Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Brisanter Bericht

Kronprinz soll Khashoggi-Operation genehmigt haben

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WASHINGTON (dpa) - Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman hat die Operation zur Gefangenna­hme oder Tötung des Journalist­en Jamal Khashoggi im Oktober 2018 nach Einschätzu­ng der US-Geheimdien­ste genehmigt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Büro der neuen US-Geheimdien­stkoordina­torin Avril Haines am Freitag in Washington veröffentl­ichte.

Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkom­mando aus Riad getötet worden. Von seinem Leichnam fehlt bis heute jede Spur. Khashoggi lebte in den USA und schrieb Kolumnen für die „Washington Post“, die oft Kritik an der saudischen Monarchie enthielten.

In dem Bericht heißt es, die USGeheimdi­enste stützten ihre Einschätzu­ng unter anderem darauf, dass der Kronprinz seit 2017 „die absolute Kontrolle über die Sicherheit­sund Geheimdien­storganisa­tionen des Königreich­s“habe. Es sei daher „hochgradig unwahrsche­inlich“, dass Regierungs­vertreter eine Operation dieser Art ohne Genehmigun­g des Kronprinze­n ausgeführt hätten. Für eine solche Genehmigun­g sprächen auch die direkte Beteiligun­g eines wichtigen Beraters von Bin Salman an der Operation sowie dessen Unterstütz­ung für gewaltsame Maßnahmen, um Dissidente­n im Ausland zum Schweigen zu bringen.

Der neue US-Präsident Joe Biden hatte am Donnerstag erstmals mit dem saudischen König Salman telefonier­t. Das Weiße Haus teilte danach mit, Biden habe dem König gesagt, dass er daran arbeiten werde, „die bilaterale­n Beziehunge­n so stark und transparen­t wie möglich zu gestalten“. Der US-Präsident habe die Bedeutung bekräftigt, die die USA Menschenre­chten und Rechtsstaa­tlichkeit beimessen.

Die Führung des islamisch-konservati­ven Königreich­s war nach dem Verschwind­en Khashoggis scharfer Kritik ausgesetzt. Sie räumte den Mord erst auf internatio­nalen Druck hin ein. Die Spuren führten bis in das engste Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman, der bestritt, die Tötung angeordnet zu haben.

Eine Menschenre­chtsexpert­in der UN war 2019 zu dem Schluss gekommen, dass es glaubwürdi­ge Hinweise auf eine mögliche persönlich­e Verantwort­ung des Thronfolge­rs gebe. Die „Washington Post“hatte berichtet, der US-Geheimdien­st sei mit hoher Sicherheit zu der Einschätzu­ng gelangt, der Kronprinz habe die Tötung angeordnet.

Bidens Vorgänger Donald Trump hatte mit Riad Waffengesc­häfte in Milliarden­höhe abgeschlos­sen. Der Republikan­er war mit einer eher laxen Haltung mit Blick auf die Menschenre­chtslage in Saudi-Arabien ein wichtiger Verbündete­r des Kronprinze­n. Washington verhängte im Zusammenha­ng mit dem Mord an dem Journalist­en zwar Sanktionen gegen ehemalige saudische Regierungs­mitarbeite­r. Trump hielt aber an seiner Unterstütz­ung für das Königshaus in Riad fest.

In der Türkei läuft ein Prozess um den Mord an Khashoggi. Ein saudisches Gericht hatte im Herbst fünf Angeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt und damit eine Ende vergangene­n Jahres verhängte Todesstraf­e gegen die fünf Männer aufgehoben. Zuvor hatte Khashoggis Familie erklärt, dass sie den Tätern vergebe.

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