Spahn lässt Maskenbestellung prüfen
CSU-Politiker Nüßlein soll für Firma im Ministerium geworben haben – Opposition fordert Transparenz
● BERLIN/MÜNCHEN - Hat sich der Neu-Ulmer CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein von Firmen dafür bezahlen lassen, dass er für deren Corona-Schutzmasken bei mehreren Ministerien warb? Diesem Verdacht geht die Generalstaatsanwaltschaft München nach. Während Nüßlein die Vorwürfe bestreitet, witterte die Opposition eine Verbindung Nüßleins ins Gesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU).
Gegen den 51 Jahre alten Nüßlein wird unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt.
Nüßleins Anwalt teilte mit, dass sein Mandant die Vorwürfe für nicht begründet halte. Es sei derzeit aber noch nicht absehbar, wann sich Nüßlein „im Rahmen dieser offenbar komplexen Ermittlungen zu Einzelheiten äußern kann“, betonte Rechtsanwalt Gero Himmelsbach. Ein Anfangsverdacht gebe der Staatsanwaltschaft zwar „aufgrund der strafprozessualen Regelungen Anlass zu Ermittlungen, lässt aber gerade nicht die Schlussfolgerung zu, dass die für einen begründbaren Strafvorwurf erforderlichen Beweisgrundlagen gegeben sind“, sagte Himmelsbach.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte am Donnerstag 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsuchen lassen. Die Ermittler betonten am Freitag, dass für Nüßlein wie bei Strafermittlungen üblich die Unschuldsvermutung gelte. Neben Nüßlein gibt es in dem Verfahren einen zweiten Beschuldigten, dessen Identität aber unklar ist.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, dass es gerade in der Anfangsphase der Pandemie zahlreiche Hinweise auf Maskenangebote von Abgeordneten, Kommunalpolitikern oder Bürgern gegeben habe. Auch über Nüßlein seien Angebote an das Ministerium weitergegeben worden, erklärte der Minister in Berlin. Nach erster Recherche seien diese Hinweise genauso wie alle anderen behandelt worden. Die Hintergründe würden nun aber noch einmal im Ministerium genau recherchiert, sagte Spahn in der Bundespressekonferenz.
CSU-Generalsekretär Markus Blume bezeichnete die Vorwürfe unterdessen als schwerwiegend: „Es handelt sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren, hier werden schwere Vorwürfe erhoben, die lückenlos aufgeklärt werden müssen.“
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurden die Ermittlungen in Bayern durch einen Hinweis aus Liechtenstein ausgelöst. Den dortigen Behörden waren Geldflüsse bei einer Bank aufgefallen. Der zweite Beschuldigte ist nach dpa-Informationen ein Geschäftsmann mit mehreren Kapitalunternehmen.
Der Linkenpolitiker Jan Korte forderte eine unabhängige Untersuchung der Auftragsvergaben durch das Gesundheitsministerium. Die Regierung müsse „offenlegen, ob weitere Abgeordnete oder Angehörige von Ministerien persönlich von der Vergabe von Aufträgen“finanziell profitiert hätten. Der Fall lasse die Corona-Politik der gesamten
Bundesregierung wie ein Selbstbedienungsgeschäft aussehen.
Bei den Grünen gab man sich etwas zahmer. Angesichts des Ermittlungsverfahrens gelte die Unschuldsvermutung. „Aber ungeachtet dessen müssen CDU und CSU erkennen, dass es genügend Anlass gibt, endlich für mehr Transparenz zu sorgen“, sagte die Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann. Bisher habe die Union beim Lobbyregister oder Themen wie Nebeneinkünften und Nebentätigkeiten blockiert. Hier müsse mehr Transparenz einziehen, etwa bei Aktienoptionen, Branchenangaben oder strikteren Anzeigepflichten für Unternehmensbeteiligungen und Nebeneinkünften „auf Euro und Cent“.
Ähnliche Forderungen stellte der Vizefraktionschef der SPD, Dirk Wiese, auf. „Der Fall Amthor hatte die Union diesbezüglich verhandlungsbereiter gemacht. Seitdem sind wir nicht mehr vorangekommen“, beklagte er. „Jetzt muss die Union endlich erkennen, dass wir in puncto Transparenz und Lobbyregister dringend eine Einigung brauchen.“
Für die Unionsfraktion sind die Vorgänge sieben Monate vor der Wahl mehr als unangenehm: Schließlich ist Nüßlein nicht irgendein Abgeordneter, sondern VizeFraktionschef mit Zuständigkeit ausgerechnet auch für Gesundheit – diesen Posten lässt der 51-Jährige nun aber ruhen.