Leise Töne aus Leipzig
Das Nagelsmann-Team könnte heute am FC Bayern vorbeiziehen, ist aber gewarnt
LEIPZIG (dpa/SID) - Der Meisterjäger Nummer eins ist kleinlaut geworden. Die Gier nach einem Titel ist bei RB Leipzig nach wie vor groß, doch reden will darüber keiner. „Wir waren in der letzten Saison Herbstmeister, hatten einen ordentlichen Vorsprung und sind dann am Ende Dritter geworden“, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. „Dementsprechend ist es jetzt nicht so, dass wir uns hinstellen und den Meisterschaftskampf ausrufen. Es macht keinen Sinn, unser Saisonziel Champions-League-Qualifikation über Bord zu werfen und zu sagen, wir greifen die Bayern an.“
Die leisen Töne scheinen offensichtlich die neue Strategie des ambitionierten Champions-League-Halbfinalisten von 2020 zu sein, der als Zweiter zwischenzeitlich sieben Punkte Rückstand auf Bayern München hatte und vor dem 23. Spieltag nur noch zwei Punkte hinter dem Rekordmeister liegt.
Auch Trainer Julian Nagelsmann, sonst immer ein Freund offensiver Aussagen, gab sich vor dem Spitzenspiel am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach (18.30 Uhr/Sky) ungewohnt defensiv. „Wir halten uns bedeckt, wollen unsere Spiele gewinnen, die Konstanz reinkriegen und nicht zu viel drumherum palavern“, sagte Nagelsmann, der zum Amtsantritt in Leipzig 2019 gesagt hatte: „Es wäre aber schön, auch mal etwas Blechernes zu holen, etwas aus Metall, Gold oder Silber. Ich will nicht nur Spiele, sondern auch Größeres gewinnen.“
Mit der Meisterschaftschance für
Leipzig, das im Pokal noch eine weitere Möglichkeit hat, wollte sich Bayern-Trainer Hansi Flick vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln nicht großartig befassen. „Wir sind zwei Punkte vorne, und alles andere interessiert mich aktuell nicht“, sagte der 56-Jährige. Man habe selbst zuletzt erfahren, wie schnell ein Vorsprung schrumpfen könne. „Wir müssen konzentriert und selbstbewusst bleiben – unsere Spiele gewinnen und auf uns schauen.“Sein Team ist im Pokal nicht mehr dabei.
In der Meisterschaft hinterließen die Rückschläge bei Leipzig im Titelrennen
dieser Saison offenbar Spuren. Oder war es Lehrgeld? Nagelsmann hat die Schlagzeilen von vor drei Wochen, „wo wir noch sieben Punkte Rückstand hatten und zu lesen war: Versager oder Bayern-JägerVersager oder Tristesse“nicht vergessen. „Jetzt sind wir relativ nahe dran und werden wieder gehypt. Wir haben das klassische Wellental durchschritten und jetzt sind wieder oben – Achtung ich zitiere mich selbst: ,wieder am Gipfelkreuz'“, meinte er schmunzelnd. Sein neues Credo lautet: Konstanz. „Der Meisterkampf in dem Sinne als Wort ist kein Thema bei uns“, sagte der 33Jährige.
Bereits im Oktober 2020 bestand schon einmal die Chance, an den Bayern vorbeizuziehen. Doch das verhinderte ausgerechnet Gladbach durch einen Treffer des damals noch ausgeliehenen RB-Spielers Hannes Wolf mit einem 1:0-Sieg.
Bayern kann wieder auf Thomas Müller und Serge Gnabry zurückgreifen, die nach Coronavirus-Infektion respektive Muskelfaserriss wieder im Kader stehen. „Ich erwarte von der Mannschaft, dass der Willen sehr groß ist, das Spiel gewinnen zu wollen. Wir wollen da anknüpfen und weitermachen wie gegen Lazio“, sagte Flick.
In der Champions League hatten die Münchner im Achtelfinal-Hinspiel mit 4:1 in Rom gewonnen. In der Bundesliga leistete sich der Tabellenführer nach dem Sieg bei der Club-WM zuletzt Punktverluste gegen Arminia Bielefeld (3:3) und Eintracht Frankfurt (1:2).
Wie Flick mit Gnabry und Müller plant, verriet er nicht. Die Rückkehr von Führungskraft Müller soll sich aber sowohl auf als auch neben dem Platz bemerkbar machen. „Thomas ist ein außergewöhnlicher Spieler“, sagte Flick und lobte Einstellung, Professionalität und Lockerheit des Ex-Nationalspielers. „Er verkörpert viele Dinge, die man in der Mannschaft einfach braucht. Wir sind froh, dass er wieder dabei ist. Es geht relativ schnell bei ihm. Er hat zu Hause für sich trainiert und ist ein Spieler, der eine gute Basis hat.“