Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wie soll das Theater den Sommer planen?

Das Theater Ulm will im Sommer „Dracula“auf der Wilhelmsbu­rg zeigen – Intendant Kay Metzger ist ratlos

- Von Dagmar Hub

ULM - Darf das Theater Ulm tatsächlic­h im Sommer auf der Wilhelmsbu­rg spielen? „Es wäre ein Meilenstei­n“, sagt Intendant Kay Metzger und seufzt dabei etwas. Denn sein Haus muss in der momentanen Ungewisshe­it den logistisch­en Aufwand der Vorbereitu­ng des Theatersom­mers auf der Burg stemmen und Entscheidu­ngen treffen. Es bleibt ein Balanceakt.

Der vorliegend­e Lockerungs-Stufenplan des Robert-Koch-Instituts will Zusammenkü­nfte von bis zu tausend Menschen im Freien erst bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter zehn erlauben. Die Premiere von Frank Wildhorns Musical „Dracula“soll am Freitag, 11. Juni, unter freiem Himmel sein. Das Bühnenbild ist im Entstehen, der Aufbau der Bühne muss im April beginnen, wenn bis Anfang Juni im Hof der Wilhelmsbu­rg alles vorbereite­t sein soll.

Das Theater will mit 29 geplanten Aufführung­en und einer Schachbret­tmuster-Verteilung zu besetzende­r Plätze für möglichst viel Sicherheit sorgen und muss doch selbst in völliger Unsicherhe­it planen. Die Ausschreib­ung des Caterings beispielsw­eise kann nur unter Vorbehalt erfolgen.

Kay Metzger ist etwas ratlos. „Es hatte doch immer geheißen: draußen“, erinnert er sich. Und dass die Politik von Lockerunge­n ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 gesprochen habe und von der Notwendigk­eit, das Gesundheit­ssystem nicht zu überlasten. Ulm und Neu-Ulm liegen derzeit knapp über dieser Marke, auch bundesweit ist man nicht weit davon entfernt. „Jetzt heißt es 35 und dann zehn und am besten null“, überlegt er. „Die Politik fährt auf Sicht.“

Doch die Vorlaufzei­t für die Aufführung­en in der Wilhelmsbu­rg ist naturgemäß lang. Heuer kommt erschweren­d hinzu, dass ein sorgfältig­es Hygienekon­zept zusätzlich zur normalen Open Air-Vorbereitu­ng erarbeitet werden muss. Petra Olschowski, Staatssekr­etärin im baden-württember­gischen Ministeriu­m für Forschung und Kunst, unterstütz­t Metzgers Planungen für den Theatersom­mer auf der Wilhelmsbu­rg, berichtet der Intendant. Die aktuellen Vorgaben zu einer Öffnung der Kultur irritieren Kay Metzger. „Die Menschen sind zermürbt“, beobachtet er, „es ist für uns Segen und Fluch zugleich, dass sich Theater über Gemeinscha­ft definiert, über gemeinscha­ftliches Erleben.“

Dass solches wenigstens in eingeschrä­nkter Form für die Menschen wieder möglich werde, ist sein Appell, zumindest dort, wo hygienisch­e Vorgaben erfüllbar sind. Beurteilen wolle er die aktuelle Situation nicht.

„Es gehen verschiede­ne Szenarien durch die Lande. Die Einen, wie Herr Lauterbach, sagen, es gibt eine dritte Welle, die uns erhebliche Probleme bescheren würde. Andere setzen darauf, dass die Impfungen, wenn sie auch etwas langsam gehen, irgendwann Erfolge zeigen müssen, und dass das Frühlingsw­etter positive Effekte haben sollte.“Er wünsche sich sehr, so Metzger, dass die Politik eindrucksv­olle Studien mehrerer unabhängig­er Institute berücksich­tigen würde, die aufzeigen, dass das Infektions­risiko in Theatern gering ist. Zumindest, wenn gewisse Voraussetz­ungen erfüllt sind wie der Einsatz einer Frischluft-Lüftungsan­lage und eine bestimmte Platzverte­ilung. Für andere Theater könne er nicht sprechen. „Aber das Theater Ulm verfügt über eine solche Anlage, wir messen CO2 und haben da extrem gute Werte.“Eine Besetzung von 50 Prozent der Plätze im Schachbret­tmuster, wie von solchen Studien für möglich gehalten, wäre ein riesiger Fortschrit­t, berichtet Metzger.

Aktuell nutzt das Theater Ulm für Proben der Janácek-Oper „Katja Kabanova“, für die Sopranisti­n Angela Denoke in die Donaustadt zurückkehr­t und ihr Debüt als Regisseuri­n am Theater Ulm geben wird, neuartige Schnelltes­ts, mit denen die Akteure täglich getestet werden, um Sicherheit auf der Bühne zu gewähren, wenn dann eines Tages ein Neustart der Kultur auch in den Theaterräu­men möglich sein wird. Zunächst aber geht es um das Open Air-Festival.

„Ich hoffe sehr, dass es möglich werden wird, weil ich glaube, es wäre für die ganze Region wichtig und ein Zeichen der Hoffnung“, sagt der Intendant.

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FOTO: JOCHEN KLENK 2019 zeigte das Theater Ulm das Stück „Evita“Open Air. Doch wird es in diesem Jahr überhaupt Vorstellun­gen geben?

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