Zehneinhalb Jahre Haft für Hassprediger Abu Walaa
Urteil löst Kritik der Opposition aus – Union sieht keine Fehler im Umgang mit radikalislamischen Netzwerken
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BERLIN (dpa) - Die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden haben aus dem Verfahren gegen den Hassprediger Abu Walaa nach Ansicht von Innenpolitikern der Opposition nicht die richtigen Lehren für den Umgang mit anderen radikalislamischen Netzwerken gezogen. „Das ganze Verfahren weist uns auch auf aktuelle Missstände beim Umgang mit islamistischen Strukturen in Deutschland hin“, sagte die Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic (Grüne) am Mittwoch. „Insgesamt sind wir zu langsam dabei, Netzwerkstrukturen zu erkennen und entsprechend zu handeln“, fügte sie hinzu.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte, der Prozess habe verdeutlicht, wie eng vernetzt Islamisten hierzulande seien. „Dass dies zum Teil auch unter den Augen der Sicherheitsbehörden geschieht, ist nicht hinnehmbar.“
Das Oberlandesgericht Celle hat den mutmaßlichen DeutschlandChef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht erklärte den 37-jährigen Iraker Abu Walaa wegen Unterstützung und Mitgliedschaft in der Terrororganisation für schuldig. Abu Walaa war Imam der Moschee des inzwischen verbotenen Vereins „Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim“. Er und sein Netzwerk haben nach Überzeugung der Richter junge Leute radikalisiert und in ISKampfgebiete geschickt. Drei Mitangeklagte erhielten Haftstrafen zwischen gut vier und acht Jahren.
Eine Schlüsselrolle in den Ermittlungen hatte ein V-Mann der Polizei gespielt. Er hatte den Islamisten, um ihr Vertrauen zu gewinnen, vorgespielt, er sei selbst bereit, einen Anschlag zu verüben.
Aus Sicht des innenpolitischen Sprechers der Union, Mathias Middelberg, haben die Mechanismen des Staates im Fall Abu Walaa funktioniert. Er nahm das Urteil aber zum Anlass für Kritik am Koalitionspartner: „Seit Monaten blockiert die SPD die Beratung eines Gesetzentwurfs, der für die Aufdeckung radikaler Netzwerke und die erleichterte Beobachtung extremistischer Einzelpersonen dringend notwendig ist.“Niemandem sei zu erklären, „dass der Verfassungsschutz heute zwar Festnetzgespräche und herkömmliche SMS von gefährlichen Extremisten überwachen darf, nicht aber deren Kommunikation über WhatsApp und Skype“.