Digital – und dennoch deutlich
Politischer Aschermittwoch der SPD Schelklingen geht ungewohnte Wege
● SCHELKLINGEN - Die Schelklinger SPD hat ihren traditionellen Politischen Aschermittwoch in Form eines Online-Treffens abgehalten, dem in der Spitze 28 Teilnehmer folgten. „Es war der erste virtuelle Politische Aschermittwoch und hoffentlich auch der letzte“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Jürgen Haas am Ende der anderthalbstündigen Konferenzschaltung. Früher dauerte das persönliche Treffen im Rittersaal des Alten Spitals wesentlich länger. Die Gesprächsteilnehmer der Onlineveranstaltung bedauerten auch, das anschließende gemütliche Beisammensein zu vermissen. Die Teilnehmer saßen in ihren Wohn- oder Arbeitszimmern und folgten den offiziellen Worten und schließlich der Gelegenheit, Fragen zu stellen, was ebenfalls kurz ausfiel.
MdL Martin Rivoir berichtete aus dem Landtag. Der Kandidat für den Wahlkreis Ehingen, Alex Kübek-Fill aus Untermarchtal, nannte seine Hauptthemen. MdB Hilde Mattheis berichtete aus Berlin und erzählte von zwei Initiativen, die sie bis zum Ende ihrer Mandatszeit noch anstoßen wolle, zum Beispiel die Änderung des Aufenthaltsgesetzes, um mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Und dann stellte sich Hasan Sen als Nachfolgekandidat für den Bundestag vor. Der Illerkirchberger Sen schilderte die Kosten für den Wohnungskauf als zu hoch. In jedem Wohngebiet sollten seiner Meinung nach 20 Prozent für Sozialschwache ausgewiesen werden.
Hasen Sen beklagt Populismus und Alltagsrassismus. Er stelle sich die Frage, ob seine Kinder in 20,
30 Jahren noch hierzulande leben sollten. Andererseits meinte Sen, „fällt der Terrorismus nicht vom Himmel, sondern hat mit den Kriegen zu tun“. In Bezug auf den Schulunterricht sagte Sen, dass die nötige Ausstattung fehle, andererseits aber Millionen beim Scheitern der Maut mit einem Schulterzucken abgetan seien. Der 48-jährige Bundestagskandidat beklagt die hohen Kosten für vorschulische Einrichtungen, weil er einst den Kindergarten habe kostenlos besuchen können. Hilde Mattheis wünscht sich, „dass wir alle aus der Corona-Krise lernen“. Dieses Lernen müsse zur Befürwortung „eines starken Staates“führen. Dieser starke Staat müsste Zahlen epidemischer Lagen rascher melden und Kontakte nachverfolgen. Die schwarz-rote Bundesregierung habe „1,3 Billionen Euro an Programmen in die Bevölkerung hinein ausgegeben“.
Das Bundestagsmitglied erinnerte an die 150 Euro für Hartz-IV-Empfänger, die in der vergangenen Woche „der CDU/ CSU aus den Rippen geleiert“wurden. Sie sei weiterhin für Verteilungsgerechtigkeit und Teilhabe. Mattheis sieht „Corona als Chance, die SPD-Politik zu erklären“, die auf Gerechtigkeit basiere. Es dürften nicht immer die Schwächsten die Kosten tragen, weil weitere Notlagen folgen, zum Beispiel die Klimapolitik. Warum die Hilfe nicht ankomme, lautete eine Frage an Mattheis, die den Fingerzeig auf Wirtschaftsminister Peter Altmaier weiterleitete. Auch Friedrich
Merz sprach sie eine Empathie für Künstler und Soloselbstständige ab.
Im laufenden Landtagswahlkampf gab Hilde Mattheis einen Seitenhieb auf die CDU-Ministerpräsidentenkandidatin Susanne Eisenmann ab, aber auch auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Mattheis nannte die Kultusministerin einen „Totalausfall“. Kretschmann habe zwar Erfolge, die er genießen könne, aber nun sollte er für jemand anderen
Platz machen.
Der Ulmer
Martin Rivoir, der wieder für den Landtag kandidiert, erinnerte an „die gute Regierungsarbeit zwischen 2011 und 2016“. Raus geflogen sei die SPD aus der Regierung, weil Parteianhänger Grün wählten, um Kretschmann zu behalten, der die Koalition mit „einer zerfledderten CDU“bildete. Rivoir wünscht sich eine Ampelkoalition und ist optimistisch, sagte er im virtuellen Aschermittwochsmeeting. Wenn „Corona“beherrscht werde, müssten Zukunftsvisionen
LANDTAGSWAHLEN BADENWÜRTTEMBERG 2021 entwickelt werden. Es gehe um Klimaziele. Durch Regio-S-Bahnen sollten die Menschen auf die Schiene umsteigen. Bayern sei weiter. Die Ticketkosten seien aber so hoch, beklagte eine Teilnehmerin der Online-Konferenz. Andererseits möchte Rivoir sich in der nächsten Legislaturperiode für eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft einsetzen. An städtischen Grundstücken für solche Projekte fehle es nicht, höre er von Bürgermeistern.
Als Landtagskandidat nannte Alex Kübek-Fill seine Schwerpunktthemen, wie Klima, Wohnen, Erhalt der Krankenhäuser, Förderung ökologischer Landwirtschaft, Stärkung von Handwerk und Mittelstand und die schnellere Schaffung von Breitbandanschlüssen. Der Untermarchtaler beklagte, dass seine über 80jährige Mutter seit vier Wochen auf einen Impftermin warte und andererseits Schulkinder und ihre Eltern unter den Coronavorgaben leiden, die kurzfristig mitgeteilt werden. Er hätte sich gewünscht, dass Grundschüler im Präsenzunterricht bleiben.
Kübek-Fill verurteilt die Regierungsarbeit in Stuttgart als „Stillstand in den vergangenen fünf Jahren“.
„Es war der erste virtuelle Politische Aschermittwoch und hoffentlich auch der letzte.“Organisator Jürgen Haas