Nach dem Ehestreit ein Tritt gegen den Polizisten
Amtsrichter in Riedlingen verhängt fünf Monate Freiheitsstrafe wegen Widerstands, tätlichen Angriffs und Körperverletzung
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RIEDLINGEN - Ein Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt in einer kleinen Gemeinde im westlichen Landkreis Biberach Anfang vorigen Jahres endete mit Gewalt gegen die Polizisten. Wegen Widerstands gegen Polizisten, tätlichen Angriffs und vorsätzlicher Körperverletzung ist ein 38-jähriger Familienvater jetzt zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
An jenem Abend habe er eine „kleine Diskussion“mit seiner damaligen Verlobten gehabt, die mittlerweile seine Frau ist. Beide leben in Miete im Elternhaus des Mannes. Wegen der kleinen Tochter und auch wegen der Katze sei die Wohnungstür verschlossen und der Schlüssel zunächst nicht auffindbar gewesen. Daraus habe sich ein Streit entwickelt, so seine Aussage vor Gericht. Er habe dabei geäußert, sie möge doch die Feuerwehr anrufen, wenn sie die Wohnung verlassen wolle. Tatsächlich wählte sie den Notruf, gekommen seien überraschend statt der Feuerwehr zwei Polizeibeamte. Auf deren Frage, ob er seine Frau schlage, habe er geantwortet: „Manchmal hilft es, wenn man ihr eine klatscht.“Zu diesem Zeitpunkt war der gesuchte Schlüssel aufgetaucht, das Paar hatte gemeinsam das Haus verlassen und war auf der Straße von einem Polizisten und einer Polizistin angetroffen worden. Vom Beamten sei er mehrfach geschubst worden und im weiteren Verlauf kopfüber auf eine Schubkarre in einem Geräteschuppen gefallen. Dabei sei möglicherweise versehentlich der Polizist mit dem Fuß getroffen worden: „Ich habe ihn nicht mit Absicht getreten.“
Eine etwas andere Version schilderten die Polizeibeamten, die von häuslicher Gewalt ausgingen. Bei dem Notruf um 23.08 Uhr, der aufgezeichnet worden war, hatte die Anruferin ausdrücklich von Verletzungen gesprochen, die ihr von ihrem Mann zugefügt worden seien, dass sie eingeschlossen sei und einen Rettungswagen benötige. Der 38-Jährige sei bei ihrem Eintreffen äußerst aggressiv und unkooperativ gewesen, habe geäußert, seine Frau sei als „Polizeischlägerin“bekannt, er selbst ein Messerstecher und auch durchaus gewillt, zur Axt zu greifen. Beim Versuch, den Mann nach dieser Aussage von der Rückkehr in die häusliche Umgebung abzuhalten, ist es nach Darstellung der Polizisten zu einem Gerangel gekommen. Der Mann habe heftige Gegenwehr geleistet. Im weiteren Verlauf sei er in einen Geräteschuppen gefallen, aus dem er wegen der räumlichen Enge erst nach einer geraumen Zeit entfernt werden konnte. Draußen habe er ihn schließlich am Boden „fixieren“können, so der Beamte, nachdem seine Kollegin Pfefferspray eingesetzt habe. In dem Schuppen habe ihn der Mann zuvor gezielt und durchaus schmerzhaft in den Unterleib getreten: „Ein sportlich-professioneller Tritt.“Danach habe er schon Schmerzen gehabt. Seine Kollegin trug leichte Verletzungen an der Hand davon.
Die Angehörigen des Angeklagten verzichteten auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Der Vater berichtete von einem lautstarken Streit des Paares in der Wohnung über ihm. Die Schwiegertochter habe dann das Haus verlassen. Von einer Verletzung der Frau habe er nichts mitbekommen: „Ich höre das jetzt zum ersten Mal.“Später habe er das Paar draußen in Begleitung der Polizei gesehen. Er selbst sei „rüde weggeschickt“worden, nachdem er auf eine bevorstehende Schulteroperation seines Sohns hingewiesen habe. „Haben Sie in dem Schuppen ein Beil oder eine Axt?“wollte Richter Wilfred Waitzinger wissen. „Da ist keine und war noch nie eine“, versicherte der Zeuge. Von der angeblichen häuslichen Gewalt wollte die Frau im Zeugenstand nichts wissen. Man habe zwar gestritten, doch ihr Mann habe sich „ganz normal“verhalten. Ihre Äußerungen bei dem Notruf müssten missverstanden worden sein.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sprach in ihrem Plädoyer danach von „deutlichem Entlastungseifer“der Ehefrau. Zugunsten des Angeklagten spreche eine leichte Alkoholisierung und seine Entschuldigung gegenüber des Polizisten. Auf der anderen Seite sei es ein „mehraktiges Geschehen“in einem längeren Zeitraum. Strafverschärfend seien die Vorstrafen, allerdings nicht einschlägiger Natur. Richter Waitzinger entsprach mit einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, dem Antrag der Staatsanwältin. Dabei bewege man sich noch am untersten Rahmen. Allein auf tätlichen Angriff, dokumentiert durch das Foto eines Fußabdrucks auf der Polizeiuniform, steht eine Mindeststrafe von drei Monaten. Für vorsätzliche Körperverletzung gab es einen Aufschlag. Außerdem muss der Angeklagte, der nur über ein geringes Einkommen verfügt, 1500 Euro Geldstrafe an die Polizeistiftung leisten: „Das ist sinnvoller als nur an die Landesoberkasse.“Das Urteil ist rechtskräftig.
Möglicherweise kommt jedoch auf die Ehefrau noch Ungemach zu. Sie hätte besser von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, merkte Richter Waitzinger an. Neben dem Missbrauch der Notrufnummer und falscher Verdächtigung komme auch ein Verfahren wegen Falschaussage in Betracht – und ein Strafmaß, das über das ihres Mannes hinausgehe.