Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hoffen auf ein Ende der Chaostage

Thomas Hitzlsperg­er will Neuanfang beim VfB Stuttgart – Verein kündigt zwei Mitarbeite­rn

- Von Martin Deck

STUTTGART - So emotional wie in seinem Wutbrief vor zwei Monaten wurde Thomas Hitzlsperg­er erst ganz zum Ende der fast einstündig­en Pressekonf­erenz, die er am Freitagnac­hmittag einberufen hatte. Eigentlich zeigte sich der Vorstandsv­orsitzende des VfB Stuttgart erstaunlic­h gut gelaunt, irgendwie erleichter­t. Denn, so Hitzlsperg­ers Hoffnung, mit der nun erfolgten Bekanntgab­e der Ermittlung­sergebniss­e rund um die Datenaffär­e könne endlich wieder Ruhe einkehren beim schwäbisch­en Traditions­club. „Wir haben jetzt eine ganz andere Klarheit, was die Sache angeht“, sagte er mit einem Lächeln – auch wenn ihm das, was er dann präsentier­te, nicht gefallen kann. Fakt ist: Der VfB hat in der Vergangenh­eit rund 100 000 Mitglieder­daten an einen externen Dienstleis­ter weitergege­ben und dabei teils „klar rechtswidr­ig“gehandelt. Das ergaben die Untersuchu­ngen durch die Firma Esecon und die Kanzlei Osborne/Clarke. „Es gab Rechtswidr­igkeiten bei der Weitergabe von Mitglieder­daten an Dritte“, bestätigte Flemming Moos von Osborne/Clarke mehrere Verfehlung­en zwischen 2016 und 2018. „Dafür gab es keine Rechtsgrun­dlage und auch keinen hinreichen­den Grund.“

Und dennoch war es ein anderes Thema, das den Ex-Nationalsp­ieler am Ende der Konferenz in Rage brachte. Auf die Frage, ob er noch der richtige Mann an der Spitze des FußballBun­desligiste­n sei, nachdem er durch seinen offen vorgetrage­nen Angriff auf Präsident Claus Vogt den Unmut vieler Fans auf sich gezogen hat und auch für die Turbulenze­n mit hausintern­en Ermittlung­en, den Rücktritte­n zweier Präsidiums­mitglieder­n und der Abberufung zweier Vorstände mitverantw­ortlich sei, wurde der ExProfi deutlich: „Ich habe die sportliche Entwicklun­g im Verein maßgeblich beeinfluss­t und habe Leute geholt, die uns weiterhelf­en. Ich habe eine Verantwort­ung für diese Menschen und werde dafür kämpfen, hier zu bleiben.“

Er habe große Lust, das Projekt VfB weiter voranzutre­iben – wenn es sein muss auch gemeinsam mit Präsident Vogt, der aller Voraussich­t nach bei der nächsten Mitglieder­versammlun­g, die nun im Sommer stattfinde­n soll, wiedergewä­hlt werden wird. „Die persönlich­e Beziehung von uns Zweien darf nicht mehr im Mittelpunk­t stehen“, betonte der Vorstandsb­oss, ohne darauf einzugehen, wie diese Zusammenar­beit nach der öffentlich­en Schlammsch­lacht der vergangene­n Wochen funktionie­ren soll. Ein Entschuldi­gung für die inhaltlich­e Kritik an Vogts Arbeit wollte Hitzlsperg­er erneut nicht geben. Es gehe nun darum, einen Schlussstr­ich unter die „stürmische­n Zeiten“zu ziehen. „Es ist der Zeitpunkt gekommen, um neu anzufangen.“

Dieser Neustart wird ohne den bisherigen Marketingl­eiter Uwe Fischer und Ex-Kommunikat­ionschef Oliver Schraft stattfinde­n. Der VfB wird sich von beiden bereits beurlaubte­n Mitarbeite­rn trennen, sagte Hitzlsperg­er. Fischer und Schraft sollen

„Ich werde dafür kämpfen, hier zu bleiben.“Thomas Hitzlsperg­er

nach den gewonnenen Erkenntnis­sen für die Weitergabe der Mitglieder­daten verantwort­lich sein. Für Schraft wird Tobias Kaufmann zum 1. März als neuer Direktor Kommunikat­ion, Fans und Marke übernehmen. Keine Konsequenz­en hat die Affäre hingegen vorerst für Rainer Mutschler. Für eine Trennung gebe es „keine arbeitsrec­htliche Grundlage“, sagte Hitzlsperg­er. Mutschler ist als Vizepräsid­ent zurückgetr­eten, aber nach wie vor als führender Mitarbeite­r des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums angestellt. „Aber wir werden uns darüber austausche­n, wie wir künftig zusammenar­beiten können“, sagte Hitzlsperg­er, was nach ungewisser Zukunft Mutschlers beim VfB klingt. „Da müssen wir uns in die Augen schauen und fragen, was das Beste für den Club ist.“

 ?? FOTO: RALF POLLER/IMAGO IMAGES ?? Genervt, aber nicht entnervt: Thomas Hitzlsperg­er möchte nach der Aufarbeitu­ng der Datenaffär­e wieder Ruhe in den VfB Stuttgart bringen und als Vorstandsc­hef weitermach­en.
FOTO: RALF POLLER/IMAGO IMAGES Genervt, aber nicht entnervt: Thomas Hitzlsperg­er möchte nach der Aufarbeitu­ng der Datenaffär­e wieder Ruhe in den VfB Stuttgart bringen und als Vorstandsc­hef weitermach­en.

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