändle ist eine Frau, die kaum aus dem Schwärmen herauskommt. Wenn sie ihr Leben kurz kennzeichnen soll, sprudelt es aus ihr heraus: „Alles ist traumhaft. Ich finde kein Haar in der Suppe.“Natürlich sei nicht jeden Tag eitel Sonnenschein, das gebe es nirgends. Aber selbst die Corona-Pandemie, so hässlich sie auch sein mag, könne sie nicht unterkriegen. Die geborene Neu-Ulmerin, verheiratet und Mutter zweier Kinder, hat einiges getan, um da zu sein, wo sie heute ist. Sie hat an der Fachhochschule Augsburg Kommunikationsdesign studiert, war jeweils mit einem Stipendium an der École Supérieur Etienne in Paris und an der Kunstakademie Barcelona (Studium der Freien Kunst und Fotografie), hat ihr Studium in Augsburg mit dem Diplom abgeschlossen.
2001 war sie „Heimwerkerin des Jahres“und bekam für ihre Diplomarbeit „Flusi, das Sockenmonster“, das dann als Kinderbuch erschien, den Preis des Bezirks Schwaben. Brändle hat große, bekannte Unternehmen mit Illustrationen versorgt und zwischen 2003 und 2013 öfter fürs Fernsehen
(ARD, ZDF, SAT 1, RTL, Pro Sieben und Kabel 1) gearbeitet. So zum Beispiel fürs ARD-Buffet, „Bines Budenzauber“und das Frühstücksfernsehen (jeweils SAT1) oder „Avenzio – schöner leben!“bei Pro Sieben. „Mit dem Kameramann von Avenzio bin ich heute noch im Kontakt, obwohl das weit über zehn Jahre her ist“, erzählt Brändle.
„Das war früher“, sagt die Künstlerin, die Kinderbücher nicht nur illustriert, sondern auch schreibt, wobei ihre Bücher, zum Beispiel „Flusi, das Sockenmonster“oder die Buchserie „Meine kleinen Monster“, die auch pädagogischen Wert haben, teilweise in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Am Ulmer Anna-Essinger-Gymnasium baute sie ihr Abitur. In der zwölften Klasse, sie war gerade 17, lernte sie einen jungen Mann kennen. „Vorher hat mir keiner gefallen“, erinnert sie sich, „aber als ich ihn sah, war ich sofort verliebt. Es dauerte ein wenig, bis es auch bei ihm gefunkt hat, aber jetzt sind wir seit 25 Jahren zusammen.“Sie ist jedoch nicht nur mit ihrem Mann zusammen. Da sind noch ihre beiden jugendlichen Söhne, ihre zwei Brüder und ihre Eltern. Mit letzteren wohnt sie in der „Villa Kunterbunt“, die schon von außen diesem Titel gerecht wird, unter einem Dach zusammen.
Nicht nur das: Ihre Brüder, ihr Mann und auch ihr Vater arbeiten mit ihr zusammen, wobei Bine Brändle hauptsächlich für den kreativen Teil zuständig ist und der andere Teil der Familie vorwiegend für Produktentwicklung, Layout, Organisation, Versand oder Büroarbeiten verantwortlich zeichnet. Die Familie hat sich einen Traum erfüllt und einen eigenen Verlag gegründet. „Das war nicht immer einfach“, berichtet Bine Brändle, „es gab einige Holprigkeiten, die man zunächst nicht so sieht.“Aber der DESDA-Verlag (Brändle: „Das steht für DES Buch DA will ich ...“) in Senden steht und das Team kann die selbst verfassten Kinder- und Kreativbücher sowie ausgewähltes Bastelzubehör verkaufen, wobei dies derzeit eben quasi nur online geht.
Ebenfalls online ist Bine Brändle auf der Sozialen Plattform Instagram sehr aktiv und teilt hier ihre kreativen Ideen und Anregungen mit inzwischen über 100 000 Gleichgesinnten. Die Ideen arbeitet sie mit selbst kreierten Stiften aus, die sie als „die besten der Welt“bezeichnet. Die Kreativität wurde Bine Brändle in die Wiege gelegt. „Wir sind eine Geschichtenerzählerfamilie“, beschreibt die Künstlerin sich und ihre nächsten Anverwandten. „Das hat uns immer mächtig Laune gemacht und ich setze das seit Langem um.“Die Zusammenarbeit mit den Brüdern, ihrem Mann und ihrem Vater bezeichnet sie als „klasse“und ergänzt: „Das funktioniert bestens und macht uns allen riesig viel Spaß.“Wenn man mit Bine Brändle redet, wird man den Eindruck nicht los, alles im Leben mache ihr Spaß, führe zu einer großen inneren Befriedigung. „Ich kann in die Arbeit meine ganze Energie reinstecken“, sagt sie zum Beispiel. Oder: „Ich könnte ein Jahr lang nur Steine bemalen.“
Sie liebt es, den Garten zu gestalten und sie hat voller Lust die neue, ganz weiße Küche bunt gemacht, ohne dass es überladen wirkt, wie sie findet. Zu ihren kreativen Werken zählt auch ein Badezimmer-Mosaik, das sie an die Kunst des Spaniers Antonio Gaudi angelehnt hat. Als nächstes will sie lernen, wie man Glasmurmeln herstellt. In der warmen Jahreszeit findet man im Garten Sonnenschirme, Lichterketten und Möbel in den herrlichsten Farben. „Das alles ist meine große Freude“, erklärt Bine Brändle. „Die möchte ich an andere weitergeben. Ich kann praktisch alle meine Leidenschaften beruflich ausleben. Das ist ein riesengroßes Glück und Privileg und ich freue mich jeden Tag darüber. Dabei bin ich bis heute ein Kindskopf geblieben.“