Ist die Regio-S-Bahn in Gefahr?
Ulms Oberbürgermeister Czisch und drei Landräte fürchten, dass das Projekt Regio-S-Bahn Donau-Iller für Jahre ins Stocken gerät
● ULM/NEU-ULM - Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch und die Landräte der Kreise Alb-Donau, Biberach und Heidenheim attackieren BadenWürttembergs Verkehrsminister Winfried Hermann scharf. Der Grünen-Politiker gefährde den Erfolg der Regio-S-Bahn Donau-Iller. Dabei hatte es erst vor Kurzem zwei positive Meldungen von den Planern des 700-Millionen-Euro-Projekts gegeben. Nun aber fürchten die lokalen Politiker, das Vorhaben könnte für die nächsten Jahre gewaltig ins Stocken kommen.
Die Südbahn Ulm-Lindau wird planmäßig bis Ende des Jahres elektrifiziert und soll nach der Illertalbahn Ulm-Kempten zum zweiten Ast der Regio-S-Bahn werden. Die Macher des Verkehrsprojekts hatten große Hoffnungen in diesen Ausbau gesteckt, ab Dezember 2021 hätten dort S-Bahnen verkehren sollen so wie seit Dezember 2020 auf der Illertalbahn. Die aktuellen Pläne aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium und öffentliche Aussagen von Minister Hermann wecken nun Befürchtungen, dass das Projekt verschleppt wird. In einem offenen Brief bezeichnen der OB und die Landräte Aussagen Hermanns als „irritierend“. Man könne sie sogar als Affront auffassen, heißt es.
Hermann hatte dem Verein Schuld an Verzögerungen gegeben, was Ulms OB Czisch (CDU) und die
Landräte Heiner Scheffold (Alb-Donau-Kreis, parteilos), Heiko Schmid (Biberach, Freie Wähler) und Peter Polta (Heidenheim, parteilos) in ihrem Brief „mit Nachdruck“zurückweisen. „Es ist jetzt an der Zeit, die Regio-S-Bahn Donau-Iller noch dieses Jahr auch in Baden-Württemberg deutlich sichtbar aufs Gleis zu setzen“, fordern sie und verweisen darauf, dass das Projekt in Bayern viel schneller voranschreitet. „Unser Vorschlag für einen deutlich sichtbaren Start in diesem Jahr liegt auf dem Tisch, indem ab Dezember 2021 auf der fertig elektrifizierten Südbahn die Regio-S-Bahn in Baden-Württemberg
in Betrieb geht“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, weiter.
Mit dem Vorschlag aus Stuttgart wollen sich die Kommunalpolitiker nicht zufrieden geben: „Das Angebot von Seiten des Landes für einen Regio-S-Bahn-Verkehr auf der Südbahn sieht bisher vor, die kommenden vier bis sechs Jahre mit Diesel- und Elektrozügen gemischt zu fahren, wobei es nur geringfügige Angebotsverbesserungen, jedoch keinen richtigen Taktverkehr geben soll.“Einheitliche Züge und Taktverkehr gibt es auf der Illertalbahn bereits. Dort fährt die RS7 in Ulm beispielsweise immer sechs Minuten vor der vollen Stunde ab.
In Baden-Württemberg wird in zwei Wochen der neue Landtag gewählt. Im Wahlkampf ist die Regio-SBahn ein Thema. Verkehrsminister Hermann musste sich unter anderem Kritik vom Ulmer SPD-Abgeordneten Martin Rivoir und von CDU-Generalsekretär Manuel Hagel aus Ehingen anhören.
Schon lange beobachten S-BahnVerein und lokale Politiker eine Schieflage: Bayern investiert, BadenWürttemberg zaudert. Im Freistaat sind auf der Illertalbahn und nach Weißenhorn bereits Bahnen unter der Bezeichnung Regio-S-Bahn unterwegs. Der Start verlief wegen Problemen der Deutschen Bahn holprig. Zudem war es nicht gelungen, rechtzeitig zum Auftakt ein Logo zu erarbeiten. Doch immerhin sind Zugflotte und Fahrplan im Illertal einheitlich, ein Wiedererkennungswert ist also da. Am Logo, das außen an den Bahnen angebracht werden soll, wird gearbeitet. Dieses Markenzeichen müsse dann auch auf allen Regio-S-Bahn-Zügen zu sehen sein, betonen die Politiker in ihrem Brief. Hermann solle sich dafür einsetzen, dass das so geschieht, schreiben sie mit Blick.
Jüngst hatte es noch erfreuliche Nachrichten gegeben: Der Bund soll Regio-S-Bahn finanziell unterstützen, Bayern und Baden-Württemberg haben das Projekt für eine Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
Wie schmerzlich war‘s, vor dir zu stehen, dem Leiden hilflos zuzusehen. Vorbei für dich ist all der Schmerz, schlaf wohl, du liebes, gutes Herz. Du hast in deinem ganzen Leben das Beste nur für uns gegeben.
angemeldet. Ulms OB Czisch, zugleich Vorsitzender des Vereins Regio-SBahn Donau-Iller, hatte die Zusammenarbeit der Region und den Schulterschluss der Länder da noch gelobt.
Um eine Förderung erhalten zu können, muss die Wirtschaftlichkeit des Projekts nachgewiesen sein. Der S-Bahn-Verein hat deswegen eine Nutzen-Kosten-Untersuchung für das Projekt beauftragt, die von beiden Ländern finanziell gefördert wird das war die andere positive Nachricht. Mitte Februar hatte der Verein vermeldet, dass der Zuschlag für die Analyse nach einer europaweiten Ausschreibung an die PTV Transport Consult GmbH aus Karlsruhe erteilt wird. Das Ergebnis der Untersuchung soll bis voraussichtlich Ende 2023 vorliegen. Dann soll sich abzeichnen, ob der Bund den Ausbau der Regio-S-Bahn zu großen Teilen mitfinanziert.
Aus Sicht von Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenberger spielt der Erfolg des Projekts eine wichtige Rolle für die Zukunft des Landkreises: „Wir sind überzeugt, dass die Regio-S-Bahn-Strecken zu Hauptachsen der Mobilitätswende in unserer Region werden müssen“, sagt er. Seine baden-württembergischen Amtskollegen sehen das Vertrauen der Bürger in die Mobilitätswende vor Ort nun gefährdet, weil die grünschwarze Landesregierung sich nicht ausreichend engagiere.