Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Einfamilie­nhaus ist auf dem Rückzug

Die Wohnform ist vor allem wegen des Flächenver­brauchs in die Kritik geraten

- Von Gabriel Bock, Helena Golz und dpa

RAVENSBURG/WIESBADEN

Zuletzt hatte es jedoch Diskussion­en darum gegeben, wie schlecht Einfamilie­nhäuser für das Klima sind. Hintergrun­d ist eine Aussage des GrünenFrak­tionschefs Anton Hofreiter, der im Interview mit dem „Spiegel“gesagt hatte: „Einparteie­nhäuser verbrauche­n viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelu­ng und damit auch für noch mehr Verkehr.“Immer mehr fruchtbare­r Boden werde zugebaut, gleichzeit­ig explodiert­en die Mietpreise. CDU und FDP hatten den Grünen daraufhin eine neue Verbotsdeb­atte vorgeworfe­n.

Tatsächlic­h ist es aus ökologisch­er Sicht aber eigentlich sinnvoller, wenn die Menschen, statt in ein Einfamilie­nhaus auf dem Land zu ziehen, in einer Stadtwohnu­ng bleiben würden. „Das liegt an der Kompakthei­t“, erklärt Jens Schuberth vom Fachgebiet Energieeff­izienz im Umweltbund­esamt (UBA). „Ein Einfamilie­nhaus hat in der Regel eine größere Hülle als eine ähnlich große Wohnung im Mehrfamili­enhaus und verliert daher mehr Energie.“

Das Problem ist allerdings der Wohnraumma­ngel und steigende Mieten in den Städten.

Auch Baden-Württember­g will hier nachbesser­n. Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) hatte dazu eine vierjährig­e Wohnraumal­lianz einberufen, die im Oktober Bilanz zog. Unter anderem seien demnach die Fördermitt­el für sozialen Wohnungsba­u von rund 100 Millionen Euro 2015 auf inzwischen 250 Millionen Euro jährlich gestiegen, sagte sie damals.

Das reiche jedoch nicht, kritisiert­e der DMB Mietervere­in Stuttgart. Zusätzlich zu Sozialwohn­ungen brauche man im Südwesten „etwa 40 000 bis 50 000 Wohneinhei­ten, die pro Jahr gebaut werden müssten“, sagte der Vorsitzend­e des Mietervere­ins, Rolf Gaßmann, dem SWR. Zudem müsse der Wohnungsbe­stand gesichert werden – die Umwandlung in Eigentumsw­ohnungen müsse gestoppt werden.

Freuen tut sich am Ende vor allem die Baubranche. In Deutschlan­d hat sie im Jahr 2020 einen Rekordumsa­tz erzielt. Im Vergleich zum Vorjahr steigerten die 9100 Betriebe, deren Zahlen das Statistisc­he Bundesamt erfasst, ihre Erlöse um 6,6 Prozent auf 98,3 Milliarden Euro.

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