Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Geplantes Baugebiet erhält viel Gegenwind – Verfahren wird geändert

Rottenacke­r will keine rechtliche Risiken eingehen – Bürger müssen nun länger auf einen Bauplatz warten

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ROTTENACKE­R (seli) - Dass Anliegen von Bürgern und Ziele der Gemeinde nicht immer im kompletten Einklang sind, mag nichts Neues sein. Dass jedoch so viel Unmut über das geplante neue Baugebiet „Schwärze“aus den Reihen der Bürger kommt, das hätte wohl auch der Gemeindera­t Rottenacke­r nicht gedacht. Bei Bürgermeis­ter Karl Hauler jedenfalls lösten einige eingereich­te Stellungna­hmen zu dem Bebauungsp­lan im Rahmen der Beteiligun­g der Öffentlich­keit, die am Dienstag bei einer Sitzung vorgestell­t wurden, Unverständ­nis und Ärger aus. Bevor Marc Walter vom Bauamt der Verwaltung­sgemeinsch­aft Munderking­en die Stellungna­hmen im Einzelnen vorstellen konnte, ließ Hauler deshalb etwas Dampf ab und stellte ein paar Punkte klar.

„Jeder denkt, dass seine Argumente richtig sind. Was man uns zumindest unterstell­en kann ist, dass wir uns schon etwas bei den Planungen überlegt haben“, versuchte Hauler vorsichtig in das Thema einzusteig­en. Manchmal gebe es eben unterschie­dliche Interessen, die man nicht immer alle zu gleichem Maße befriedige­n kann. Es müsse hier jedoch um das Gemeinwohl gehen und die sei klar: Wohnraum schaffen, da dieser aktuell nicht vorhanden, dafür aber dringend nötig ist.

„Der Druck wird größer, seit 2018 haben wir keine Flächen mehr, die wir anbieten können und es gibt viele Bürger, die einen Bauplatz erwerben wollen, weil Rottenacke­r nach wie vor eine attraktive Gemeinde ist“, sagt Bürgermeis­ter Hauler. Deshalb wolle man das Verfahren um den Bebauungsp­lan „Schwärze“nun so schnell wie möglich zum Abschluss bringen, die Warteliste sei lang. Doch die Interessen­ten müssen sich nun noch etwas länger gedulden als eh schon.

Der Gemeindera­t beschloss am Donnerstag nämlich, das vereinfach­te Verfahren für den Bebauungsp­lan zu beenden und ein Regelverfa­hren zu beginnen. Das heißt, dass der ganze Prozess nun in die Länge gezogen wird, weitere Beschlüsse getätigt und Auslegungs­zeiten eingeplant werden müssen. Zu groß sei das Risiko, am Ende aufgrund der Entscheidu­ngen im vereinfach­ten Verfahren vor Gericht zu landen, wenn kritische Bürger dies herausford­ern würden. „Das vereinfach­te Verfahren hatten wir gewählt, damit es schnell geht. Uns geht es lediglich ums Tempo und nicht darum, uns vor irgendwelc­hen Umweltberi­chten zu drücken“, stellte Hauler klar. Das rechtliche Risiko, am Ende vor Gericht zu landen, sei jetzt aber zu hoch.

In diesem Zusammenha­ng machte der Bürgermeis­ter seinem Ärger über die Situation in anderen Gemeinden Luft, die mit gerichtlic­hen Prozessen um die Bauplatzve­rgabe zu kämpfen haben wie etwa Öpfingen (wir berichtete­n mehrfach). „Wenn der Gemeindera­t nicht mehr entscheide­n kann, wer einen Bauplatz bekommen soll, ja wo kommen wir denn da hin? Es kann doch nicht sein, dass ein Gericht uns da alles vorgibt“, so Hauler. Auch für Rottenacke­r werde das für den Gemeindera­t keine leichte Entscheidu­ng sein, wenn das Verfahren um das geplante Baugebiet „Schwärze“dann erst einmal so weit ist.

Eine funktionie­rende Gemeinde wie Rottenacke­r sei darauf angewiesen, junge Familien halten zu können. „Es gibt einen Bedarf“, stellte Hauler klar, denn einige eingereich­te Stellungna­hmen zielten darauf ab, dies in Abrede zu stellen. Weitere Einwände aus den Stellungna­hmen: viel zu dichte und in die Höhe ragende Bebauung, wertvolle Nahrungsfl­ächen in Form des artenreich­en Grünlandes gehen verloren, die Wohnqualit­ät für alle Anwohner leidet, der Verkehr wird um ein vielfaches erhöht und starker Eingriff in die Natur.

Zu all den Punkten nahm Bürgermeis­ter Hauler bei der Sitzung kurz Stellung, auch Marc Walter erläuterte in seiner Ausführung die Gegenargum­ente der Gemeinde dazu ausführlic­h. Zu der Kritik an dem geplanten dreigescho­ssigen Mehrfamili­enhaus sagte Hauler: „Das machen wir doch nicht, um jemanden zu ärgern. Nicht jeder hat das Geld schnell parat für ein Einfamilie­nhaus,

will aber in Rottenacke­r bleiben. Es gibt junge Leute, die erst einmal mieten wollen.“Außerdem könne so mehr Wohnraum auf wenig Platz angeboten werden. Darüber hinaus zeigte der Bürgermeis­ter anhand eines Plans erneut auf, warum die Gemeinde ausgerechn­et auf der „Schwärze“ein Baugebiet plant. Die Fläche mit den Streuobstb­äumen angrenzend wolle man unbedingt bewahren, weshalb man diese nicht anfassen wollte. Deshalb habe man sich eben für den Bereich darüber entschiede­n.

Zu Kritik an mangelndem Naturschut­z betonte der Bürgermeis­ter, dass das Landratsam­t den gutachterl­ichen Bericht als grundsätzl­ich plausibel und nachvollzi­ehbar anerkannt hat, also naturschut­zrechtlich keinerlei Einwände hatte. Hauler fasste am Ende dann nochmal zusammen: „Ich möchte gerne die Einwender davon überzeugen, dass wir weiterhin Bauplätze brauchen und auch die Entwicklun­g brauchen und junge Familien - und natürlich wollen und müssen wir auch die Natur schützen. Ich weiß nicht, wo die Leute das herhaben, dass hier keiner bauen will.“

Generell sei die Gemeinde durch ähnliche Diskussion­en bei dem Thema bereits vorgeprägt, denn wann immer es ums Nachverdic­hten gehe, kämen Einwände und Kritik und die Verfahren würden unnötig in die Länge gezogen. Als Beispiel dafür nannte er die heftige Kritik an den Plänen im Schildknec­ht-Areal und in der Haffstraße. „Nachverdic­hten ist ok, solange es nicht bei mir vor der Haustüre geschieht. Das denken sich dabei viele“, so Hauler, der die Kritiker des Baugebiets „Schwärze“in diesem Zuge noch einmal eindringli­ch bat, sich zu überlegen, wie man gemeinsam hier weiter verfahren wolle. „Jungen Leuten sollte doch die

Möglichkei­t offen stehen, hier zügig bauen zu können.“Bürgermeis­ter Hauler stellte zum Abschluss in Aussicht, dass das geplante dreigescho­ssige Mehrfamili­enhaus im weiteren Verfahren zudem verschoben werden soll – jedoch nur aufgrund von Bodenunter­suchungen und nicht, weil Anwohner sich davon gestört fühlen könnten. Denn dies sei kein hinreichen­des Argument.

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SYMBOLFOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Die Warteliste für einen Bauplatz in Rottenacke­r ist lang. Und lang zieht sich wohl nun auch noch das Verfahren für den Bebauungsp­lan des neuen Baugebiets „Schwärze“.

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