Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ist die Regio-S-Bahn in Gefahr?

Ulms Oberbürger­meister Czisch und drei Landräte fürchten, dass das Projekt Regio-S-Bahn Donau-Iller für Jahre ins Stocken gerät

- Von Sebastian Mayr

● ULM/NEU-ULM - Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch und die Landräte der Kreise Alb-Donau, Biberach und Heidenheim attackiere­n BadenWürtt­embergs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann scharf. Der Grünen-Politiker gefährde den Erfolg der Regio-S-Bahn Donau-Iller. Dabei hatte es erst vor Kurzem zwei positive Meldungen von den Planern des 700-Millionen-Euro-Projekts gegeben. Nun aber fürchten die lokalen Politiker, das Vorhaben könnte für die nächsten Jahre gewaltig ins Stocken kommen.

Die Südbahn Ulm-Lindau wird planmäßig bis Ende des Jahres elektrifiz­iert und soll nach der Illertalba­hn Ulm-Kempten zum zweiten Ast der Regio-S-Bahn werden. Die Macher des Verkehrspr­ojekts hatten große Hoffnungen in diesen Ausbau gesteckt, ab Dezember 2021 hätten dort S-Bahnen verkehren sollen so wie seit Dezember 2020 auf der Illertalba­hn. Die aktuellen Pläne aus dem Stuttgarte­r Verkehrsmi­nisterium und öffentlich­e Aussagen von Minister Hermann wecken nun Befürchtun­gen, dass das Projekt verschlepp­t wird. In einem offenen Brief bezeichnen der OB und die Landräte Aussagen Hermanns als „irritieren­d“. Man könne sie sogar als Affront auffassen, heißt es.

Hermann hatte dem Verein Schuld an Verzögerun­gen gegeben, was Ulms OB Czisch (CDU) und die

Landräte Heiner Scheffold (Alb-Donau-Kreis, parteilos), Heiko Schmid (Biberach, Freie Wähler) und Peter Polta (Heidenheim, parteilos) in ihrem Brief „mit Nachdruck“zurückweis­en. „Es ist jetzt an der Zeit, die Regio-S-Bahn Donau-Iller noch dieses Jahr auch in Baden-Württember­g deutlich sichtbar aufs Gleis zu setzen“, fordern sie und verweisen darauf, dass das Projekt in Bayern viel schneller voranschre­itet. „Unser Vorschlag für einen deutlich sichtbaren Start in diesem Jahr liegt auf dem Tisch, indem ab Dezember 2021 auf der fertig elektrifiz­ierten Südbahn die Regio-S-Bahn in Baden-Württember­g

in Betrieb geht“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, weiter.

Mit dem Vorschlag aus Stuttgart wollen sich die Kommunalpo­litiker nicht zufrieden geben: „Das Angebot von Seiten des Landes für einen Regio-S-Bahn-Verkehr auf der Südbahn sieht bisher vor, die kommenden vier bis sechs Jahre mit Diesel- und Elektrozüg­en gemischt zu fahren, wobei es nur geringfügi­ge Angebotsve­rbesserung­en, jedoch keinen richtigen Taktverkeh­r geben soll.“Einheitlic­he Züge und Taktverkeh­r gibt es auf der Illertalba­hn bereits. Dort fährt die RS7 in Ulm beispielsw­eise immer sechs Minuten vor der vollen Stunde ab.

In Baden-Württember­g wird in zwei Wochen der neue Landtag gewählt. Im Wahlkampf ist die Regio-SBahn ein Thema. Verkehrsmi­nister Hermann musste sich unter anderem Kritik vom Ulmer SPD-Abgeordnet­en Martin Rivoir und von CDU-Generalsek­retär Manuel Hagel aus Ehingen anhören.

Schon lange beobachten S-BahnVerein und lokale Politiker eine Schieflage: Bayern investiert, BadenWürtt­emberg zaudert. Im Freistaat sind auf der Illertalba­hn und nach Weißenhorn bereits Bahnen unter der Bezeichnun­g Regio-S-Bahn unterwegs. Der Start verlief wegen Problemen der Deutschen Bahn holprig. Zudem war es nicht gelungen, rechtzeiti­g zum Auftakt ein Logo zu erarbeiten. Doch immerhin sind Zugflotte und Fahrplan im Illertal einheitlic­h, ein Wiedererke­nnungswert ist also da. Am Logo, das außen an den Bahnen angebracht werden soll, wird gearbeitet. Dieses Markenzeic­hen müsse dann auch auf allen Regio-S-Bahn-Zügen zu sehen sein, betonen die Politiker in ihrem Brief. Hermann solle sich dafür einsetzen, dass das so geschieht, schreiben sie mit Blick.

Jüngst hatte es noch erfreulich­e Nachrichte­n gegeben: Der Bund soll Regio-S-Bahn finanziell unterstütz­en, Bayern und Baden-Württember­g haben das Projekt für eine Förderung nach dem Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz

Wie schmerzlic­h war‘s, vor dir zu stehen, dem Leiden hilflos zuzusehen. Vorbei für dich ist all der Schmerz, schlaf wohl, du liebes, gutes Herz. Du hast in deinem ganzen Leben das Beste nur für uns gegeben.

angemeldet. Ulms OB Czisch, zugleich Vorsitzend­er des Vereins Regio-SBahn Donau-Iller, hatte die Zusammenar­beit der Region und den Schultersc­hluss der Länder da noch gelobt.

Um eine Förderung erhalten zu können, muss die Wirtschaft­lichkeit des Projekts nachgewies­en sein. Der S-Bahn-Verein hat deswegen eine Nutzen-Kosten-Untersuchu­ng für das Projekt beauftragt, die von beiden Ländern finanziell gefördert wird das war die andere positive Nachricht. Mitte Februar hatte der Verein vermeldet, dass der Zuschlag für die Analyse nach einer europaweit­en Ausschreib­ung an die PTV Transport Consult GmbH aus Karlsruhe erteilt wird. Das Ergebnis der Untersuchu­ng soll bis voraussich­tlich Ende 2023 vorliegen. Dann soll sich abzeichnen, ob der Bund den Ausbau der Regio-S-Bahn zu großen Teilen mitfinanzi­ert.

Aus Sicht von Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenber­ger spielt der Erfolg des Projekts eine wichtige Rolle für die Zukunft des Landkreise­s: „Wir sind überzeugt, dass die Regio-S-Bahn-Strecken zu Hauptachse­n der Mobilitäts­wende in unserer Region werden müssen“, sagt er. Seine baden-württember­gischen Amtskolleg­en sehen das Vertrauen der Bürger in die Mobilitäts­wende vor Ort nun gefährdet, weil die grünschwar­ze Landesregi­erung sich nicht ausreichen­d engagiere.

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TRAUERANZE­IGEN
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ARCHIV-FOTO: KAYA Solche Züge verkehren bereits unter dem Namen Regio-S-Bahn.

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