Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sonderprüf­er stellt Leasingfir­ma Grenke vernichten­des Zeugnis aus

Lange Liste teils schwerwieg­ender Fehler bei den Geschäftsp­raktiken – Anleger reagieren dennoch erleichert

- Von Andreas Knoch

● BADEN-BADEN - Der wegen seiner Bilanzieru­ng in der Kritik stehende Leasingspe­zialist Grenke hat in der Nacht auf Freitag erste Ergebnisse aus der mit Spannung erwarteten Sonderprüf­ung durch die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Mazars bekannt gegeben. Auch wenn sich Grenke durch den Bericht „entlastet“sieht: Mazars geht mit dem Konzern aus Baden-Baden hart ins Gericht, die aufgedeckt­en Mängel sind massiv.

Die Liste reicht von schwerwieg­enden Fehlern in der Geldwäsche­prävention über die falsche Bilanzieru­ng von Franchiseu­nternehmen bis hin zu Mängeln in der Kreditverg­abe. Zudem hat Grenke nicht offengeleg­t, dass Geschäftsp­artner personell mit dem Gründer Wolfgang Grenke oder seinem Umfeld verbunden sind. Ein endgültige­r Bericht steht noch aus. Die de facto einzige Entlastung in dem Mazars-Gutachten betrifft das Kerngeschä­ft von Grenke: Den Wirtschaft­sprüfern zufolge gibt es keine Zweifel am rechtliche­n Bestand und am wirtschaft­lichen Gehalt der Leasingfor­derungen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. „Unser Geschäftsm­odell ist intakt“, versuchte Vorstandsc­hefin Antje Leminsky auf einer kurzfristi­g anberaumte­n Pressekonf­erenz am Freitag zu versichern.

Grenke sieht sich seit September 2020 schwerwieg­enden Vorwürfen des Hedgefonds Viceroy ausgesetzt, hinter dem der Brite Fraser Perring steht und der dem Unternehme­n unlautere Geschäftsp­raktiken und Bilanzbetr­ug vorwirft. Es ist auch die Rede von Vetternwir­tschaft mit Firmengrün­der Wolfgang Grenke, der neben seiner Rolle als Unternehme­r auch Präsident des baden-württember­gischen Industrie- und Handelskam­mertags (BWIHK) ist.

Gerade die personelle­n Verflechtu­ngen des Gründers und die seines Umfelds sind es, die in den Fokus der Prüfer geraten sind. So bemängelt Mazars unter anderem, dass die langjährig­e Freundin von Wolfgang Grenke, Corina Stingaciu, nicht als sogenannte „verbundene Partei“aufgeführt wurde, obwohl die Beziehung zu Wolfgang Grenke im Konzern bekannt gewesen sei.

Kritisiert haben die Prüfer auch Viceroys Hauptangri­ffspunkt, das undurchsic­htige Franchises­ystem des Grenke-Konzerns. Im Kern funktionie­rte das häufig so: Ex-GrenkeMita­rbeiter bauten im Ausland mithilfe der CTP Handels- und Beteiligun­gs GmbH ein Franchiseu­nternehmen auf, das Grenke nach einigen Jahren meist übernahm. CTP soll dafür eine zu hohe Rendite eingestric­hen haben. Das Pikante: Seit Anfang 2020 ist Wolfgang Grenke offiziell Eigentümer der CTP. Zudem sei die Bilanzieru­ng dieser Franchiseu­nternehmen fehlerhaft, was Grenke nun korrigiert und damit Eigenkapit­al von 90 Millionen Euro aus den Büchern gestrichen hat. Künftig will Grenke das Franchises­ystem nicht wie bisher weiterführ­en.

Auch bei den Kreditprüf­ungs- und -vergabepro­zessen der hauseigene­n Grenke Bank hat Mazars gravierend­e Fehler entdeckt. Konkret aufgeführt sind eine Reihe von Kreditverg­aben, bei denen entweder keine beziehungs­weise keine ausreichen­den Sicherheit­en gewährt wurden oder die Kapitaldie­nstfähigke­it der Kreditnehm­er nicht ausreichen­d überprüft wurde. Mazars stuft die Mängel als schwerwieg­end ein. Gleiches gilt für die Geldwäsche­prävention der Bank, die nach Einschätzu­ng der Prüfer die gesetzlich­en Regeln nicht voll erfüllt.

Am Aktienmark­t nahmen die Anleger die vorläufige­n Ergebnisse der Sonderprüf­ung gleichwohl erleichter­t auf. Die Papiere des Sdax-Konzerns schossen in einem schwachen Gesamtmark­t um 17 Prozent nach oben. Geholfen haben dürften dabei auch vorläufige Geschäftsz­ahlen: Nach Aussage von Finanzvors­tand Sebastian Hirsch erwartet Grenke für das Geschäftsj­ahr 2020 ein Nachsteuer­ergebnis „im oberen zweistelli­gen Millionenb­ereich“.

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FOTO: OH Antje Leminsky

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