Sonderprüfer stellt Leasingfirma Grenke vernichtendes Zeugnis aus
Lange Liste teils schwerwiegender Fehler bei den Geschäftspraktiken – Anleger reagieren dennoch erleichert
● BADEN-BADEN - Der wegen seiner Bilanzierung in der Kritik stehende Leasingspezialist Grenke hat in der Nacht auf Freitag erste Ergebnisse aus der mit Spannung erwarteten Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars bekannt gegeben. Auch wenn sich Grenke durch den Bericht „entlastet“sieht: Mazars geht mit dem Konzern aus Baden-Baden hart ins Gericht, die aufgedeckten Mängel sind massiv.
Die Liste reicht von schwerwiegenden Fehlern in der Geldwäscheprävention über die falsche Bilanzierung von Franchiseunternehmen bis hin zu Mängeln in der Kreditvergabe. Zudem hat Grenke nicht offengelegt, dass Geschäftspartner personell mit dem Gründer Wolfgang Grenke oder seinem Umfeld verbunden sind. Ein endgültiger Bericht steht noch aus. Die de facto einzige Entlastung in dem Mazars-Gutachten betrifft das Kerngeschäft von Grenke: Den Wirtschaftsprüfern zufolge gibt es keine Zweifel am rechtlichen Bestand und am wirtschaftlichen Gehalt der Leasingforderungen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. „Unser Geschäftsmodell ist intakt“, versuchte Vorstandschefin Antje Leminsky auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Freitag zu versichern.
Grenke sieht sich seit September 2020 schwerwiegenden Vorwürfen des Hedgefonds Viceroy ausgesetzt, hinter dem der Brite Fraser Perring steht und der dem Unternehmen unlautere Geschäftspraktiken und Bilanzbetrug vorwirft. Es ist auch die Rede von Vetternwirtschaft mit Firmengründer Wolfgang Grenke, der neben seiner Rolle als Unternehmer auch Präsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) ist.
Gerade die personellen Verflechtungen des Gründers und die seines Umfelds sind es, die in den Fokus der Prüfer geraten sind. So bemängelt Mazars unter anderem, dass die langjährige Freundin von Wolfgang Grenke, Corina Stingaciu, nicht als sogenannte „verbundene Partei“aufgeführt wurde, obwohl die Beziehung zu Wolfgang Grenke im Konzern bekannt gewesen sei.
Kritisiert haben die Prüfer auch Viceroys Hauptangriffspunkt, das undurchsichtige Franchisesystem des Grenke-Konzerns. Im Kern funktionierte das häufig so: Ex-GrenkeMitarbeiter bauten im Ausland mithilfe der CTP Handels- und Beteiligungs GmbH ein Franchiseunternehmen auf, das Grenke nach einigen Jahren meist übernahm. CTP soll dafür eine zu hohe Rendite eingestrichen haben. Das Pikante: Seit Anfang 2020 ist Wolfgang Grenke offiziell Eigentümer der CTP. Zudem sei die Bilanzierung dieser Franchiseunternehmen fehlerhaft, was Grenke nun korrigiert und damit Eigenkapital von 90 Millionen Euro aus den Büchern gestrichen hat. Künftig will Grenke das Franchisesystem nicht wie bisher weiterführen.
Auch bei den Kreditprüfungs- und -vergabeprozessen der hauseigenen Grenke Bank hat Mazars gravierende Fehler entdeckt. Konkret aufgeführt sind eine Reihe von Kreditvergaben, bei denen entweder keine beziehungsweise keine ausreichenden Sicherheiten gewährt wurden oder die Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer nicht ausreichend überprüft wurde. Mazars stuft die Mängel als schwerwiegend ein. Gleiches gilt für die Geldwäscheprävention der Bank, die nach Einschätzung der Prüfer die gesetzlichen Regeln nicht voll erfüllt.
Am Aktienmarkt nahmen die Anleger die vorläufigen Ergebnisse der Sonderprüfung gleichwohl erleichtert auf. Die Papiere des Sdax-Konzerns schossen in einem schwachen Gesamtmarkt um 17 Prozent nach oben. Geholfen haben dürften dabei auch vorläufige Geschäftszahlen: Nach Aussage von Finanzvorstand Sebastian Hirsch erwartet Grenke für das Geschäftsjahr 2020 ein Nachsteuerergebnis „im oberen zweistelligen Millionenbereich“.