Krise als Rückenwind für Digitalisierung
Kanzlerin Merkel sieht in den Erfahrungen eine Chance für die Bildung
BERLIN (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt auf einen Schub in der Digitalisierung durch die Corona-Krise. In ihrem wöchentlichen Videopodcast verwies sie auf den Digitalunterricht für Kinder und Jugendliche, das Studium „in virtuellen Hörsälen“und Videokonferenzen im Berufsalltag. „Das alles ist aus der Krise dieser Pandemie geboren, aber wir können es auch als Rückenwind sehen. Rückenwind, den wir nutzen wollen, um der digitalen Bildung in Deutschland einen kräftigen Schub zu verleihen.“
Der Alltag habe sich in der Pandemie gravierend verändert, das betreffe jeden, sagte Merkel und nannte die Kontaktbeschränkungen, Sorgen um die Gesundheit, die eingeschränkte Freiheit und den Verzicht auf Reisen. „Wir werden das alles eines Tages hinter uns lassen, davon bin ich überzeugt. Eins wird aber sicher bleiben: Unser Leben ist digitaler geworden.“
Am Montag will Merkel gemeinsam mit Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bei einer OnlineDiskussion mit Experten aus den Ländern, dem Bildungsbereich und der Wirtschaft über das Thema sprechen. Eine „Initiative Digitale Bildung“solle das Lernen mit digitalen Angeboten weiter verbessern und das Wissen über die wichtigsten Felder der Digitalisierung stärken. Ein kompetenter Umgang mit digitalen Angeboten werde auch im Alltag immer wichtiger. Man wisse, dass gerade viele ältere Menschen sich da mehr Hilfsangebote wünschen.
Die Kanzlerin verwies auch auf eine neue vom Volkshochschul-Verband entwickelte App, die seit Samstag zum Download bereitsteht. Darin kann man sich durch eine virtuelle Stadt bewegen. Anhand von Beispielen
und Wissenstests wird dort erklärt, was Digitalisierung im Alltag inzwischen konkret bedeutet: Von der Smartwatch mit Gesundheitsfunktionen übers Homeoffice mit Videokonferenz bis zum Smarthome mit ferngesteuerter Beleuchtungsanlage.
Auch der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus hat eine „Jahrhundertreform“in Deutschlands Verwaltung gefordert. „Wir brauchen eine Modernisierung unserer kompletten Staatlichkeit“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Als wichtigste Ziele nannte Brinkhaus Digitalisierung, neue
Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie eine bessere Vernetzung der einzelnen Ebenen vom Bund bis zu den Gemeinden.
„Wir brauchen eine Jahrhundertreform – vielleicht sogar eine Revolution“, sagte der Fraktionschef der Union. Auch das Bildungssystem müsse digital werden. „Es macht keinen Sinn, die Digitalisierung der Schulen 16 Bundesländern und 16 Datenschutzbeauftragten jeweils individuell zu überlassen. So kommen wir nicht voran.“Deutschland müsse in der Lage sein, auf Krisen „schnell, flexibel und einheitlich“zu reagieren.