Ritterschlag fürs Stangenbrot
Es ist von staatstragender Dimension – das Baguette soll immaterielles Weltkulturerbe werden. Präsident Macron begründet den Vorstoß, das Stangenbrot sei genauso identitätsstiftend wie die Baskenmütze. Worauf sich viele fragen, wie eine Baskenmütze wohl schmeckt? Nun, die Franzosen sind in solchen Dingen ja nicht zimperlich. Unklar bleibt aber, ob die Auszeichnung Weltkulturerbe für alle Baguettes gelten soll, also auch für weißmehlige Exemplare, die innen weich sind – und außen ebenfalls. Immerhin würde sich dann der Zusatz
„immateriell“erschließen. Aber was hätte ein Baguette eigentlich davon, Weltkulturerbe zu sein? Was hätte überhaupt irgendjemand davon? Werden dann Reisen gebucht, und die Touristen stoppen an jeder Bäckerei, um kalorienreiches Weltkulturerbe schmatzend in einen immateriellen Zustand zu verwandeln?
Es drängt sich der Verdacht auf, die Franzosen neiden den Italienern, dass die Pizza Napoli das begehrte Prädikat bereits trägt. Auch wenn hier die Variante aus dem Supermarkt-Kühlregal zweifellos als materielles Weltkulturerbe durchgeht.
Die Unesco hat den Ärger übrigens geahnt und schon vor Jahren die französische Küche pauschal zum Weltkulturerbe ernannt. Weil dabei handle es sich um eine „gebräuchliche soziale Praxis, die dazu dient, die wichtigsten Momente im Leben von Einzelpersonen und Gruppen zu feiern“. Das ist allerdings eine Definition, die auch auf jedes Fußball-Derby zutrifft. Voilà! Vielleicht kann sich Schalke 04 genau so vor dem Abstieg retten – als Unesco-Weltkulturerbe. Immateriell, versteht sich. (dg)